Vom Wesen & Unwesen des IT-Söldnertums: “Wenn „Anonymous“ eine „Mission“ als gerechtfertigt ansieht”
“Hacken für Deutschland” – “Ich bin eher nicht der ‘No risk, no fun’-Typ”, sagt Lukas K. „Eher im Gegenteil, ich mache Sachen im Regelfall nur, wenn ich mir sicher bin, dass ich keine Probleme bekomme.” – Dieser Text ist nicht in einer dubiosen Untergrundwebseite, sondern auf der offiziellen Webseite des Bundesnachrichtendienstes veröffentlicht worden. Wer auch immer “Lukas K.” sein möge, er hätte sicherlich gut am psychologischen Milgram-Experiment teilnehmen können: Lediglich eine Autorität muss etwas befehlen und jegliche Anweisung wird unhinterfragt ausgeführt.
“Hacken für Deutschland” – “Wenn ich mir sicher bin, dass ich keine Probleme bekomme”
Doch viele staatlichen Hacker sind nicht direkt beim Geheimdienst, sondern für private Firmen beschäftigt und leider nur wenige unter ihnen haben ein kritisches Bewusstsein entwickelt.
“Geschäft mit Staatsgeheimnissen – Edward Snowden war Mitarbeiter der US-Beratungsfirma Booz Allen Hamilton”
“Geschäft mit Staatsgeheimnissen – Edward Snowden war Mitarbeiter der US-Beratungsfirma Booz Allen Hamilton. Zu ihren Kunden gehört die NSA, zu ihrem Angebot Verschwiegenheit – eigentlich. … Das Unternehmen und der Geheimdienst NSA sind nicht nur geschäftlich, sondern auch personell verwoben. James Clapper, der Nationale Geheimdienstkoordinator, war dem Guardian zufolge vor seiner Arbeit im Geheimdienst unter anderem bei Booz Allen Hamilton angestellt.”
“Unternehmen und der Geheimdienst NSA sind nicht nur geschäftlich, sondern auch personell verwoben”
Weite Teile der Geheimdienstwelt wurden schon längst an private Firmen ausgelagert. Zusätzlich sind geheimdienstliche Tarnfirmen im Betrieb und diese sind mit einem eignen Budget ausgestattet: Jene können ebenfalls externe Aufträge vergeben. Im Grunde genommen läuft es etwa auf eine abgewandelten Form des IT-Söldnertums hinaus.
“Söldner – Hier ist nicht der Dienst bei der französischen Fremdenlegion gemeint”
>>Reich, ohne zu arbeiten von Anonymus (Buch) <<
“Söldner – Hier ist nicht der Dienst bei der französischen Fremdenlegion gemeint, sondern die einträglicheren Jobs bei Firmen wie »Xe Services«, früher besser bekannt unter dem Namen »Blackwater Worldwide« oder »Armor Group«, die in Einsatzgebieten wie Irak oder Afghanistan Kämpfer in Armeestärke im Einsatz haben.”
“Söldner” – “Xe Services” – “Armor Group” – “Die einträglicheren Jobs bei Firmen”
Allerdings muss der moderne IT-Söldner – im Gegensatz zu seinen analogen Gegenstück – seine Wohnung – physisch – nicht verlassen. Sicherlich mag es unter Hackern auch Patrioten geben, aber diese dürften wohl eher eine verschwindend kleine Minderheit sein. Vereinfacht: Es werden Aufträge ausgeschrieben und die lukrativsten Arrangements angenommen. Die gewöhnliche kriminelle Hackerwelt und “staatliche Hackerarmee” sind hier eine symbiotische Beziehung eingegangen. Typen wie “Lukas K.” würden – sofern dieser überhaupt existiert – wohl eher als verschrobener Sonderling untergehen. Nichtsdestotrotz: Genau dieses Geheimdienst-Märchengeschichte um “Lukas K.” wird als Tarnung – respektive Legende – gebraucht. – Oder wer möchte, der kann es als Teil einer psychologischen Kriegsführung ansehen, denn das Narrativ – einer patriotischen-freiwilligen Hackerarmee – ist ein Teilaspekt davon.
“Wie eine Hacker-Armee für die Ukraine den Cyberkrieg führt”
“Eine Nacht im Chat von „Anonymous“: Wie eine Hacker-Armee für die Ukraine den Cyberkrieg führt – Im Rahmen der laufenden Mission ist „Anonymous“ in Russland mit so einer DDoS-Attacke bereits ein erster großer Sieg gelungen: … wenige Stunden nachdem die „Anonymous“-Operation offiziell begonnen hatte – ging der Server des russischen Verteidigungsministeriums in die Knie.”
“Einer DDoS-Attacke bereits ein erster großer Sieg gelungen”
Der Name “Anonymous” ist natürlich nichtssagend und jeder kann sich “Anonymous” nennen. Wie auch immer, formal dürfte der deutsche Geheimdienst solche Operationen normalerweise selbst nicht ausführen: Damit würde schließlich für “Lukas K.” im Bundesbachrichtdienst ein gesamtes Weltbild zusammenbrechen, was für eine Tragödie. Also werden solche Operationen ausgelagert und die ansonsten ständig hochgehaltene polizeiliche Kriminalitätsbekämpfung ist eifrig mit “Wegsehen” beschäftigt.
“Auch Behörden in ihren Heimatländern sind nicht vor Attacken sicher”
“Und auch die westlichen Behörden haben ein ambivalentes Verhältnis zu „Anonymous“. Denn die Hacker lassen sich nicht einspannen, handeln völlig autark – und verstoßen dabei regelmäßig gegen Gesetze. Auch Behörden in ihren Heimatländern sind nicht vor Attacken sicher, wenn „Anonymous“ eine „Mission“ als gerechtfertigt ansieht. Doch scheinbar drücken sie derzeit ein Auge zu.”
“Wenn „Anonymous“ eine „Mission“ als gerechtfertigt ansieht”
Ergo, der Zweck heiligt in der Geheimdienstwelt die Mittel und jegliche Rechtsstaatlichkeit muss mal kurz die Luft anhalten. Zu allen Überfluss wird der digitale Untergrund höchstwahrscheinlich mit Geld regelrecht geflutet: Sollte also der vermutete staatliche Geldregen versiegen, dann dürften die “patriotischen Hacker” ihre Fahnen schnell wieder im Schrank verschwinden lassen und sich ganz gewöhnlichen kriminellen Aktivitäten erneut zuwenden.