Usbekistan: Eltern drohen Strafen für religiöse Kindererziehung

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Am 25. Juni hat das Unterhaus des usbekischen Parlaments, des Oliy Majlis, in erster Lesung einen Gesetzentwurf genehmigt, der angeblich „die Rechte der Kinder weiter stärken“ soll. Damit soll die „religiöse Unterweisung“ Minderjähriger für illegal erklärt werden. Der Entwurf sieht Strafen für Eltern oder Erziehungsberechtigte vor, wenn sie ihre Kinder religiöser Unterweisung aussetzen oder nicht verhindern, dass dies geschieht.

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Von Open Doors

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Breite Ablehnung in der Bevölkerung

Bereits jetzt stellen bestehende Gesetze die Vermittlung religiöser Inhalte an Kinder unter 18 Jahren außerhalb der Familie unter Strafe. Das Besondere an dem aktuellen Gesetzesentwurf ist jedoch, dass er auf Eltern und Erziehungsberechtigte abzielt. Die geplanten Gesetzesänderungen sehen Geldstrafen von mehr als einem durchschnittlichen Monatsgehalt oder Gefängnisstrafen von bis zu 15 Tagen für Eltern oder Erziehungsberechtigte vor, die „illegalen Religionsunterricht“ für unter 18-Jährige erlauben oder organisieren.

In Usbekistan sind 96 Prozent der Bevölkerung muslimischen Glaubens, nur 1 Prozent sind Christen. Die säkulare Regierung unter Präsident Shavkat Mirziyoyev ist sehr darum bemüht, den Einfluss aller Religionen strikt unter ihrer Kontrolle zu halten. Die damit einhergehenden staatlichen Einschränkungen erhöhen den Druck auf die kleine christliche Minderheit.

Der aktuelle Gesetzentwurf zur „weiteren Stärkung der Rechte von Kindern“ wurde am 26. Juni 2024 im Internet bekanntgegeben und zur öffentlichen Diskussion gestellt, wenn auch nur für eine Woche. Die Rückmeldungen aus der Bevölkerung waren fast durchweg ablehnend: „Eltern sollten entscheiden, wie sie ihre Kinder erziehen wollen … dieser Gesetzentwurf schränkt die Wahl und den Wunsch der Menschen ein. Legaler Religionsunterricht für unsere Kinder!“, war etwa ein typischer Kommentar. Ein anderer enthielt die Bemerkung: „Was sind das für Eltern, die ihren Kindern keinen Religionsunterricht zukommen lassen?“

Analyst: „Regierung zieht Schrauben weiter an“

Rolf Zeegers, Analyst der Forschungsgruppe „World Watch Research“ von Open Doors, erklärt, welche Vorschriften der Gesetzesentwurf genau vorsieht. Demnach sollen nur Menschen religiöse Inhalte vermitteln dürfen, die zum einen über eine spezielle religiöse Ausbildung verfügen und zum anderen Organisationen angehören, denen die usbekische Zentralregierung eine entsprechende Genehmigung erteilt hat.

Aus der Sicht von Zeegers steht der neue Gesetzesentwurf in einer Linie mit der bisherigen Gesetzgebung. Schon heute listet Artikel 240 des Verwaltungsgesetzes Kinder- und Jugendtreffen sowie Literatur- und andere Studiengruppen außerhalb des Gottesdienstes als „Verstoß gegen das Religionsgesetz“. Damit ist die religiöse Jugendarbeit nach den geltenden usbekischen Rechtsvorschriften bereits jetzt illegal. Deshalb, so schließt Zeegers, bedeuten „die aktuellen Schritte des usbekischen Parlaments […] keine Änderung der Politik. Sie ziehen die Schrauben nur noch fester an.“

Auf dem Weltverfolgungsindex 2024 steht Usbekistan an 25. Stelle unter den Ländern, in denen Christen am stärksten wegen ihres Glaubens verfolgt werden.