Verbot von VPN-Netzwerken: Wie der Rechtsstaat im juristischen Darknet operiert
„Ich verstehe, warum das Darknet einen Nutzen in autokratischen Systemen haben kann. Aber in einer freien, offenen Demokratie gibt es meiner Meinung nach keinen legitimen Nutzen. Wer das Darknet nutzt, führt in der Regel nichts Gutes im Schilde. Diese einfache Erkenntnis sollte sich auch in unserer Rechtsordnung widerspiegeln.“ Auf Nachfrage, was unter einer „freien, offenen Demokratie“ zu verstehen sei: Das wisse der Staatsbedienstete offensichtlich auch nicht so genau.
„Ich verstehe, warum das Darknet einen Nutzen in autokratischen Systemen haben kann”
Mit solchen inhaltslosen Phrasen, werden massive Eingriffe in die Privatsphäre der Bürger gerechtfertigt: Selbst die schlimmste Diktatur auf der Welt, kann sich als „freien, offenen Demokratie“ bezeichnen und das mit guten Recht: Es existieren dazu keine rechtlich-verbindlichen Kriterien. Nicht mal das Grundgesetz bietet hierfür eine richtige rechtliche Bezugsgröße: Da es regelmäßig erweitert und umgeschrieben wurde. Wie dem auch sei. Die Rechtspraxis findet zunehmend in einen „juristischen Darknet“ statt: Zwischen eingepflegten Traditionen, ignorierten Bürgerrechten und offen-gelassenen Gesetzeslücken hat sich eine eigenständige Rechtsstaatlichkeit etabliert.
Verwertung von illegalen Beweismaterial: Warum Hausdurchsuchungen so beliebt sind
„Polizisten haben Vereinsräume und Wohnungen von Netzaktivisten durchsucht. Die Betroffenen gelten nur als Zeugen, trotzdem wurden Dokumente und Technik beschlagnahmt. … Neben Festplatten, Mobiltelefonen und Computertechnik beschlagnahmten die Polizeibeamten auch etliche Dokumente wie Spendenquittungen und Mitgliederlisten aus den vergangenen Jahren. … Die breit angelegte Polizeiaktion wirft Fragen der Verhältnismäßigkeit auf.“
Wenn die Weiterleitung von Datenverkehr eine Straftat ist
Bei den Fall ging es um den Verein „Zwiebelfreunde“ – sie selbst wurden nicht mal einer Straftat beschuldigt, sondern sie stellen nur entsprechende Tor-Server zur Weiterleitung von Netzwerkverkehr bereit. Solche Fälle werfen natürlich ein sehr bizarres Licht, auf den viel gepriesenen „freiheitlich-demokratischen Rechtsstaat“ : Denn mit Hausdurchsuchungen werden erst mal „Fakten“ geschaffen. Da es kein richtiges Verwertungsverbot von Beweismaterial gibt: Alle Datenträger werden komplett durchleuchtet. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Hausdurchsuchung im Nachgang illegal war. Denn die erhobenen Datenbestände, können auch für ganz andere Zwecke missbraucht werden.
Illegale Hausdurchsuchungen bei Zeugen: Erstmal Fakten schaffen
„Gründer Bartl vermutet deshalb ganz andere Motive der Behörden: „Die umfangreichen Beschlagnahmungen, auch von Unterlagen unbeteiligter Projekte, verstärken den Eindruck, dass hier Informationen zum CCC Augsburg, unserem Verein und Unterstützern gesammelt werden sollten.“
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Legal oder Illegal: Die Datensammelwut des Staates
Rechtspraxis: Zwischen „offiziellen“ und „tatsächlichen“ Grund einer Hausdurchsuchung klafft offenkundig eine gewaltige Lücke. Bei vielen anderen Fällen drängt sich regelrecht der Endruck auf, dass einige Hausdurchsuchungen mehr zu Einschüchterung, als zur Aufklärung von Straftaten dienen. Der Rechtsstaat könnte hier mit entsprechenden Gesetzen recht schnell Abhilfe schaffen: Aber die eingeführte „Rechtspraxis“ gilt wohl als unumstößlich. Auch das Handeln – oder genauer Nicht-Handeln – der Regierung bei den Personen, wie Edward Snowden und Julian Assange unterstreichen diesen Eindruck.
Verbot von Tor: Whistleblower und Reporter haben das Nachsehen
„Das Landgericht München hat nach einer umstrittenen Razzia bei den Zwiebelfreunden den Durchsuchungsbeschluss aufgehoben. … Bisherige Spender und Aktivisten müssen nach Angaben auf dem Blog damit rechnen, dass ihre Identität der Polizei bekannt wurde.“
Bürgerrechte: Die systematische Aushebelung von Abwehrrechten
Zwar ist der Durchsuchungsbeschluss aufgehoben: Dennoch haben die Behörden ihr Ziel erreicht. Das alles ist Geschehen, obwohl die entsprechenden Tor-Server völlig legal sind: Bei der Einführung von neuen Verboten und Gesetzen wird gerne mit vermeintlichen „Gesetzeslücken“ argumentiert: Die in der gelebten Rechtspraxis gar nicht existieren.
Verbot von VPN-Netzwerken: Als Vorwand dienen Darknet-Märkte
„Er definiert einen neuen Straftatbestand und richtet sich explizit gegen „Darknet-Märkte“. Doch schwammige Formulierungen könnten auch Betreiber von Tor-Relays oder VPNs unter Generalverdacht stellen und normale Nutzer abschrecken. … Es soll nach dem Entwurf einen neuen Straftatbestand unter §126 a geben, der das Anbieten von Leistungen zur Ermöglichung von Straftaten betrifft. Konkret soll es dabei um internetbasierte Angebote gehen, die „in hinsichtlich Zugang und Erreichbarkeit beschränkten Netzwerken“ operieren.“
Bewegungsprofile und Schattenprofile: Das Recht in Ruhe gelassen zu werden
Ganz bewusst operiert man mit schwammigen Begriffen und spricht wage von der „Erreichbarkeit beschränkten Netzwerken“ . Mit der selben Logik könnte man auch den Straßenverkehr verbieten, weil auch Kriminelle für Straftaten diese Infrastruktur – sprich Straßen – nutzen. Für Whistleblower und Reporter ist diese Infrastruktur unerlässliche, daneben nutzen mehrere Millionen Menschen VPN- und Tornetzwerke und dazu haben sie auch jedes Recht: Das Grundrecht in Ruhe gelassen zu werden. Denn viele große Internetriesen und Behörden neigen dazu, Bewegungsprofile und Schattenprofile zu erstellen. Niemand kann wirklich beurteilen: Wofür diese Daten letztlich Verwendung finden.