Unterschwellige Macht der Fünften Gewalt und der goldene Informationskäfig im Palastkomplex
Häufig begegnet man dem Ausdruck „Vierte Gewalt“, wenn es um die Tätigkeit von Journalisten geht. Damit wird angedeutet, dass bedeutende Medien wie Zeitungen, Fernsehen, Radio und das Internet dazu dienen, über das Handeln des Staates und seiner Institutionen zu berichten. In diesem Zusammenhang könnte man jedoch auch von einer “Fünften Gewalt” sprechen. Abseits der öffentlichen Wahrnehmung findet Politik ebenfalls auf einer ganz anderen Ebene statt. Diese Erkenntnis ist jedoch nicht neu.
“Palastkomplex” – “Anführer, Cassius Chaerea, hegte angeblich einen persönlichen Groll gegen den Kaiser”
>>SPQR: Die tausendjährige Geschichte Roms von Mary Beard (Buch) <<
“Laut Josephus hatte der Kaiser sich auf dem Palatin eine Aufführung im Rahmen des jährlichen Festes zu Ehren des ersten Augustus angesehen, das am Hochzeitstag des ersten Kaiserpaares begangen wurde. Nach der morgendlichen Vorführung beschloss er, das Mittagessen auszulassen und allein vom Theater in sein privates Bad zu gehen – laut einer anderen Version war ihm von der Völlerei am Vorabend übel. Als er einen Verbindungsgang zwischen den beiden Gebäuden nahm, die zu dem wachsenden »Palastkomplex« gehörten (der bereits erheblich größer war als das relativ bescheidene Haus des Augustus), fielen die drei Prätorianer – wir würden sie als Unteroffiziere bezeichnen – über ihn her. Ihr Anführer, Cassius Chaerea, hegte angeblich einen persönlichen Groll gegen den Kaiser, da er ihm häufig als Handlanger, Folterer und Eintreiber gedient hatte, von ihm aber wiederholt öffentlich als weibisch beschimpft worden war (»Mädchen« war eine seiner Lieblingsbeschimpfungen). Nun rächte Chaerea sich.”
“Fielen die drei Prätorianer – wir würden sie als Unteroffiziere bezeichnen – über ihn her”
Die Prätorianer waren im antiken Rom eine besondere militärische Einheit, die hauptsächlich zum Schutz des jeweiligen römischen Kaisers eingesetzt wurde. Dabei hatte der Begriff “Schutz” jedoch eine doppelte Auslegung. Die römischen Kaiser wechselten häufig, während die Prätorianer blieben und ihre eigene Einflussnahme stetig vergrößerten. Eine Einschränkung ihrer Vorrechte konnte faktisch als Selbstmord betrachtet werden.
“Mit Pertinax machten die Prätorianer kurzen Prozess, weil ihnen der Kaiser zu sparsam war”
>>Dark Rome – Das geheime Leben der Römer von Michael Sommer (Buch) <<
“Häufigstes Szenario des gewaltsamen Herrscherwechsels in Rom war die Usurpation, die stets nach dem gleichen Drehbuch ablief: Der – meist militärisch erfolgreiche – Befehlshaber einer der vielen Legionen an Roms Grenzen wurde von seinen Soldaten gegen den Amtsinhaber zum Kaiser ausgerufen. Weil die Legitimität jedes Princeps ohnehin auf wackeligen Füßen stand, gab es nach der Usurpation zwei konkurrierende Herrscher, die unter sich die Frage ausmachen mussten, wer den Purpur tragen sollte. Das ging nicht durch Rücktritt, sondern nur gewaltsam, in Form eines Bürgerkriegs, der dadurch eröffnet wurde, dass die Legionen des Usurpators nach Rom – oder dorthin, wo der Titelverteidiger gerade war – zogen und sich mit dessen Heer eine Schlacht lieferten. … Zwischen dem Tod des Augustus 14 n. Chr. und dem Herrschaftsantritt Diokletians 284 n. Chr. erlangten 14 Kaiser als Usurpatoren den Purpur. Dazu gesellten sich ungezählte erfolglose Usurpationsversuche. Sieben Kaiser, Claudius nicht mitgerechnet, fielen Mordanschlägen zum Opfer, auch da kommen noch etliche fehlgeschlagene Versuche hinzu. … Immer wieder wurde der Palatin, auf dem die Kaiser residierten, zum Tatort. Außer Claudius, dessen Gifttod nicht hundertprozentig gesichert ist, starben Caligula, Domitian, Commodus, Pertinax, Caracalla, Elagabal und Aurelian von Mörderhand. Mit Pertinax machten die Prätorianer kurzen Prozess, weil ihnen der Kaiser zu sparsam war.”
“Sieben Kaiser, Claudius nicht mitgerechnet, fielen Mordanschlägen zum Opfer, auch da kommen noch etliche fehlgeschlagene Versuche hinzu”
In diesem Kontext könnte man durchaus von einer “Fünften Gewalt” sprechen. Abgesehen von der allgemeinen Wahrnehmung findet Politik auch auf einer ganz anderen Ebene statt. Die Frage stellt sich berechtigt: Hat sich die Situation heutzutage so sehr verändert? – Die persönlichen Mitarbeiter eines Kanzlers oder Ministers würden vermutlich kaum gegen ihn aufbegehren. Doch offensichtlich werden diese in eine Art goldenen Käfig gehalten, was sich in einigen seltsamen Äußerungen widerspiegelt.
“Meinung bezahlen zu lassen, im Internet Stimmen zu kaufen, Trollarmeen aufzubauen, eine Meinung gekauft zu bekommen”
>>Staatsfunk “ZDF” – Zitat eines Wirtschaftsministers<<
“Es sei absolut in Ordnung, dass Menschen anderer Meinung seien wie die Regierung und man dürfe auch eine andere Meinung zur Unterstützung der Ukraine haben, das sei alles “legitim und richtig”:
Sich aber für seine Meinung bezahlen zu lassen, im Internet Stimmen zu kaufen, Trollarmeen aufzubauen, eine Meinung gekauft zu bekommen: Das ist widerlich und das gehört sich nicht und wir wissen, dass AfD und BSW genau so bezahlt werden.”
“Es sei absolut in Ordnung, dass Menschen anderer Meinung seien wie die Regierung”
Es scheint, dass der Minister nicht wirklich realisiert hat, dass die Meinungsfreiheit in vielen Bereichen stark eingeschränkt ist. Zudem bleibt unklar, auf welcher Grundlage der Minister behauptet, dass einige Parteien angeblich Geld annehmen sollen; eine Erklärung dafür konnte er nicht liefern. Für eine solche Behauptung wären jedoch zwingend Beweise notwendig gewesen, doch offenbar haben seine Berater daran nicht gedacht. Bemerkenswert ist zudem, dass unter dem Begriff “Netzfeuerwehr” eine Art von Trollarmee geschaffen wurde.
“Abwehr von Falschmeldungen eine eigene „Netzfeuerwehr“ aus 2600 der Partei nahestehenden Nutzern in den sozialen Medien etabliert”
“Die Grünen hätten deshalb zur Abwehr von Falschmeldungen eine eigene „Netzfeuerwehr“ aus 2600 der Partei nahestehenden Nutzern in den sozialen Medien etabliert. Sie würden „immer dann mobilisiert, wenn irgendwo gefährliche Fake News auftauchen“ und träten gegen die Falschmeldungen an, sagte Heinrich.”
“Netzfeuerwehr” – “Immer dann mobilisiert, wenn irgendwo gefährliche Fake News auftauchen”
In der Tat existiert eine Vielzahl von parteinahen Vorfeldorganisationen, die über eine scheinbar unüberschaubare Anzahl an Mitarbeitern verfügen und die entweder direkt oder indirekt durch öffentliche Gelder unterstützt werden. Letztendlich handelt es sich hierbei um ein nahezu staatliches Vorhaben, das auf die Beeinflussung des Meinungsbildungsprozesses abzielt und nur schwer mit der Pflicht zur staatlichen Neutralität in Einklang zu bringen ist. Zudem ist die Funktion der Öffentlich-Rechtlichen Medien umstritten, anstatt den Aussagen des Ministers Widerspruch entgegenzubringen, wird dieser im gleichen Artikel sogar noch bestärkt.
“Er wird verdächtigt, Zahlungen aus Russland und China erhalten zu haben”
“Gegen den früheren AfD-Spitzenkandidaten für die Europawahl, Maximilian Krah, wurden Vorermittlungen wegen des Verdachts der Bestechlichkeit eingeleitet. Er wird verdächtigt, Zahlungen aus Russland und China erhalten zu haben.”
“Maximilian Krah, wurden Vorermittlungen wegen des Verdachts der Bestechlichkeit eingeleitet”
Die Äußerungen des Ministers werden somit durch die Anführung von Beispielen zusätzlich untermauert. Die Metapher des “goldenen Käfigs” scheint in der Tat einen hohen Wahrheitsgehalt zu besitzen. Dem Minister werden lediglich selektive Informationen bereitgestellt, die sein Verhalten unterstützen und jegliche Kritik als vermeintlich “bezahlte Meinung” abtun. Besonders das zuvor genannte Beispiel aus dem Artikel ist in Wirklichkeit äußerst ungeeignet.
“Es ist ein fast unglaublicher Vorgang: Der spionageverdächtige Jian G.”
“Es ist ein fast unglaublicher Vorgang: Der spionageverdächtige Jian G. soll laut Generalbundesanwalt als Assistent des AfD-Spitzenkandidaten Maximilian Krah geheime Informationen aus dem EU-Parlament an chinesische Geheimdienste weitergegeben und Dissidenten ausgespäht haben. Offenbar aber wurde der gebürtige Chinese zuvor laut neuen Medienberichten jahrelang vom Landesamt für Verfassungsschutz in Sachsen als Quelle abgeschöpft – um mehr über die mutmaßlichen Aktivitäten chinesischer Geheimdienste im Umfeld der Exil-Opposition zu erfahren.”
“Offenbar aber wurde der gebürtige Chinese zuvor laut neuen Medienberichten jahrelang vom Landesamt für Verfassungsschutz in Sachsen als Quelle abgeschöpft”
Offensichtlich hat sich das ZDF von dieser Geheimdienstaffäre selbst distanziert, indem es lediglich vage von den verdächtigen Zahlungen gegenüber dem Politiker spricht und alles Weitere unerwähnt lässt. Zudem bestehen an der Theorie eines Doppelagenten erhebliche Zweifel, insbesondere die grundlegende Frage: Was könnte ein Oppositionspolitiker überhaupt herausfinden, was nicht bereits weitreichend publik gemacht wurde? Im Gegensatz dazu erscheint die Annahme einer geheimdienstlichen Aktivität für den Verfassungsschutz deutlich plausibler, da diese Informationen für die Aufrechterhaltung des Verfassungsschutzes und vieler anderen Beamtenpositionen von enormer Bedeutung sind. Kurzum: Jenseits aller Parteigrenzen werden bestimmt Politiker hofiert, während andere bekämpft werden.