Mit aller Macht – Rundfunkgebühr: Wenn die Gerechtigkeit auf der Strecke bleibt

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Ungefähr 70 Prozent aller Bürger lehnen die Rundfunkgebühren ab. Vielen wird deswegen sogar Gefängnis angedroht und mancher wandert tatsächlich in den Knast. Mit aller Härte wird die Rundfunkgebühr durchgedrückt: Alles, um damit den „gesellschaftlichen Zusammenhalt“ zu wahrenkein Ironie. Die Rechte der Bürger bleiben dabei schon mal auf der Strecke: Nicht nur dass die Beitragsgerechtigkeit sich viel einfacher herstellen ließe, sondern aus dem Rundfunkstaatsvertrag lassen sich kaum durchsetzbare Bürgerrechte herleiten.

Ungefähr 70 Prozent aller Bürger lehnen die Rundfunkgebühren ab

>>Neue Buxtehuder Wochenblatt<<

„Er hat seit Jahren keine Rundfunkgebühren gezahlt, jetzt droht ihm die Vollstreckungsabteilung der Samtgemeinde Apensen (Landkreis Stade) mit Haft: Frank Braun (55) soll wegen ausstehender 463,76 Euro ins Gefängnis wandern. „Die Androhung ist für mich kein Grund zu zahlen“, sagt der Feuerwehrmann, der im Hamburger Hafen arbeitet.“

Gefängnis für Beitragsverweigerung: „Die Androhung ist für mich kein Grund zu zahlen“

Gefängnis: Drakonische Strafen für Beitragsverweigerung. Als Grundlage hierfür dient der Rundfunkstaatsvertrag. Allerdings lassen sich hieraus – zumindest theoretisch – Rechte für Bürger ableiten.

„Auftrags die Grundsätze der Objektivität und Unparteilichkeit der Berichterstattung“

>>Ständige Publikumskonferenz der öffentlich-rechtlichen Medien<<

„Hierbei bietet §11 des Staatsvertrages für Rundfunk und Telemedien eine klare Richtschnur.

„Auftrag der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ist, durch die Herstellung und Verbreitung ihrer Angebote als Medium und Faktor des Prozesses freier individueller und öffentlicher Meinungsbildung zu wirken und dadurch die demokratischen, sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Gesellschaft zu erfüllen. Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten haben bei der Erfüllung ihres Auftrags die Grundsätze der Objektivität und Unparteilichkeit der Berichterstattung, die Meinungsvielfalt sowie die Ausgewogenheit ihrer Angebote zu berücksichtigen.“

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk soll nach dieser Lesart der Bevölkerung eine Infrastruktur bieten, die möglichst neutral und objektiv eine verlässliche Wissensbasis liefert und den offenen Austausch diverser Meinungen und Stellungnahmen in der Gesellschaft ermöglicht.“

„Meinungsvielfalt sowie die Ausgewogenheit ihrer Angebote zu berücksichtigen“

Durch gesetzlichen Zwang sind zwar alle Bürger verpflichtet dem Rundfunkbeitrag zu bezahlen: Doch andersherum ist der Grundsatz der „Objektivität und Unparteilichkeit der Berichterstattung“ praktisch nicht einklagbar. Für gewöhnlich bügeln die Öffentlichen-Anstalten alle vorgebrachten Argumente mit der „Meinungsfreiheit“ ab. Der gerichtliche Klageweg ist damit praktisch ausgeschlossen.

Warum ist der gerichtliche Klageweg ausgeschlossen?

Ohnehin erscheint es fraglich: An welcher Stelle der juristische Grundsatz der Waffengleichheit gewahrt sein soll? Fiktiver Prozess: Eine milliardenschwere Rundfunkanstalt – mit guten politischen Kontaktengegen einem Geringverdiener? – Ausgang des Gerichtsverfahren kann sich jeder eigentlich gut vorstellen.

Rundfunkbeitrag: Bürger finden sich in der Rolle des rechtlosen Bittstellers wieder

Ohnehin findet sich der Bürger in der Rolle des rechtlosen Bittstellers wieder. Bisher haben die Gerichte alle Klagen – bis hinauf zum Bundesverfassungsgericht – verworfen, mal abgesehen von Detailfragen. In der Regel sind diese Verfahren nur „Schaulaufen“ für die Rundfunkanstalten.

Rundfunkurteil als juristisch-politisches „Schaulaufen“

>>Süddeutsche Zeitung<<

„Das Schaulaufen, klar, sollte den Richtern deutlich machen, was auf dem Spiel steht, wenn man über Rundfunkbeiträge redet. An der Finanzierung hänge auch die Unabhängigkeit des Rundfunks, sagte Wilhelm. Trotzdem ging das Loblied auf die eigenen Sender im Sitzungssaal irgendwie ins Leere – Thema verfehlt, würde man in der Schule sagen.“

Rundfunkurteil: „Das Loblied auf die eigenen Sender im Sitzungssaal“

Gerichtsverhandlungen sind für die Rundfunkanstalten also nur „Schaulaufen“ . Der Eindruck kommt sicherlich nicht von ungefähr. Mehr als einmal hat das Bundesverfassungsgericht  seine lyrischen Fähigkeiten spielen lassen: Statt sich sachlich mit juristischen Themen zu beschäftigen, singen sozusagen die hohen Richter ein Loblied auf die Sendeanstalten und Zweifel an deren Befangenheit sind sowieso unredlich.

Öffentlicher Rundfunk: Viele Menschen wollen das Programm überhaupt nicht sehen

Eine beliebtes juristisches Argument ist die sogenannte Beitragsgerechtigkeit. Vereinfacht: Auch sogenannte „Schwarzseher“ sollen zahlen. Das viele Menschen das Programm überhaupt nicht sehen wollen: Dieses nachvollziebare Argument spielt juristisch ohnehin keine Rolle. Allerdings ließe sich die sogenannte Beitragsgenrichtigkeit – im Sinne der Verhältnismäßigkeit – mit einen viel milderen Mittel umsetzen: Einfach die Programme verschlüsseln – sprich: Wer zahlt, der kann die Sender halt sehen. Damit wäre zugleich auch der gesellschaftliche Frieden tatsächlich wieder hergestellt: Denn ungefähr 70 Prozent aller Bürger lehnen die Rundfunkgebühren ab.