Lehren aus der DDR-Wohnungsnot: “Ich leiste was, ich leiste mir was” – Vom Ende des Einfamilienhauses?
Soll das DDR-Wohnungsbauprogramm eine Antwort auf die große Wohnungsnot sein? In Zeiten großer Wohnungsnot in der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (DDR) wurde ein umfangreiches Wohnungsbauprogramm ins Leben gerufen. Doch wie effektiv war dieses Programm tatsächlich? – Solche Fragen haben an Aktualität gewonnen, da Einfamilienhäusern immer stärkeren Restriktionen unterliegen.
“Einfamilienhaus Verbot: Wie Wohnen in der Zukunft aussehen wird”
“Einfamilienhaus Verbot: Wie Wohnen in der Zukunft aussehen wird – Das Einfamilienhaus im Grünen zählt noch immer zu den Lieblingen der Deutschen. Und dennoch: Mit dem drohenden Einfamilienhaus Verbot ist Wohnen in der Zukunft neu zu denken. … Befürworter des Verbots führen außerdem an, dass Einfamilienhäuser nicht dem Bedarf der Deutschen gerecht würden.”
“Mit dem drohenden Einfamilienhaus Verbot ist Wohnen in der Zukunft neu zu denken”
Eines der Argumente gegen das Einfamilienhaus lautet: Die vielfach auftretende Wohnungsnot. Der Mangel an bezahlbarem und angemessenem Wohnraum war ebenso in der DDR bekannt und führte dazu, dass das DDR-Regime schnell handeln musste. Das Ergebnis waren massive Bauprojekte im großen Stil – Plattenbauten entstanden in nahezu jeder größeren Stadt des Landes. Diese Neubauten sollten den Bedarf decken und eine Lösung für die drängenden Probleme bieten.
DDR-Wohnungsbauprogramm: “Dogma jedoch schwere volkswirtschaftliche Auswirkungen hatte”
>>Um jeden Preis: Im Spannungsfeld zweier Systeme von Günter Mittag (Buch) <<
“Wenn vom Grundanliegen her an dem sozialpolitischen Programm etwas überzeugend war, so war es das Wohnungsbauprogramm. Die Wohnungsnot war wirklich groß, und sie zu beseitigen, erforderte große Anstrengungen. … Die Beschlüsse dazu wurden oftmals ohne eine umfassende ökonomische Berechnung der materiellen und finanziellen Auswirkungen auf die gesamte Volkswirtschaft gefasst. Das wird gerade an der Verfahrensweise zum Wohnungsbauprogramm deutlich, dessen grundsätzliches Anliegen unbestritten ist, dessen Handhabung als ein unantastbares Dogma jedoch schwere volkswirtschaftliche Auswirkungen hatte.”
DDR-Wohnungsbauprogramm: “Beschlüsse dazu wurden oftmals ohne eine umfassende ökonomische Berechnung”
Häufig wurden diese Projekte ohne wirklich umfassende ökonomische Berechnung durchgeführt, was sich sowohl materiell als auch finanziell negativ auf die Volkswirtschaft auswirkte. Doch diese “Dogma” geht unmittelbar auf Erich Honecker zurück. Das DDR-Wohnungsbauprogramm war praktisch unantastbar und wurde per Medien als Großereignis dargestellt.
“Honeckers Lieblingsprojekt, das Wohnungsbauprogramm”
>>Goodbye DDR von Guido Knopp (Buch) <<
“Dazu trug auch Honeckers Lieblingsprojekt, das Wohnungsbauprogramm, bei. Es war eines der letzten massenmedial inszenierten Großvorhaben, dem ein Hauch visionärer Aufbruchstimmung anhaftete: Der Staat propagierte mit der »endgültigen Lösung der Wohnungsfrage« das kleine Glück für jedermann.”
DDR-Wohnungsbauprogramm: “Es war eines der letzten massenmedial inszenierten Großvorhaben”
Jedoch offenbart eine nähere Betrachtung des damaligen Vorgehens einige Schwächen. Oft fehlten gründliche wirtschaftliche Analysen bei der Planung dieser Bauvorhaben, sodass es zu ineffizienter Ressourcennutzung kam. Die Folgen waren nicht nur hohe Kosten für Materialien und Arbeitskräfte, sondern zusätzlich auch die Infrastrukturmaßnahmen rund um die neuen Siedlungen.
“Volkswirtschaftlich viel effektiver war, bestehende Wohnungen zu erhalten und auf einen entsprechenden Standard zu bringen”
>>Um jeden Preis: Im Spannungsfeld zweier Systeme von Günter Mittag (Buch) <<
“Die Verwirklichung des Wohnungsbauprogramms schloss vorrangig den Neubau, aber auch die Modernisierung von Wohnungen ein. Letztere erhielt eine zunehmende Bedeutung, denn es stellte sich heraus, dass es volkswirtschaftlich viel effektiver war, bestehende Wohnungen zu erhalten und auf einen entsprechenden Standard zu bringen, als auf »grüner Wiese« neu zu bauen.”
DDR-Wohnungsbauprogramm und der erfall von Altbauten
Ein weiterer Aspekt ist der Verfall von Altbauten währenddesselben Zeitraums. Während man neue Gebiete entwickelte, verfielen alte Bausubstanzen zusehends. Diese Vernachlässigung hatte weitreichende Konsequenzn; nicht nur das kulturelle Erbe wurde dadurch geschädigt, sondern auch die Möglichkeiten zur Sanierung und Nutzung dieser Bestandsgebäude gingen verloren.
“Kern seiner sozialen Versprechen war das Wohnungsbauprogramm, mit dem bis 1990 die Wohnungsnot in der DDR beseitigt werden sollte”
>>Frauen in der DDR von Anna Kaminsky (Buch) <<
“Kern seiner sozialen Versprechen war das Wohnungsbauprogramm, mit dem bis 1990 die Wohnungsnot in der DDR beseitigt werden sollte. Werbeplakat von 1981 anlässlich des X. Parteitages der SED mit dem Slogan: »Ich leiste was, ich leiste mir was«, das die auf Verzicht gegründete Propaganda der vorherigen Jahrzehnte ablöste. Und tatsächlich verbesserte sich die Lage. Tausende neue Wohnungen mit Zentralheizung und Warmwasserversorgung wurden gebaut, die bevorzugt an Familien mit Kindern vergeben wurden.”
“Tausende neue Wohnungen mit Zentralheizung und Warmwasserversorgung wurden gebaut”
Das DDR-Wohnungsbauprogramm kann somit als ein Versuch betrachtet werden, die drängende Wohnungsnot zu lindern. Jedoch sollten wir nicht vergessen, dass eine umfassendere ökonomische Berechnung sowie der Schutz des historischen Baubestandes wichtige Faktoren sind, wenn es darum geht, nachhaltige Lösungen für solche Probleme zu finden. Auch heutzutage geht es eher in Richtung “Verzicht” und die gegenwärtigen Bau- und Sanierungsvorschriften nehmen teilweise auch wenig Rücksicht auf die Altbaubestände.