Lausitzer Geschichte: „Handel auf dem heutigen Kohlenmarkt“ – Sklaven als normale Handelsware
Fand ein reger Sklavenhandel auf deutschen Territorium statt? Wurden tatsächlich auf heutigen Marktplätzen in der Innenstadt einst auch Sklaven angeboten? Dieses Kapitel der Geschichte wurde lange Zeit entweder geleugnet oder marginalisiert.
Sorben und andere slawische Völker: Die dunkle Geschichte der Sklaverei
Doch tatsächlich hat sich so manche mittelalterliche Stadt durch Sklavenhandel eine goldene Nase verdient. Der Handel drehte sich hierbei hauptsächlich um versklavte Sklaven herum. Es gab nicht also nicht nur Leibeigene, sondern sogar die direkte Sklaverei war weit bis in die Neuzeit durch normale Gesetze geregelt. Dennoch bleibt dieses sehr greifbare Thema in der akademischen Versenkung verschwunden und bei der Berichterstattung nimmt nach wie vor der transatlantische Sklavenhandel die Hauptrolle ein.
„Der transatlantische Sklavenhandel“ – Und die Öffentlich-Rechtliche Filterblase
„Der transatlantische Sklavenhandel begann noch vor der eigentlichen Entdeckung Amerikas in den Jahren 1441 und 1444, als portugiesische Schiffe erste nordafrikanische Berber und Schwarzafrikaner nach Südportugal verschleppten.“
„Transatlantische Sklavenhandel begann noch vor der eigentlichen Entdeckung Amerikas“
Das beschränkte „Filterblase“ des staatlichen Rundfunks bleibt beim Thema Sklaverei meist auf den transatlantischen Sklavenhandel beschränkt. Die Empörung darüber mag sicherlich berechtigt sein: Doch es werden hierbei wichtige geschichtliche Aspekte einfach unterschlagen. Zunächst ist der transatlantische Sklavenhandel keinesfalls aus dem „Nichts“ entstanden, sondern er stellt lediglich – aus damalige Sicht – die Fortführung der hiesigen Machtpolitik dar.
Transatlantische Sklavenhandel als Fortführung der hiesigen Machtpolitik
Dieser Form der Sklaverei ist schon seit der Antike bekannt und wurde faktisch – ohne Unterbrechungen – über die Jahrhunderte weiter praktiziert. Schon im antiken Rom gehörte es zum „guten Ton“ unterworfene Völker zu versklaven einfach dazu. Diese „Sklavenpraxis“ wurde – mit leichten Abwandlungen – einfach ins Mittelalter übernommen und fortgeführt. Der Reichtum vieler italienischer Stadtstaaten – insbesondere Genua und Venedig – baut unmittelbar auf Sklavenhandel auf.
„Sklaverei war in der italienischen Wirtschaft im Spätmittelalter ein wichtiger Geschäftszweig“
„Die Sklaverei war in der italienischen Wirtschaft im Spätmittelalter ein wichtiger Geschäftszweig, wobei die Städte Norditaliens, Genua und Venedig, eine entscheidende Rolle spielten, … . Gegen Ende des 13. Jahrhunderts wurde Italien immer bedeutender, wenn es um Sklaventransporte ging. Mit ihren Handelsschiffen hatten sie die Kontrolle in großen Bereichen des Mittelmeerraumes und hatten schon im 14. Jahrhundert eine Monopolstellung im mediterranen Handelsgeschäft. Auf ihren Schiffen wurden hauptsächlich Slawen nach Ägypten verschifft, wo sie schließlich in Mamelukenbataillonen (Militärsklaven) eingesetzt wurden. Als andere wichtige Orte für Sklavenbeschaffungen erwiesen sich vor allem die Küstengebiete rund um das Schwarze Meer, darunter speziell die Türkei und Südrussland.“
Slawen als Sklaven: „Gegen Ende des 13. Jahrhunderts wurde Italien immer bedeutender – Wenn es um Sklaventransporte ging“
Die verstreuten – teils winzigen – Kolonien von Genua und Venedig machen nur unterm Aspekt des Sklavenhandels einem wirtschaftlichen Sinn. Vereinfacht: Es waren hauptsächlich Sammelpunkt, um die versklavten Slawen weiter zu verschiffen. Die Profite durch Sklaverei machten nicht nur einige italienische Stadtstaat reich, sondern riefen Begehrlichkeit von anderen europäischen Staaten wach.
„Wichtige Orte für Sklavenbeschaffungen“
„Als andere wichtige Orte für Sklavenbeschaffungen erwiesen sich vor allem die Küstengebiete rund um das Schwarze Meer, darunter speziell die Türkei und Südrussland. Die Südfranzosen und die Katalanen erkannten jedoch bald, dass Italien mit dem Sklavenhandel wirtschaftlich immer stärker wurde, weshalb diese versuchten, den Handel zu kopieren und ebenfalls Sklaven nach Ägypten beförderten. Dadurch kam es zu weitreichenden Handelsbeziehungen, bei denen sich alle christlichen Mittelmeermächte beteiligten, die genuesische Flotte dabei aber die Vorherrschaft behielt. … Blickt man nun auf die Ziele des Sklavenhandels, kann man klar die Gemeinsamkeiten mit dem Kolonialismus erkennen. Vor allem die Verbesserung der wirtschaftlichen Situation war das Ziel der Kolonialmächte.“
„Ziele des Sklavenhandels – Kann man klar die Gemeinsamkeiten mit dem Kolonialismus erkennen“
Der transatlantische Sklavenhandel ist also keinesfalls aus dem „Nichts“ entstanden, sondern er stellt lediglich – aus damalige Sicht – die Fortführung der hiesigen Politik dar. Doch dieser offensichtlich „blinde Fleck“ der staatlichen Geschichtsforschung ist gewissermaßen auch selbsterklärend: Zwar mögen die italienischen Stadtstaaten beim mittelalterlichen Sklavenhandel führend gewesen sein, aber beim Handel mit Menschen haben sich noch ganz andere Akteure die Taschen gefüllt.
„Handel auf dem heutigen Kohlenmarkt“ – Sklaven als normale Handelsware
>>Universität Regensburg (PDF-Datei) <<
„Der weitere Weg über die Zollgrenze aus Oberösterreich zu den baierischen Großen konnte zunächst nur nach Regensburg führen, dem bedeutendsten Handelsplatz des Ostfränkischen Reiches und dem führenden Wirtschaftsplatz Baierns. Hier vollzog sich der Handel auf dem heutigen Kohlenmarkt, der schon 934 urkundlich als Marktplatz („mercatum“) genannt wird . Der Zoll an der Grenze war so gestaffelt, daß für eine Sklavin so viel zu zahlen war wie für einen Hengst, für einen männlichen Sklaven so viel wie für eine Stute. Das bedeutet, daß eine Sklavin den vierfachen Wert eines Sklaven besaß . Abnehmer dieser „Ware“ waren über Venedig die arabischen Länder des Orients und über Verdun die maurischen Höfe in Spanien.“
Internationaler Handel – Festpreise – Zoll – Marktplatz: Alles so wie heute plus Sklavenmarkt
Gewiss mag die Stadt Regensburg beim Sklavenhandel eher „kleinere Brötchen“ gebacken haben: Doch Handel mit Sklaven fand sehr wohl auf deutschen Territorium statt. Vermutlich wurden auf den heutigen Marktplatz von Regensburg in der Vergangenheit noch ganz andere „Waren“ angeboten. Selbstverständlich lässt sich mit solchen Geschehnissen kein positives Geschichtsbild über die Stadt vermitteln, weshalb diese Ereignisse auf den akademischen Geschichtsdiskurs beschränkt bleiben.
Juristisch-akademische Spitzfindigkeiten: Unterschiede zwischen Leibeigenschaft und Sklaverei
Zugleich wird die Sklaverei auf deutschen Territorium selbst nach dem Ende des Mittelalters fortgeführt. Zwar wird sich allerhand Mühe gegeben, um die Leibeigenschaft von der offenen Sklaverei abzugrenzen: Doch bei Licht betrachtet, dürfte die Diskussion eher müßig sein. Die heutigen mühsam herausgearbeiteten akademischen Spitzfindigkeiten dürften zur damaligen Zeit – aus Sicht der Betroffenen – ohnehin kaum eine Rolle gespielt haben. Zudem haben selbst im antiken Rom einige Sklaven zu beträchtlichen Wohlstand gebracht. Kurzum: Ein Sklave konnte durchaus ein besseres Leben als ein Leibeigener führen. Noch dazu war selbst die offene Sklaverei bis weit in die Neuzeit juristisch minutiös geregelt.
Gesetze der Neuzeit: „Vorübergehend ins Land gebrachte Sklaven blieben es“
„Das 1794 in Kraft tretende Allgemeine Landrecht für die Preußischen Staaten stellte später klar:
Vorübergehend ins Land gebrachte Sklaven blieben es (II § 198 ALR). Preußische Untertanen selbst durften sich nicht in die Sklaverei begeben (II §§ 196, 197 ALR).“
Wenn sich Leibeigene freikauften: Dann gerieten sie häufig in die Schuldknechtschaft
Solche juristische Spitzfindigkeiten sind noch heute geläufig. Erst mit Einführung des Bürgerlichen Gesetzbuches am 1. Januar 1900 wurde das Allgemeine Landrecht für die Preußischen Staaten im Zivilrecht aufgelöst. Zudem ist es dem Leibeigenen kaum anders ergangen. Ähnlich wie in der offenen Sklaverei konnten auch sie sich freikaufen. Da sie in der Praxis aber meist mittellos waren, mussten sie sich hierfür über beide Ohren verschulden. Damit haben sie aber in der Regel nur eine Form der Sklaverei durch eine andere Versklavungsform eingetaucht. So ist dieses Kapitel der Leibeigenschaft nicht durch herausragende Freiheitsgesetze, sondern vielmehr durch die Hyperinflation der 1920er Jahre an ihr spätes Ende angelangt.
Slawenburg als Wehranlage – Slawen ließen sich nur selten freiwillig Versklaven
Zwar wird heutzutage über den transatlantischen Sklavenhandel in aller Breite und Tiefe berichtet: Aber in speziell in Deutschland haben eher versklavte Slawen die Hauptrolle gespielt. Allerdings dürften nur die wenigsten Slawen aus freien Stücken in die Sklaverei gegangen sein. Die Slawenburg Raddusch dürfte hierfür ein recht gutes Zeugnis sein: Zwar stellt diese Slawenburg selbst nur ein Nachbau dar, aber solche Wehrburgen hat es in Masse gegeben. Der militärische Charakter solch einer Festungsanlage dürfte eigentlich jeden ins Auge springen. Und tatsächlich wurden die meisten Festungen militärisch erobert und anschließend zerstört. Die Überreste sind heutzutage kaum noch auffindbar und so richtig fühlt sich nicht mal der Denkmalschutz hierfür zuständig.