“Kreuzzuges gegen die heidnischen Wenden” – Der “Drang nach Osten” und die Unterwerfung der Sorbenstämme
Die Sorbenstämme waren im Mittelalter ein wichtiger Bestandteil der slawischen Bevölkerung in Mitteleuropa. Doch mit dem “Drang nach Osten” der deutschen Könige und Fürsten wurden sie zunehmend tributpflichtig und gerieten unter wirtschaftliche und politische Unterjochung. Dies führte letztendlich zum Verlust ihrer Nationalität.
“Kreuzzuges gegen die heidnischen Wenden”
>>Geschichte Brandenburgs von Peter-Michael Hahn (Buch) <<
“Im Rahmen eines Kreuzzuges gegen die heidnischen Wenden von 1147 ging es dem zum Fürstengeschlecht der Askanier gehörenden Albrecht wie den anderen daran beteiligten hochadligen Herren in erster Linie um Beute und um die Ausdehnung ihres Herrschaftsbereichs. Das erste Ziel von Albrechts Unternehmung waren Havelberg und Umland. Dort setzte er sich mit Waffengewalt fest und machte damit den Weg frei, das alte Bistum wieder zu beleben. Außerdem gelang es ihm im Rahmen dieses Heerzuges vermutlich, sich einiger Stützpunkte am Rande des späteren Uckerlandes zu bemächtigen. … Schon bald danach scheint sich Albrecht um den Zuzug von Siedlern aus westelbischen Gebieten, von Rhein und Maas, bemüht zu haben, um die eroberten Landstriche mit einer ihm loyalen Bevölkerung zu durchsetzen und damit seine Herrschaft zu sichern. In brandenburgischen Ortsnamen spiegelt sich noch heute gelegentlich diese Migrationsbewegung wider. Der Chronist Helmold berichtete, daß der Markgraf vor allem Holländer, Seeländer und Flamen herbeirief, um das südliche Elbufer zu besiedeln.”
“Zuzug von Siedlern aus westelbischen Gebieten, von Rhein und Maas, bemüht zu haben, um die eroberten Landstriche”
Dieser Zugzug von Siedlern wirkte sich auch auf die Bildung der Sprache aus. Damals wurde auch noch einhellig von Kolonien gesprochen.
“Siedler wandern ins Erzgebirge, nach Nordmähren und Niederschlesien”
>>Geschichte der deutschen Sprache von Jörg Riecke (Buch) <<
“Siedler wandern ins Erzgebirge, nach Nordmähren und Niederschlesien, während Niederschlesier nach Oberschlesien und in die Zips (Slowakei) ziehen. Über Bamberg und Regensburg kommen ostfränkische und bayrische Bauern nach Böhmen und Mähren, Ostfranken bis nach Obersachsen. In den neu besiedelten Kolonien entstehen, bedingt durch die Herkunft der Einwanderer aus unterschiedlichen Sprachräumen, Ausgleichs- und Mischmundarten. Besonders im Nordosten entstehen große neue Dialektgebiete des Deutschen. Diese Region wird aber von Niederdeutschland aus besiedelt. Daher zählt ein großer Teil der neu erschlossenen Gebiete zunächst nicht zum mittelhochdeutschen, sondern zum mittelniederdeutschen Sprachgebiet.”
“In den neu besiedelten Kolonien entstehen, bedingt durch die Herkunft der Einwanderer aus unterschiedlichen Sprachräumen”
Auch Otto I., einer der bedeutendsten Herrscher des Deutschen Reiches, trug zur Unterwerfung der Sorben bei. Durch die Anlage eines Netzes von Burgen zwischen Elbe und Saale konnten die deutschen Positionen gefestigt werden. Die damaligen Ereignisse wirkten bis ins Denken des 20. Jahrhunderts hinein.
“Ebenso üblich waren jedoch die Verweise auf den «Drang nach Osten», auf die Kontinuität zur mittelalterlichen Siedlungspolitik”
>>Deutsche Kolonialgeschichte von Sebastian Conrad (Buch) <<
“Adolf Hitler bereits selbst hergestellt: «Der russische Raum ist unser Indien», monologisierte er im September 1941, «und wie die Engländer es mit einer Handvoll Menschen beherrschen, so werden wir diesen unseren Kolonialraum regieren.» Lange Zeit sind diese Formulierungen von der Forschung abgetan und als Ausdruck des Größenwahns interpretiert worden. Erst seit kurzem ist konkreter gefragt worden, ob nicht auch der Krieg und die Besatzungspolitik im Warthegau oder in der Ukraine in den breiteren Kontext des Kolonialismus gestellt werden müssen. Auch hier muß man zwischen Diskurs und Praxis unterscheiden. In der Rhetorik und den ideologischen Programmen waren Verweise auf die europäische Kolonialherrschaft häufig. So deklarierte der Präsident der Reichsschrifttumskammer, Hanns Johst, bei einer Inspektionsreise durch das besetzte Polen: «Ein Land, das so wenig Sinn für Siedlung hat, … hat keinen Anspruch auf irgendeine selbständige Machtstellung im europäischen Raum. Es ist Kolonialland.» Ebenso üblich waren jedoch die Verweise auf den «Drang nach Osten», auf die Kontinuität zur mittelalterlichen Siedlungspolitik und die Expansion des Deutschen Ordens.”
“Ob nicht auch der Krieg und die Besatzungspolitik im Warthegau oder in der Ukraine in den breiteren Kontext des Kolonialismus gestellt werden müssen”
Schon Karl der Große war in Kämpfe mit den Sorbenstämmen verwickelt. Doch erst im Laufe des Mittelalters wurden sie systematisch unterworfen und assimiliert. Die Folgen waren jedoch gravierend: die Sorben verloren ihre Sprache, Kultur und Identität. Die Geschichte der sorbischen Unterwerfung zeigt deutlich, wie politische Machtinteressen über den Schutz kultureller Vielfalt gestellt werden können. Es ist wichtig, sich dieser Vergangenheit bewusst zu sein und sich für den Schutz von Minderheiten einzusetzen.