Kohle & Synthesegas: „Unterschätzt national wie global die Bedeutung dieses Energieträgers“
„Bei kaum einem anderen Energieträger klaffen das öffentliche Image und die Wirklichkeit so weit auseinander wie bei der Kohle – sie gilt vielen Menschen als ineffizientes Relikt aus der Zeit der Industrialisierung. Eine derartige Sichtweise unterschätzt national wie global die Bedeutung dieses Energieträgers. Betrachtet man den weltweiten Primärenergieverbrauch, so liegt die Kohle auf Platz zwei hinter dem Erdöl, das im Transportsektor eine zentrale Rolle spielt. Da der Stromverbrauch weltweit weiter steigen wird, steht die Kohle – auch im Bewusstsein der Politik – vor einer Renaissance, weil sie als einziger Primärenergieträger auf Jahrzehnte hinaus das Wachstum der Stromnachfrage ermöglicht.“ In der Tat, die bekannten Erdgas- und Erdölvorkommen sind im Vergleich zur Vorkommen von Kohle überschaubar. Andere Möglichkeiten der Stromerzeugung – insbesondere die Ökologische – sind entweder zu gering, zu teuer, zu unzuverlässig oder alles zusammen.
„Mit der Kohle lassen sich schönere Sachen machen als sie einfach nur zum Erzeugen von Strom und Wärme zu nutzen“, weiß auch der Minister. Der Grundgedanke: Chemiefirmen in Deutschland nutzen jährlich ca. 13 Mio. t Erdöl, um daraus Polymere für Kunststoff herzustellen. „Sie könnten dafür auch 25 Mio. t getrocknete Braunkohle verwenden“, rechnet Bernd Meyer, Leiter des Instituts für Energieverfahrenstechnik und Chemieingenieurwesen an der TU Bergakademie Freiberg in Sachsen, vor. Dazu müssten die Moleküle der Kohle statt die des Öls gecrackt werden. Die Technik ist bekannt. Kohle wird unter hohem Druck und bei hohen Temperaturen unter Sauerstoffmangel verbrannt. Die Moleküle zerbrechen in Bruchstücke, die teilweise oxidiert werden. Ein Gasgemisch mit den Hauptkomponenten Kohlenmonoxid (CO) und Wasserstoff (H2) entsteht. Aus diesem Synthesegas können Methan oder chemische Grundbausteine wie Methanol, Ethen oder Propen hergestellt werden. In den kohlereichen Ländern Australien, China, Südafrika und USA geschieht dies bereits. In Deutschland hingegen wurden die letzten großtechnischen Kohlevergaser zum chemischen Recycling hauptsächlich von Kunststoffabfällen im Gemisch mit Kohle am Standort Schwarze Pumpe in Brandenburg im Jahr 2007 stillgelegt.“
Neben der Herstellung von Synthesegas existieren auch andere – bisher eher stiefmütterlich – behandelte Methoden. Der Wirkungsgrad eines modernen Kohlekraftwerks liegt bei ungefähr 50 Prozent. Bisher wird der Rohstoff konventionell verbrannt und ausschließlich die thermische Energie zur Stromerzeugung und Wärme genutzt. Kohle lässt sich aber auch vergasen. Kohle in einen Reaktor gefüllt – welcher unter Druck und Wärme – steht: Verwandelt den schwarze Stoff in ein brennbares flüchtiges Gas, was direkt einen Verbrennungsmotor oder Turbine antreiben kann. Die so freigesetzte thermische Energie, kann dann nochmal zusätzlich zur Stromerzeugung eingesetzt werden. Moderne Gaskraftwerke arbeiten nach einen ähnlichen Prinzip, nur dass der Rohstoff Erdgas – ein vielfaches teurer – als Kohle ist. Moderne Holzvergaser als Blockheizkraftwerke ausgelegt, arbeiten praktisch nach den selben technischen Verfahren und die Frage: Ob nun Kohle oder Holz zum Einsatz kommt, spielt keine allzu große Rolle.