Indien: Offener Aufruf zur Gewalt gegen Christen

Hindu-Extremisten stellen angebliche „Kuhschlächter“ an den Pranger
Im indischen Bundesstaat Chhattisgarh haben Hindu-Extremisten in den sozialen Medien für den 1. März explizit zur Gewalt gegen Christen aufgerufen. Die Videos haben große Verbreitung gefunden und unter der christlichen Gemeinschaft große Unruhe ausgelöst; sie bitten Christen in aller Welt dringend um Gebet und Fürsprache. Brisant ist vor allem der Vorwurf, Christen würden Kühe schlachten und essen. Bislang unbestätigten Berichten zufolge sollen die geplanten Ausschreitungen vorerst abgesagt worden sein, die Situation bleibt jedoch ungewiss.
___________________
Von Open Doors
___________________
„Wir werden die Dinge selbst in die Hand nehmen!“
Im Hinduismus gelten Kühe als heilige Tiere. Einige indische Bundesstaaten verbieten deshalb das Schlachten von Kühen. Hindu-Extremisten haben Muslime und Christen in der Vergangenheit immer wieder öffentlich beschuldigt, Kühe zu töten und Rindfleisch zu essen. Mehrfach ist es in der Folge davon bereits zu gewaltsamen Ausschreitungen gekommen.
Die aktuell kursierenden Reden fanden während einer Hindu-Pilgerreise statt, die im Januar begann und 45 Tage dauerte. Insgesamt nahmen Schätzungen zufolge mehr als 600 Millionen Menschen daran teil. Die meisten Veranstaltungen verliefen friedlich.
Ende Januar bezeichnete jedoch ein Mann namens Aadesh Soni in einer Rede Christen als „Kuhfresser“ und sagte unter anderem: „Menschen, die Kühe töten, müssen hart bestraft werden; wir sollten ihre Knochen brechen und alles tun, was nötig ist, um das Schlachten von Kühen zu beenden.“ Das Gesetz werde später seinen Lauf nehmen, „aber wir werden die Dinge zuerst selbst in die Hand nehmen und die bestrafen, die für das Schlachten von Kühen verantwortlich sind“.
Aufruf mit sehr konkreten Planungen
In seiner Rede benannte Soni die Dörfer Vishrampur, Ganeshpur und Jhanakpur als Orte mit einem hohen christlichen Bevölkerungsanteil, in denen Kühe geschlachtet würden. Er forderte, dass sich am 1. März 5.000 Personen dorthin begeben und die Christen angreifen sollten.
Während der gleichen Veranstaltung rief ein einflussreicher religiöser Hindu-Führer, Shankaracharya Avimukteshwaranand, dazu auf, 1.000 Hindus sollten hinausgehen und „diejenigen töten, die unsere Mutter Kuh töten“. Und weiter: „Fordert nicht die Todesstrafe für die Kuhschlächter. Tötet sie und fordert die Todesstrafe für euch selbst. Wartet nicht darauf, dass das Gesetz handelt.“
Das Video von Sonis Aufruf zur Gewalt wurde an mehreren Stellen in den sozialen Medien verbreitet und ging dort viral. Ergänzend zu den Reden wurde eine WhatsApp-Gruppe für Menschen eingerichtet, die sich an der Aktion beteiligen wollen. Darin werden unter anderem konkrete Treffpunkte und Ansprechpartner genannt.
In einem anderen Facebook-Video, das Soni gemeinsam mit einem christlichen Geschäftsmann aufnahm, behauptete er, er sei nicht gegen Christen, sondern nur gegen diejenigen, die Kühe schlachten. Dennoch befürchten viele Christen drastische Konsequenzen der Rede, da sie darin als Kuhschlächter bezeichnet werden.
Christen aus allen Teilen Indiens haben sich zu Wort gemeldet und die zuständigen Behörden aufgefordert, die geplanten Ausschreitungen zu verhindern. Seit einigen Tagen patrouillieren Polizeibeamte in den Orten und haben zugesichert, Schutz für die Christen in den Dörfern zu gewährleisten. Am heutigen Freitag kursierte ein Bericht, die geplanten Angriffe seien vorerst abgesagt worden; dies konnte allerdings noch nicht bestätigt werden und die Situation ist weiterhin ungewiss.
Die drei betreffenden Dörfer liegen im zentralindischen Bundesstaat Chhattisgarh – einem Brennpunkt der Christenverfolgung. 2023 wurden dort aufgrund gewaltsamer Übergriffe über 1.000 Christen obdachlos. Die Kommission für Religionsfreiheit innerhalb der indischen Evangelischen Allianz beziffert die Zahl koordinierter christenfeindlicher Angriffe für 2023 auf 132.
Auf dem Weltverfolgungsindex 2025 steht Indien an 11. Stelle unter den Ländern, in denen Christen am stärksten wegen ihres Glaubens verfolgt werden.