„Hokuspokus“ – Zensur unter den Deckmantel des Jugendschutzes
„Jugendgefährdende Schriften oder Medien – Dazu zählen vor allem Schriften oder Medien mit unsittlichem, verrohend wirkendem oder zu Gewalttätigkeit, Verbrechen oder Rassenhass aufstachelndem Inhalt.“ So die amtliche Bekanntmachung der Generalzolldirektion. Dumm nur, dass es laut Biologen keine „Menschenrassen“ geben soll. Das sagt jedenfalls die Bundeszentrale für politische Bildung – quasi das Zentralorgan der amtlichen „Wahrheitsfindung“ . Was nun der Zoll unter „Menschenrassen“ verstehen soll, unterliegt vermutlich allerstrengster Geheimhaltung. Und was nun „Jugendgefährdende Schriften oder Medien“ eigentlich seien, dass legt eine der mit Abstand umstrittensten Behörden überhaupt fest. Das Amt mit den sperrigen Namen: „Bundesprüfstelle für jugendgefährdenden Medien“ . Anders als der Name suggeriert, endet – nach Ansicht der Behörde – die Jugend weder mit den Erwachsenen-, noch mit den Greisenalter.
Zentralorgan der amtlichen „Wahrheit“
Was den Beamten persönlich nicht zusagt, landet einfach auf den Index oder wahlweise der Zensurliste. Artikel 5 – Grundgesetz: „Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.“ Streng genommen ist es auch keine Zensur: Denn der Film bleibt unverändert – also unzensiert. Nur bekommt ihn Niemand als Ganzes zu Gesicht. Mit solchen bürokratischen Winkelzügen, arbeitet die Behörde seit einer gefühlten Ewigkeit. Besonders im künstlerischen Bereich, kann sich die behördliche Willkür so richtig austoben, denn objektive Kriterien sind hier keine Auszumachen. Wer kann schon mit objektiv Kriterien festlegen, was denn Kunst eigentlich sein soll? Schon der weltberühmte Schriftsteller Erich Kästner machte sich schon kurz nach der Gründung über die Behörde im Bundestag lustig.
Zensur-Behörde: „Hokuspokus – endlich ein Gesetz!“
„Wenn’s schon nicht gelingt, die tatsächlichen Probleme zu lösen, die Arbeitslosigkeit, die Flüchtlingsfrage, die Steuerreform, dann löst man geschwind ein Scheinproblem. Hokuspokus – endlich ein Gesetz! Endlich ist die Jugend gerettet! Endlich können sich die armen Kleinen am Kiosk keine Aktphotos mehr kaufen und bringen das Geld zur Sparkasse.“
Erich Kästner: „Löst man geschwind ein Scheinproblem“
Das „Hokuspokus Gesetz“ hat bis heute überlebt. Angesichts des Zeitalter des Internets und der grenzenlosen Informationen, mutet die Behörde heute an, wie ein Dinosaurier einer längst vergangenen Zeit. Genauso gut könnte man auch eine Deutsche Behörde für den Bergbau auf den Mars unterhalten. Zwar findet wohl auf absehbare Zeit kein Bergbau auf den Mars statt, aber diese fiktives Amt würde die Wichtigkeit seiner Existenz genauso unterstreichen. Jugendlichen und Kindern wäre mit Sicherheit mehr geholfen, wenn man dieses Amt ersatzlos auflösen würde, und das Geld lieber den Heranwachsenden, respektive deren Eltern geben würde.
„Hokuspokus Gesetz“ und „Hokuspokus Behörde“
„Neben „The Punisher“ wurden zuletzt auch einige weitere bekannte Filme von der Liste der jugendgefährdenden Medien genommen, darunter auch der vierte Teil von „Texas Chainsaw Massacre“, der Horror-Klassiker „Blade“, der Vampir-Film „The Forsaken“ sowie der zweite Teil des 1997er-Kultfilms „Starship Troopers“. Hinzu kommen die beiden Horror-Urgesteine „Tanz der Teufel“ (1981) von Sam Raimi und „Dawn of the Dead“ (1978) von Genre-Legende George A. Romero.“
Wenn subjektiver Geschmack entscheidet
Die Filme selbst blieben über die Jahre unverändert, nur die behördliche „Einstellung“ zu den Filmen haben sich „gewandelt“ . Nach welchen objektiven Kriterien das Amt seine Entscheidung begründet: Das unterliegt vermutlich strengster „Geheimhaltung“ . Nicht viel anders geht die Behörde bei Computerspielen vor. Das erste in damaligen Westdeutschland indizierte Spiel war „River Raid“ .
Willkürliche Indexierung: Heute Verboten – Morgen Erlaubt
„Darin steuerte man einen Flieger und schoss andere Flugzeuge und Schiffe ab, ein Geschehen ohne Todesschreie und ohne Blut. Die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPJM) – die damals noch BPJS hieß – fand das Spiel trotzdem problematisch: Mit „River Raid“ finde im Kindesalter „eine paramilitärische Ausbildung“ statt, hieß es 1984 in ihrer Indizierungsbegründung. Und „River Raid“ war bei Weitem nicht das einzige Spiel, dem Derartiges vorgeworfen wurde: Auch andere aus heutiger Sicht harmlose Spiele wie „Speed Racer“ und „Rambo: First Blood Part II“ landeten auf dem Index.“
Jugendschutz: Verbot von grobschlechten Pixeln
Diese Computerspiele genießen zwar heute einen gewissen Kultstatus, aber objektiv betrachtet: Bestehen sie nur aus ein paar grobschlechten Pixeln. Nur mit sehr viel Phantasie ist ein Flugzeug, Schiff oder Panzer zu erkennen. Die damalige Computertechnologie hat eben nicht mehr hergegeben. Auch die behördliche Begründung, wirkt selbst unter damaligen Gesichtspunkten schon recht abenteuerlich: „Mit „River Raid“ finde im Kindesalter „eine paramilitärische Ausbildung“ statt“ – Und das zu einer Zeit, wo teilweise die selben Jugendlichen zwangsweise eine militärische Ausbildung bei der Bundeswehr absolvieren mussten – das nannte sich Wehrpflicht.
Jugendschutz: Wehrpflicht für Jugendliche – Aber Verbot verpixelten Computerspielen
Also mit 17 Jahren zur Bundeswehr: Ausbildung an der – echten – Waffe und im Nahkampf, aber irgendwelche verpixelten Computerspiele waren zugleich verboten. Zur inneren Behördenlogik gehört auch, dass die Indexierung zwischenzeitlich – teilweise mehrfach – geändert wurden – ohne dass die Computerspiele sich geändert hätten. Die Lausitzer Allgemeine Zeitung ist mit hoher Wahrscheinlichkeit auch schon auf den staatlichen „Zensur-Index“ gelandet und muss von den großen Sozialen Netzwerken und Suchmaschinen verschwinden. Begründung: Vermutlich zu wenig „Hokuspokus“ und zu viele echte Fakten. Erich Kästner: „Wenn’s schon nicht gelingt, die tatsächlichen Probleme zu lösen, … dann löst man geschwind ein Scheinproblem.“