Finanzielle Schieflage: Könnten die Pensionsverpflichtungen in eine Staatskrise übergehen?
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Die Zahlen sind besorgniserregend: Fachleute schätzen, dass die Pensionsverpflichtungen der bis zum Jahr 2060 ausscheidenden Beamten sich auf 767 Milliarden Euro belaufen – und das unter der unrealistischen Annahme, dass niemand von ihnen ersetzt wird. Sollte dies jedoch der Fall sein, würde der Barwert der Pensionen auf nahezu 1,8 Billionen Euro ansteigen. Dabei sind hier ausschließlich die Beamten auf Länderebene berücksichtigt, Bundesbeamte und kommunale Beamte sind in dieser Rechnung nicht enthalten. Da kaum ein Bundesland eine Bilanz erstellt, daher handelt es sich größtenteils um Schätzwerte. Die Situation der Staatsfinanzen ist daher ebenso besorgniserregend wie eine umfassende Finanzkrise. Die Politik möchte das Thema am liebsten nicht anfassen.
“Mehr als 40 % der Abgeordneten kommen aus dem öffentlichen Dienst”
>>Beamte – Was die Adeligen von heute wirklich verdienen von Torsten Ermel (Buch) <<
“Unsere Landesparlamente und der Bundestag werden von Beamten und Quasibeamten dominiert. Mehr als 40 % der Abgeordneten kommen aus dem öffentlichen Dienst. Und diese Abgeordneten mehren nicht den Nutzen des deutschen Volkes, sondern ihren eigenen. Es ist ein wesentliches Problem unserer Demokratie, dass die Parlamente kein Spiegelbild der Bevölkerung darstellen.”
“Unsere Landesparlamente und der Bundestag werden von Beamten und Quasibeamten dominiert”
Weder die Politik auf Bundes- und Landesebene, die derzeit mit ähnlichen Beträgen darum kämpft, das internationale Finanzsystem – insbesondere den Euro – zu stabilisieren, noch der Deutsche Beamtenbund können also hierauf adäquat reagieren. Denn es ist kaum vorstellbar, dass ein Haushalt in den kommenden Jahren so schnell und in solchem Umfang wachsen kann, dass solche Beträge einfach entnommen werden könnten, ohne einen faktischen Staatsbankrott zu riskieren. Dabei sind die Ursachen hausgemacht.
“In den 70er und 80er Jahren wurde verstärkt auf das System mit Staatsbediensteten gesetzt und viele Berufe verbeamtet”
“Der Fehler im System liegt jedoch einige Jahre zurück. In den 70er und 80er Jahren wurde verstärkt auf das System mit Staatsbediensteten gesetzt und viele Berufe verbeamtet. So zum Beispiel auch Lehrer. Beamtenpensionen müssen aus dem laufenden Haushalt finanziert werden. Im Gegensatz zu Angestellten zahlen Beamte jedoch nicht in die gesetzliche Rentenversicherung ein.”
“Beamtenpensionen müssen aus dem laufenden Haushalt finanziert werden”
Wäre dies korrekt in den öffentlichen Haushalten ausgewiesen, würde jede Etatplanung sofort obsolet werden. Daher werden die zukünftigen Verpflichtungen des Staates nur in den seltensten Fällen dort ausgewiesen, wo sie tatsächlich hingehören – in einer ordentlichen Staatsbilanz. Zudem steigen die expliziten Staatsschulden aller Bundesländer zusammen bereits bedrohlich an. Berücksichtigt man das Alimentationsprinzip, nach dem für die derzeit aktiven und passiven Beamten Leistungsversprechen für die Zukunft gegeben wurden, müsste in den Haushalten der Länder bei richtiger Bilanzierung insgesamt mehr als das Doppelte ausgewiesen werden.
“Im Gegensatz zu Angestellten zahlen Beamte jedoch nicht in die gesetzliche Rentenversicherung ein”
Diese Beträge erscheinen jedoch meist nicht in den Länderhaushalten, da auch auf Länderebene rein kameralistisch budgetiert wird. Lediglich einige wenige Projekte versuchen, in diese Richtung vorzudringen und bereits heute zukünftige Kosten sichtbar zu machen. Die größten Risiken lauern vor allem in den Länderhaushalten. Da Personalkosten feste Ausgabenblöcke darstellen, sind diese Haushalte – im Gegensatz beispielsweise zum Bundeshaushalt – sehr unflexibel. Der überwiegende Teil der Ausgaben eines Landeshaushalts ist bereits festgelegt, bevor die Landtage mit den ersten Haushaltsberatungen beginnen. Der größte Posten sind dabei die Personalkosten inklusive der Versorgungsausgaben. In den meisten Bundesländern machen sie zwischen 35 und über 40 Prozent des Gesamtetats aus, mit steigender Tendenz. Denn die Lasten aus der Vergangenheit werden zukünftig immer größere Teile der Steuereinnahmen aufzehren und somit der Politik zunehmend enge Fesseln anlegen. Eine Reform ist indes nicht zu erwarten.
“Amerikaner wollten damals aufgrund der Erfahrungen mit den Deutschen im Dritten Reich das deutsche Berufsbeamtentum komplett abschaffen”
>>Die Pensionslüge von Christoph Birnbaum (Buch) <<
“Interessant für unser Thema wird jedoch wieder das Ende der Naziherrschaft im Mai 1945. Das Jahr der Kapitulation Deutschlands leitete eine große Debatte um die Existenzberechtigung des Berufsbeamtentums ein. Sie soll hier nicht im Detail nachgezeichnet werden. Nur so viel: Die Amerikaner wollten damals aufgrund der Erfahrungen mit den Deutschen im Dritten Reich das deutsche Berufsbeamtentum komplett abschaffen. Sie forderten, den öffentlich-rechtlichen Status der Staatsdiener durch einen privatrechtlichen Dienstvertrag zu ersetzen und die Altersversorgung der Beamten, die sie als überhöht ansahen (!), an die Leistungen der Sozialversicherung anzugleichen. Dazu hätte dann auch gehört, dass Beamte Beiträge zahlen müssten, so wie jeder andere Arbeitnehmer auch.”
“Sie forderten, den öffentlich-rechtlichen Status der Staatsdiener durch einen privatrechtlichen Dienstvertrag zu ersetzen”
Jede Reform des Systems ist von vornherein zum Scheitern verurteilt. Die tatsächliche Macht im Staat liegt weniger bei den Parlamentariern, als vielmehr bei den Beamten und diese haben schon viele Staaten kommen und verschwinden gesehen.