Ersatzarbeitsplätze für Braunkohleausstieg: Eine Fata Morgana für die Lausitz

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Noch ist der Braunkohle-Ausstieg wohl einige Jahre entfernt, aber er wird große Veränderungen mit sich bringen.“ So die beschwichtigende Stimme des staatlichen Rundfunks. Anders als die amtlichen Verlautbarungen behaupten: In der Realität ist der Braunkohle-Ausstieg bereits in vollen Gange und hat bereits tausende Arbeitsplätze gekostet.

Der Baunkohleausstieg hat bereits tausende Arbeitsplätze gekostet

Besonders für die zahlreichen Zulieferfirmen, die rund um die Braunkohle tätig sind, sieht es sehr düster aus. Derzeit kursieren allerhand „Ideen“ – Rund um die vermeintlichen Ersatzarbeitsplätze – die bei genauerer Betrachtung, sich eher als Fata Morgana entpuppen.

Dubiose Papiere mit Zusagen für eine Soforthilfe für die Lausitz

>>Radio Lausitz<<

„Der Bund hat für die Lausitz und die anderen ostdeutschen Braunkohleregionen insgesamt 150 Millionen Euro Soforthilfe zugesagt. Das bestätigte die sächsische Staatskanzlei. Das Geld ist für schnell umsetzbare Projekte für den Strukturwandel bestimmt.“

Etwas genauere Zahlen liefert eine andere Publikation.

>>Märkische Oderzeitung<<

„Die ostdeutschen Braunkohleregionen Lausitz und das mitteldeutsche Revier zwischen Halle und Leipzig rechnen für 2019 mit zusätzlichem Geld des Bundes für den Strukturwandel. „Mittlerweile hat die Bundesregierung 150 Millionen Euro als Soforthilfe zugesagt“, sagte der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) der RUNDSCHAU. Etwa 70 Millionen Euro davon würden für Brandenburg und 50 Millionen Euro für Sachsen zur Verfügung gestellt, … „

Geheimpapiere wo angeblich Millionen in irgendwelche Projekte fließen sollen

Nun 70 Millionen Euro und 50 Millionen ergeben im Summe 120 Millionen und keine 150 Millionen. Stellt sich also die Frage, was mit dem übrigen 30 Millionen passieren soll? Insgesamt ist diese Form der Öffentlichkeitsarbeit sehr dubios: Sowohl das Land Brandenburg, als auch das Land Sachsen geben eigene Pressemitteilungen heraus. Aber genau diese Mitteilungen fehlen: Weswegen sich die Märkische Oderzeitung, auf die Lausitzer Rundschau berufen muss, da offenkundig nur „ausgewählte“ Medien Informationen erhalten.

Fragwürdiges Zahlenwerk: Keine unabhängige Quelle kann die Angaben prüfen

>>Berliner Morgenpost<<

„Dazu gehört eine Soforthilfe in Höhe von 100 bis 150 Millionen Euro, damit sie mit den Investitionen in die Infrastruktur beginnen können.“

Eine weitere widersprüchliche Meldung, etwas wage ist von 100 bis 150 Millionen Euro die Rede. Diese Summe soll in die sogenannteInfrastruktur“ fließen – was immer das auch bedeuten mag.

>>Märkische Oderzeitung<<

„Dessen Lausitzbeauftragter Klaus Freytag hat 33 Projekte aufgelistet, die sofort angeschoben werden sollen und nach Informationen der RUNDSCHAU zusammen mehr als 1,2 Milliarden Euro kosten. Ein Teil könnte mit der Soforthilfe finanziert werden. Aus der Projektliste, die der LR vorliegt, geht hervor, dass Brandenburg mit der Zuweisung weiterer Bundesmittel rechnet. Dickster Brocken ist eine Modellregion Gesundheit Lausitz, für die in Senftenberg ein Gesundheitscampus aufgebaut werden soll. Allein dieses Projekt wird mit insgesamt 450 Millionen Euro beziffert.“

Die geheime Projektliste der LR

Aus der Projektliste, die der LR“ – also der Lausitzer Rundschau vorliegt. Ein sehr fragwürdiges Gebaren vollziehen hier die verantwortlichen Stellen: Irgendwelche merkwürdigen Listen kursieren abscheinend umher und einige ausgewählte Medienvertreter bekommen diese offensichtlich zugesteckt. Noch dazu mit kuriosen Inhalt: „Modellregion Gesundheit Lausitz“ oder ein „Gesundheitscampus“ ? Was genau soll das überhaupt sein? Eine Liste mit 33 Projekte? Zusammen soll alles mehr als 1,2 Milliarden Euro kosten?

1,2 Milliarden Euro – Ohne schlüssiges Konzept?

Nicht mal entfernt am Horizont, ist irgendein schlüssiges Konzept zu erkennen. Tatsächlich gibt es eine ganze Reihe von Investitionen – besonders was das Schienen- und Straßennetz angeht – die getätigt werden könnten. Nach der Wiedervereinigung wurde hierrüber viele Versprechungen abgegeben und gehalten wurde davon nur wenig. In der Zwischenzeit hat sich ein Investitionsstau in dem Sektor gebildet. Sicherlich wären 1,2 Milliarden hilfreich, aber dazu wird es wohl kaum kommen. Nur zum Vergleich: Alleine der Braunkohlesektor erwirtschaftet in der Lausitz – jedes Jahr 1,4 Euro Milliarden Umsatz – wovon der Löwenanteil nach Berlin, Dresden und Potsdam fließen.

“Seien dazu zahlreiche Ersatzarbeitsplätze erforderlich” 

>>Staatsfunk „Rundfunk Berlin-Brandenburg“ <<

„Der brandenburgische Wirtschaftsminister…  geht davon aus, dass die Lausitz den mit dem Braunkohle-Ausstieg verbundenen Strukturwandel gut bewältigen wird. Allerdings seien dazu zahlreiche Ersatzarbeitsplätze erforderlich, sagte der SPD-Politiker im rbb. … Ersatzarbeitsplätze könnten in verschiedenen Bereichen entstehen. Er denke dabei zum Beispiel an die Renaturierung der bisherigen Tagebaue. Aber auch im wissenschaftlichen Bereich könne die Lausitz mit ihren Forschungsinstituten etwa für eine intelligente Art der Reinigung der Spree sorgen. Zudem werde es im Maschinenbau neue Ansiedlungen geben, wenn in der Lausitz Prototypen neuer Materialien entwickelt würden. „Wir haben so tolle Ideen, dass mir um die Lausitz unterdessen nicht mehr bange ist“, erklärte Steinbach weiter.“

„Wir haben so tolle Ideen“  „Fundus an Ideen“

Wir haben so tolle Ideen“ – Mit solchen Sätzen wird einen richtig warm ums Herz. Tausende sichere gut bezahlt Arbeitsplätze zu vernichten, ist mitnichten eine „tolle Idee“ und das ausgerechnet aus dem Munde eines Sozialdemokraten. Allerdings sprach ein Parteifunktionär aus Sachsen etwas ganz ähnliches in dem Kontext aus: „Fundus an Ideen“ Die Halbwertszeit vieler Parteifunktionäre ist doch recht überschaubar und noch schneller verhallen ihre Aussagen. Alleine ihre getätigten Äußerungen, zeugen von wenig Sachverstand: „Renaturierung der bisherigen Tagebaue“ Die Renaturierung von Tagebauen ist ein kontinuierlicher Prozess und dieser findet schon praktisch seit Jahrhunderten statt. Auf ehemaligen Tagebaugelände befinden sich mittlerweile Wälder und Seen, würde Herr Minister mal aus seinen fernen Regierungsviertel in Potsdam in die Lausitz reisen, wüsste er das.

Im fernen Potsdam: Herr Minister, Wo liegt eigentlich die Lausitz?

Auch ansonsten sind – jenseits aller Rhetorik – keine konkreten Aussagen zu finden. Alleine weil – ein – Kraftwerksblock in die Sicherheitsreserve ging, wurden 1.500 Arbeitsplätze ersatzlos vernichtet. Ersatzarbeitsplätze? Soweit reichen die „tollen Ideen“ in der Praxis dann doch nicht.