“Einige Jobcenter verschieben bis zu 70 Prozent dieser Gelder in die Verwaltung”

Eine zentrale Fragestellung bei den Jobcentern ist, inwieweit diese steigenden Kosten tatsächlich aus der notwendigerweise komplexen Struktur der Hilfesysteme resultieren oder ob ineffiziente Verwaltungsabläufe und Personalmangel ebenso entscheidende Faktoren darstellen. Der Bundesrechnungshof hat hierzu eine eindeutige Auffassung.
“Der Bundesrechnungshof (BRH) rügt schon lange, dass Ein-Euro-Jobber Aufgaben der öffentlichen Hand übernehmen”
“Der Bundesrechnungshof (BRH) rügt schon lange, dass Ein-Euro-Jobber Aufgaben der öffentlichen Hand übernehmen. … kritisierte der BRH, dass Jobcenter den Hartz-IV-Empfängern “meist wahllos Arbeitsgelegenheiten” zuwiesen, sodass Kommunen, Wohlfahrtsverbände oder Firmen “ungeförderte Tätigkeiten im ersten Arbeitsmarkt durch öffentliche geförderte Beschäftigung ersetzen und so ihre Personalkosten reduzieren”. … “
“Ungeförderte Tätigkeiten im ersten Arbeitsmarkt durch öffentliche geförderte Beschäftigung ersetzen und so ihre Personalkosten reduzieren”
Trotz der Tatsache, dass diese Form der Vermittlung einer gewissen internen Logik folgt, bleiben Arbeitslose, die an einem Kurs teilnehmen oder Ein-Euro-Jobs im öffentlichen Sektor verrichten, in der Arbeitslosenstatistik unberücksichtigt und sind somit nicht Teil der offiziellen Arbeitslosenzahlen.
“Nicht die Interessen der Arbeitslosen stehen dabei im Mittelpunkt, sondern die der Mitarbeiter”
“An ihrer besonderen Wirksamkeit kann dieser Fokus auf Kurse nicht liegen. Die Statistik der Bundesagentur für Arbeit (BA) macht deutlich, dass Arbeitslose dadurch kaum nachhaltig in Arbeit gebracht werden. Sechs Monate danach sind mehr als zwei Drittel der Teilnehmer noch immer im Hartz-IV-Bezug. Warum ist die Auslastung der Kurse den Jobcentern dann so enorm wichtig? „Ob so ein Kurs den Arbeitslosen etwas bringt, spielt bei der Vergabe keine Rolle“, sagt Petra Friedrichs, eine ehemalige Jobcenter-Mitarbeiterin, die eigentlich anders heißt. „Nicht die Interessen der Arbeitslosen stehen dabei im Mittelpunkt, sondern die der Mitarbeiter“, sagt sie. Das habe eine einfache Erklärung: Arbeitslose, die in einem Kurs stecken, werden in der Arbeitslosenstatistik nicht mitgezählt. Und an der Statistik hängt neben den Erfolgsmeldungen der BA die berufliche Zukunft der Jobcenter-Mitarbeiter auf unterster Ebene – sowie Boni-Zahlungen an ihre Vorgesetzten.”
“Arbeitslose, die in einem Kurs stecken, werden in der Arbeitslosenstatistik nicht mitgezählt”
Das interne System der Behörden ist darauf ausgelegt, Arbeitslose zu vermitteln, unabhängig davon, ob es sich um reguläre Arbeitsplätze, Ein-Euro-Jobs oder umstrittene Bildungsangebote handelt, das spielt keine Rolle. Daher ist es kaum überraschend, dass diese Strukturen ein eigenständiges Dasein führen. Im konkreten Fall hatte eine frühere Angestellte des Hochtaunuskreises nahezu 500.000 Euro veruntreut. Die Frau war verantwortlich für die Vermittlung und Integration von Arbeitslosen in den Arbeitsmarkt.
Wie können eigentlich 500.000 Euro unbemerkt verschwinden?
“Die ehemalige Mitarbeiterin war nicht einmal ein Jahr beim Kreis beschäftigt. Sie war zuständig für die Vermittlung und Eingliederung von Langzeitarbeitslosen. … Sie buchte Schulungen, Lehrgänge, Jobtrainings und Seminare für ihre Kunden im Jobcenter. Der Preis betrug dabei jeweils bis zu 5000 Euro. Das Problem: Die Kunden wussten davon nichts. Empfänger des Geldes waren stets Scheinfirmen, die die Frau zusammen mit ihrem Mann angelegt hatte.”
“Empfänger des Geldes waren stets Scheinfirmen, die die Frau zusammen mit ihrem Mann angelegt hatte”
Die genannte Dame erteilte folglich Aufträge für Weiterbildungsmaßnahmen, Kurse und berufliche Trainingsprogramme. Bis zu einem Betrag von 5.000 Euro war sie befugt, diese Aufträge eigenständig und ohne vorherige Rücksprache zu vergeben. Diese Möglichkeit nutzte die Sachbearbeiterin umfassend. Regelmäßig überwies sie Gelder für vermeintliche Jobtrainings-Kurse an Scheinfirmen, die sowohl von ihr als auch von ihrem Ehemann betrieben wurden. In Wirklichkeit fanden jedoch keine Eingliederungsmaßnahmen für Arbeitslose statt. Offensichtlich handelt es sich hierbei nicht um einen isolierten Einzelfall, sondern es scheint ein System dahinter zu stecken.
“In den vergangenen Jahren seien die Kosten für die Verwaltung deutlich gestiegen”
>>Frankfurter Allgemeine Zeitung<<
“In den vergangenen Jahren seien die Kosten für die Verwaltung deutlich gestiegen, die Mittel zur Förderung von Leistungsbeziehern verharrten hingegen. „Einige Jobcenter verschieben bis zu 70 Prozent dieser Gelder in die Verwaltung“, kritisiert die Stiftung. Wie viele Menschen die Jobcenter am Ende in Arbeit bringen, spiele „eine untergeordnete Rolle“.
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“Einige Jobcenter verschieben bis zu 70 Prozent dieser Gelder in die Verwaltung”
Die Kehrseite dieser Problematik ist, dass die vermehrte Konzentration auf Verwaltungskosten oftmals zu Lasten der eigentlichen Unterstützungsangebote für Leistungsempfänger geht. Während die Mittel zunehmend in bürokratische Strukturen fließen, bleibt die Frage, inwieweit diese Ausgaben die Bedürfnisse der Betroffenen tatsächlich abdecken. Ein ineffizientes Management der zur Verfügung stehenden Ressourcen führt nicht nur zu einer Verschwendung öffentlicher Gelder, sondern untergräbt auch die Sozialpolitik insgesamt.