„Inflation steigt noch schneller“ – Die unbekannten Formen des Inflationsdrucks: “Niedrigen Lebensstandard”
Steht eine Absenkung zum niedrigen Lebensstandard bevor. Der Inflationsdruck wirft bereits seine Schatten voraus. Dieser ist aber keineswegs nur auf die Verringerung der Kaufkraft und allgemeinen Preissteigerungen beschränkt.
“Speisekartoffeln verteuerten sich” – “Um 74,3 % nach einem Preisanstieg von 34,1 %”
“Preissteigerungen gab es unter anderem bei Erdbeeren mit +30,3 % und bei Tafeläpfeln mit +2,6 %. Beim Gemüse stiegen insbesondere die Preise für Blumenkohl (+62,2 %), Kohlgemüse (+34,6 %) und Eissalat (+27,1 %). Speisekartoffeln verteuerten sich … um 74,3 % nach einem Preisanstieg von 34,1 % … . … Der Index der Erzeugerpreise landwirtschaftlicher Produkte misst die Entwicklung der Verkaufspreise der Landwirtschaft (ohne Umsatzsteuer) in Deutschland und zeigt damit die Preisentwicklungen auf der ersten Wirtschaftsstufe.”
“Index der Erzeugerpreise landwirtschaftlicher Produkte misst die Entwicklung der Verkaufspreise der Landwirtschaft”
Es handelt sich hierbei um keine offiziellen Inflationszahlen der Endverbraucherpreise, sondern um die Erzeugerpreise. Dennoch spiegeln sie ein ungefähren Inflations-Lagebild wider. Da besonders einkommensschwache Haushalte unter die stark gestiegenen Lebensmittel- und Energiepreise am stärksten leiden. Doch durch steigende Preise ist nur ein Teil des Inflationsdrucks geklärt.
Warum frisst die Inflation die Rente auf?
„Inflation steigt noch schneller – bleibt der Anstieg der Renten einem Bericht zufolge hinter der steigenden Inflation zurück. … Diesem Plus von 28 Prozent stünden allerdings insgesamt 29,9 Prozent Inflation gegenüber, wie sich aus Berechnungen des Statistischen Bundesamtes ergebe.“
Jährliche Rentenerhöhungen – „Inflation steigt noch schneller“
Alleine über die Inflation sinkt jedes Jahr die Rente weiter ab. Aber auch über die Steuerschrauber werden Rentner um ihre Altersbezüge gebracht. Zudem schlägt die kalte Progression unnachgiebig zu: Mit jeder inflationsbedingten „Rentenerhöhung“ steigen die Renten zwar auf den Papier an, aber gleichzeitig müssen immer mehr Rentner an das Finanzamt viel Geld überweisen: Denn plötzlich fallen sie aus den jährlichen Grundfreibetrag raus
„Rentner verpflichtet – Eine Steuererklärung abzugeben“
„Doch damit sind auch immer mehr Rentner verpflichtet, eine Steuererklärung abzugeben. Denn dies ist immer dann der Fall, wenn das zu versteuernde Einkommen den jährlichen Grundfreibetrag überschreitet.“
Existenzminimum: Warum der Grundfreibetrag real sinkt?
Vereinfacht: Das klassische “Inflationsmodell” geht von gleichzeitig steigenden Preisen und Einkommen aus, was im Endeffekt auf ein Nullsummenspiel bei der Kaufkraft hinauslaufen würde. Theoretisch wären also von der Inflation also nur Sparguthaben betroffen. Die gelebte Praxis der kalten Progression spiegelt hierbei aber ein ganz anderes Bild wider. Tatsächlich ist diese wirtschaftlich keineswegs neu. Schon im 16. Jahrhundert war in England ein sehr ähnliches Phänomen zu beobachten, auch wenn es in vielen Geschichtsbüchern etwas anders dargestellt wird.
Formen des Inflationsdrucks im 16. Jahrhundert: “Die höfische Selbstdarstellung als ‹golden› bezeichnen”
>>William Shakespeare in seiner Zeit von Hans-Dieter Gelfert (Buch) <<
“Das elisabethanische England trägt die Gloriole eines Goldenen Zeitalters. Doch obwohl das Land in dieser Zeit einen stetigen Aufstieg erlebte, lassen sich nur die Kultur und die höfische Selbstdarstellung als ‹golden› bezeichnen. In der Realität sah es oft nach eisernen Zwängen aus. Nicht nur die äußere Bedrohung durch Spanien und die nie gänzlich verschwindende Gefahr eines Aufstands der unterdrückten Katholiken schwebten wie Damoklesschwerter über dem Land. Auch ökonomisch gab es trotz der vergleichsweise fortschrittlichen Entwicklung schwerwiegende Probleme.”
“Lassen sich nur die Kultur und die höfische Selbstdarstellung als ‹golden› bezeichnen”
Die schwerwiegenden Probleme haben aber weniger die damalig privilegierte Bevölkerung, sondern mehr die einfachen Menschen betroffen. Auch sie waren einen Inflationsdruck von zwei Seiten ausgeliefert.
“Mehrheit der Landbevölkerung, deren Löhne durch Gesetze niedrig gehalten wurden, die volle Wucht des Preisanstiegs zu spüren”
>>William Shakespeare in seiner Zeit von Hans-Dieter Gelfert (Buch) <<
“Das ganze 16. Jahrhundert hindurch wurde Westeuropa und damit auch England von einer schleichenden Inflation geplagt, … . Während Gewerbetreibende und Händler den Inflationsdruck auf den Preis ihrer Waren abwälzen konnten, bekam die große Mehrheit der Landbevölkerung, deren Löhne durch Gesetze niedrig gehalten wurden, die volle Wucht des Preisanstiegs zu spüren. Selbst die Großgrundbesitzer blieben nicht verschont. Da sie ihr Land nicht selbst bewirtschafteten, waren sie auf Pachtzahlungen angewiesen, die oft vor langer Zeit zu einem niedrigen Zins festgeschrieben worden waren. Am besten ging es den Freibauern, den yeomen, die ihr Land selbst bestellten und beim Verkauf ihrer Erzeugnisse mit der Inflation Schritt halten konnten. Verstärkt wurde der Inflationsdruck noch durch eine Reihe von Missernten, die den Preis für Nahrungsmittel in die Höhe trieben. Die schlimmsten Hungerjahre fielen in die Zeit von 1593 bis 1600.”
“Verstärkt wurde der Inflationsdruck noch durch eine Reihe von Missernten, die den Preis für Nahrungsmittel in die Höhe trieben”
Die Hungerjahre sind also nur ein Teil auf schlechte Ernten zurückzuführen. Es waren also vorwiegend wohl menschengemachte Probleme – mittels der Geldpolitik – gewesen. Auch in der ehemaligen DDR spielte sich eine vergleichbare wirtschaftliche Entwicklung ab.
“Finanziert wurde die massive Industrialisierung über den niedrigen Lebensstandard, sowohl in der Stadt als auch auf dem Land”
>>Geschichte des Westens von Heinrich August Winkler (Buch) <<
“Der Koreakrieg brachte es mit sich, daß die Rüstungsindustrie besonders gefördert wurde. In Polen wuchsen die Rüstungsausgaben in den drei Kriegsjahren erst um 70, dann um 150 und schließlich um 500 Prozent. Die Schwerindustrie wäre freilich auch ohne den Krieg nach sowjetischem Vorbild gegenüber den Konsumgüterbranchen bevorzugt worden, und wie dort hatten sich auch in Ostmittel- und Südosteuropa die Volkswirtschaften an überhöhten und unrealistischen Sollziffern der Mehrjahrespläne auszurichten. Was Wlodzimierz Borodziej für Polen feststellt, gilt auch für die anderen «sozialistischen» Staaten, soweit sie nicht wie die Tschechoslowakei und die DDR schon in der «vorsozialistischen» Zeit zu den am stärksten industrialisierten Regionen Mitteleuropas gehört hatten: «Finanziert wurde die massive Industrialisierung über den niedrigen Lebensstandard, sowohl in der Stadt als auch auf dem Land. Trotz niedriger Löhne entwickelte sich angesichts vollständiger Vernachlässigung der elementaren Konsumbedürfnisse ein ständiger Inflationsdruck.»”
“Trotz niedriger Löhne entwickelte sich angesichts vollständiger Vernachlässigung der elementaren Konsumbedürfnisse ein ständiger Inflationsdruck”
Vielleicht nicht unbedingt die Schwerindustrie, aber auch heutzutage werden die wirtschaftlichen Schwerpunkt weniger beim Menschen, sondern mehr bei der Klimapolitik oder Rüstung gesetzt. Die Konsumgüter fallen hierbei eher hinten runter.
“Weniger Vielfalt im Supermarkt – Hersteller streichen Sortiment zusammen”
“Weniger Vielfalt im Supermarkt – Hersteller streichen Sortiment zusammen – Hersteller wollen Kosten senken. Produktvarianten fliegen deshalb aus dem Programm. … Denn in Zeiten der Inflation und Kaufzurückhaltung will sich Nestlé eine solch breit gefächerte Produktpalette nicht mehr leisten. … „Das ist ein gewaltiger Einschnitt und ungewöhnlich, aber vernünftig“, urteilt … Experte für Konsumgüter und Handel. Allein zur Finanzkrise 2008 habe es Sortimentsbereinigungen in ähnlichem Umfang gegeben.”
“In Zeiten der Inflation und Kaufzurückhaltung” – “Solch breit gefächerte Produktpalette nicht mehr leisten”
Der Inflationsdruck kann vermutlich auch für eine Kaufzurückhaltung sorgen. Deshalb ist wohl weniger den Unternehmen selbst ein Vorwurf zu machen.