Die gescheiterte Energiewende der kleinen Nordseeinsel Pellworm
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Die kleine Nordseeinsel Pellworm sollte als Beispiel für die Energiewende dienen. Ziel war es, auf dieser Insel zu demonstrieren, dass eine gesamte Region sich eigenständig mit Energie versorgen kann – unterstützt durch Strom aus Wind- und Sonnenenergie. Doch mittlerweile haben sich alle Beteiligten von den ursprünglichen Zielen entfernt. Dieses Versprechen der Selbstversorgung fand Unterstützung durch verschiedene prominente Persönlichkeiten aus der Politik.
Denn die Staatsräson streben nach Erfolgen im Bereich der Energiewende. Es wäre wünschenswert, die im Norden des Landes reichlich vorhandene erneuerbare Energie über das gesamte Land zu verteilen. Allerdings muss zuvor das bedeutende Speicherproblem gelöst werden. Denn Strom wird nicht nur dann benötigt, wenn die Windräder in Betrieb sind; es müssen große Speicherkapazitäten entwickelt werden, um eine kontinuierliche Energieversorgung sicherzustellen. Pellworm sollte wie unter einem Brennglas zeigen, dass dies möglich ist. Es herrschte eine beispiellose Aufbruchstimmung. Pellworm als Musterbeispiel für die gesamte Energiewende, vielleicht sogar für die Welt. Das klang vielversprechend.
Zu vielversprechend, wie sich heute herausstellt. Das Ziel der Selbstversorgung wurde nicht erreicht. Das Projekt ist weitgehend gescheitert und die Beteiligten haben sich längst anderen Vorhaben zugewandt. Zurück bleibt eine Insel, in die große Hoffnungen gesetzt wurden und die mit Versprechungen bedacht wurde, die nicht erfüllt wurden. Mit dem Bürgerwindpark, der Biogasanlage und der Photovoltaikanlage produziert Pellworm dreimal so viel Energie wie die Inselbewohner selbst konsumieren – und der Trend zeigt steil nach oben. Die größten Verbraucher sind das Schwimmbad sowie die landwirtschaftlichen Betriebe. Die kostspieligen Batteriespeicher sollten zusammen mit dezentralen Speichern in den Haushalten sicherstellen, dass dieser enorme Energieüberschuss an 365 Tagen im Jahr für die Selbstversorgung ausreicht.
Doch genau das funktioniert nicht: Auf Pellworm kam es häufig zu Stromausfällen, wodurch auch die Melkmaschinen zum Stillstand kamen. Um eine vollständige Versorgung zu erreichen, müsste die Anzahl der Batterien erheblich erhöht werden. Dafür wären viele zusätzliche Millionen Euro erforderlich. Die Abschaltungen der Anlagen – verursacht durch defekte Sensoren oder ausgefallene Klimaanlagen – sind dabei noch nicht einmal berücksichtigt. Was den Bewohnern von Pellworm am meisten schmerzt, ist die Tatsache, dass mit all dem investierten Geld kein einziger Arbeitsplatz auf der wirtschaftlich schwachen Insel geschaffen wurde.
Die Handwerksleistungen wurden an Unternehmen auf dem Festland vergeben. Die Softwareentwicklung und Auswertung der Messdaten übernahmen Projektpartner wie die Universität Aachen oder das Fraunhofer-Institut. Für die Menschen auf Pellworm hat sich die anfängliche Finanzierung nicht rentiert. Die Installationen in ihren Häusern, einschließlich der Stromspeicher und Zähler, wurden mittlerweile abgebaut. Pellworm gehört zu den zehn ärmsten Gemeinden Schleswig-Holsteins und sieht sich einigen Herausforderungen eines Entwicklungslandes gegenüber: Es verfügt über Rohstoffe und Ressourcen, doch die Energie sowie Agrarprodukte werden an Land verarbeitet. Die Wertschöpfung erfolgt auf dem Festland. Gewinne fließen nicht in die Hände der Pellwormer, und Gewerbesteuern kommen anderen Gemeinden zugute.
Von mehreren Dutzend landwirtschaftlichen Betrieben sind nur noch wenige übrig geblieben, von diesen haben viele keine Nachfolger gefunden. Die Insel droht zu veröden oder sogar auszusterben. Auf Pellworm wurden also keine realen Probleme gelöst, bestenfalls wurde ein zusätzliches geschaffen.
Zum Energieprojekt von Pellworm muss außerdem angemerkt werden, dass lediglich die Stromversorgung gesichert werden sollte. Andere Bereiche wie Wärme – also Heizung und Warmwasser – sowie Mobilität wurden einfach ignoriert. Das Versprechen der Autarkie war also nie wirklich eines. Die großangelegte Speicherung von Strom hat sich in der Praxis als völlig gescheitert erwiesen.
Denn es muss nicht nur ausreichend Strom erzeugt werden, dieser muss auch langfristig gespeichert werden können. Die dabei entstehenden Verluste sind enorm hoch. Besonders bei der Wasserstoffspeicherung bleibt am Ende kaum etwas übrig. Auch andere Speichersysteme wie Batteriespeicher sind nicht nur kostspielig, sondern müssen regelmäßig gewartet und gelegentlich ersetzt werden. Hinzu kommen noch die Wartungskosten für Windkraftanlagen und Photovoltaikanlagen. Die Gesamtkosten für einen dauerhaften Einsatz würden jeden wirtschaftlichen Rahmen sprengen. Deshalb wurde auch die Anlage wieder abgebaut, da vermutlich niemand bereit ist, die langfristigen Wartungs- und Instandhaltungskosten zu übernehmen.