Das Wesen des Freihandels

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Institutionen wie die Europäische Union sowie nationale Regierungen behaupten, sie seien die einzigen, die in der Lage sind, die Rahmenbedingungen für Märkte zu schaffen. Ohne ihre Unterstützung würden die Menschen in die Barbarei zurückfallen. Dabei haben Märkte bereits seit Urzeiten auf spontane Weise existiert. Sie waren lange vor der Entstehung staatlicher Organisationen vorhanden, wie wir sie heute kennen.

Je mehr man sich mit der Wirtschaftsgeschichte beschäftigt, desto irreführender erscheint die Annahme, dass die Etablierung eines durchorganisierten Staates den Höhepunkt der frühen kulturellen Entwicklung dargestellt hätte. Die Bedeutung des Staates wird in historischen Darstellungen oft überbewertet, da wir natürlich weitaus mehr über die Auswirkungen organisierter staatlicher Aktivitäten wissen als über die Ergebnisse spontaner Koordination individueller Bemühungen. Märkte sind seit Menschengedenken existent.

Die Agora im antiken Athen gilt als Symbol für einen Marktplatz und steht im Gegensatz zum politischen Machtzentrum der Akropolis. Auch der Seehandel im Mittelmeer war bereits in der Antike stark ausgeprägt, ohne dass ein Staat ihn organisiert oder gefördert hätte. Der Einflussbereich der Hanse im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit stellt ein weiteres Beispiel für ein spontan entstandenes Netzwerk von Händlern dar. Zu jener Zeit gab es noch keine Staaten im modernen Sinne eines territorialen Gewaltmonopols. Bei der Hanse kamen nicht staatliche Gesetze zur Anwendung, sondern niederdeutsche Rechtsgewohnheiten.

Auch heute lässt sich auf Schulpausenhöfen oder Spielplätzen beobachten, wie Märkte entstehen, wenn Kinder beginnen, Sammelbilder zu tauschen. Ähnliches kann man im Internet feststellen, wo Bitcoin-Börsen an Bedeutung gewinnen. Es ist einfach menschlich, durch Tausch eine Verbesserung der eigenen Situation anzustreben. So entstehen Märkte spontan – ohne das Zutun von Politikern und Bürokraten.

Es sind also nicht Regierungen, die Märkte ins Leben rufen. Vielleicht heben sie einmal Zollbeschränkungen oder Preiskontrollen auf und preisen dies als herausragende Leistung an. Dabei beseitigen sie lediglich Handelshemmnisse, die sie zuvor selbst den Menschen auferlegt hatten. Streng genommen stellen sie nur den Normalzustand wieder her, in dem jeder mit jedem handeln und Tauschgeschäfte tätigen kann. Warum gibt es jedoch Handelsabkommen, die von Staatsvertretern und Lobbyisten der Industrie ausgehandelt werden? Ist es vielleicht nicht vielmehr so, dass es nicht um echten Freihandel geht, sondern darum, bestimmten Interessengruppen zu ermöglichen, ihre Marktposition zu bewahren und auszubauen? Wenn Regierungen tatsächlich an echtem Freihandel interessiert wären, müssten sie nichts weiter tun, als ihren Bürgern und Unternehmen die bestehenden Einschränkungen zu nehmen, die sie daran hindern, freiwillig Verträge abzuschließen – jederzeit und ohne Berücksichtigung von Grenzen.

Es gibt zudem weitere gewichtige Gründe dafür, dass Märkte nicht auf einem politischen Reißbrett entworfen und vor allem nicht gesteuert werden können. Die Herstellung eines Laserroboters und sein Funktionieren sind komplexe Vorgänge. In einem komplizierten System existieren keine unerwarteten oder unkalkulierbaren Wechselwirkungen – vorausgesetzt natürlich, alles ist fehlerfrei konstruiert und montiert. Drückt man einen Knopf, erfolgt die gewünschte Reaktion.

Gesellschaften und Volkswirtschaften werden letztlich auch von Menschen gestaltet; ihre Strukturen sind jedoch spontan entstanden und sind nicht kompliziert, sondern komplex. In komplexen Systemen gibt es unvorhersehbare und starke Wechselwirkungen. Je größer gesellschaftliche Einheiten sind, desto komplexer sind sie; desto mehr Wissen ist vorhanden und desto dezentraler ist dieses Wissen verteilt. Der entscheidende Unterschied zwischen komplizierten und komplexen Systemen zeigt sich in den Auswirkungen einer Handlung: In einem komplizierten System ist das Ergebnis bekannt; in einem komplexen hingegen nicht. Dort ist Wissen dezentral verteilt und kann nicht zentralisiert werden. Je stärker das Wissen dezentralisiert ist, desto unmöglicher wird eine zentrale Steuerung.