Berechnungsmethode: Könnte die Vermögenssteuer viele Menschen zu Millionären machen?
Eine neuartige Vermögenssteuer ist für viele Menschen schwer vorstellbar. Gleichzeitig handelt es sich bei diesem Thema um eine typische Neiddebatte, ganz nach dem Prinzip, dass die Wohlhabenden zur Kasse gebeten werden sollen. Dadurch werden zahlreiche Bürger gegeneinander ausgespielt, doch ist die Vermögenssteuer wirklich so unrealistisch? Immerhin existiert bereits die Grundsteuer, die ebenfalls als eine Form der Vermögensbesteuerung betrachtet werden kann.
“Hausbesitzer ist plötzlich fast Millionär – aber nur für das Finanzamt”
“Hausbesitzer ist plötzlich fast Millionär – aber nur für das Finanzamt – Mit der neuen Berechnungsmethode wird das Grundstück der Familie nun auf stolze 970.000 Euro geschätzt – ein Sprung um mehr als das Dreifache gegenüber dem Wert von 305.000 Euro im Jahr 2021. „Das ist unglaublich. Wir wussten zwar um die Wertsteigerung, aber dass sie so extrem ausfallen würde, hätten wir nicht gedacht“, sagt der 62-jährige Familienvater im Gespräch mit FOCUS online.”
“Mit der neuen Berechnungsmethode wird das Grundstück der Familie nun auf stolze 970.000 Euro geschätzt”
Für das Finanzamt kann man folglich sehr rasch als Millionär gelten, ohne tatsächlich einer zu sein oder finanziell davon zu profitieren. Bedauerlicherweise ist dies kein Einzelfall.
“Grundsteuer-Chaos: Wenn das Finanzamt Gartenland zu Gold macht”
“Grundsteuer-Chaos: Wenn das Finanzamt Gartenland zu Gold macht – Ein Gartengrundstück für 33.000 Euro gekauft, plötzlich soll es 852.000 Euro wert sein. Die neue Grundsteuer macht aus einem Garten ein teures Goldstück.”
“Ein Gartengrundstück für 33.000 Euro gekauft, plötzlich soll es 852.000 Euro wert sein”
Die Diskussion über die Grundsteuer verdeutlicht bereits eindrucksvoll, in welche Richtung eine zukünftige Vermögenssteuer tendieren könnte. Die Herausforderung bei einer solchen Steuer wird vermutlich weniger die Steuer an sich sein, sondern vielmehr die Grundlage für die Bewertung des Vermögens. Wer kann tatsächlich den Wert eines Grundstücks, eines Fahrzeugs, von Schmuckstücken, Gemälden oder Antiquitäten zuverlässig bestimmen? Oftmals sind selbst Fachleute uneinig, und das Finanzamt könnte letztlich das höchste Gebot auswählen. Ist das wirklich so weit hergeholt? Der Spitzensteuersatz hat eine ähnliche Entwicklung durchlaufen.
“Immer mehr Deutsche müssen den Höchststeuersatz zahlen”
“Immer mehr Deutsche müssen den Höchststeuersatz zahlen. Was einst für die wirklich Reichen gedacht war, trifft heute den deutschen Mittelstand in voller Breite. … Historisch liegt dem Spitzensteuersatz die Vorstellung zugrunde, dass nur Spitzenverdiener dem Spitzensteuersatz unterliegen und daher sehr hohe Steuersätze zu einer gerechten Umverteilung führen.”
“Was einst für die wirklich Reichen gedacht war, trifft heute den deutschen Mittelstand in voller Breite”
Das Finanzamt ist beim Höchststeuersatz folglich kaum etwas aktiv tun. Die Inflation und die kalte Progression haben auf unscheinbare Weise ihren Einfluss ausgeübt. Der Mittelstand kann sich heutzutage oft als vermeintlich “wohlhabend” empfinden, ohne tatsächlich einen entsprechenden Vorteil daraus zu ziehen. Der tatsächliche Verlust der Kaufkraft infolge der Inflation bleibt hingegen weitgehend unerwähnt. Bereits jetzt unterliegen selbst Zinsen, die unter der Inflationsrate liegen, der vollen Besteuerung.
“Vermögen einen Kaufkraftverlust erleidet und gleichzeitig darauf einen »Gewinn« versteuern muss”
>>Einspruch!: Warum unser Geld Privatsphäre verdient von Andreas Lusser (Buch) <<
“Aus Sicht des Sparers ist es absolut grotesk, wenn er mit seinem Vermögen einen Kaufkraftverlust erleidet und gleichzeitig darauf einen »Gewinn« versteuern muss. In einigen Ländern, wie beispielsweise der Schweiz, ist der Kapitalgewinn zwar steuerfrei, die Anlagen in Zinsprodukte, deren Zinsen unter der Inflationsrate liegen, werden aber besteuert, ebenso wie Dividenden von Wertschriften und das Vermögen selbst. In Deutschland gibt es keine Vermögenssteuer, dafür werden realisierte Kapitalgewinne, Dividenden und Zinserträge besteuert – ebenfalls unterhalb der Inflationsgrenze.”
“Werden realisierte Kapitalgewinne, Dividenden und Zinserträge besteuert – ebenfalls unterhalb der Inflationsgrenze”
Eine sorgfältige Analyse zeigt, dass es letztlich eine Art Vermögenssteuer ist, wenn Kapitalgewinne, die unterhalb der Inflationsrate liegen, besteuert werden. Wahrscheinlich wird jedoch niemand im Amt und Würden dies offen aussprechen. Dabei reicht die Diskussion über die Erbschafts- und Vermögenssteuer weit zurück und hat ihren Ursprung bereits in der Zeit des Kaiserreichs.
“Die hohen Branntweinpreise sollten einen fiskalischen und einen volksgesundheitlichen Aspekt haben”
>>Zum Teufel mit der Steuer! von Reiner Sahm (Buch) <<
“Die hohen Branntweinpreise sollten einen fiskalischen und einen volksgesundheitlichen Aspekt haben. Sydows Vorhaben erstreckte sich auch auf die Besteuerung von elektrischem Strom, Gas und Zeitungsanzeigen und auf die Verdoppelung der Matrikularbeiträge. Er rechnete mit Einnahmen von 100 Millionen Mark. Diese Reformvorhaben lösten sowohl im Reichstag als auch in der Öffentlichkeit eine außerordentlich heftige Debatte aus. Am 24. Juni 1909 lehnte der Deutsche Reichstag die Erbschaftsteuer ab. Die Konservativen, das Zentrum und die polnische Fraktion stimmen gegen die Vorlage, was faktisch das Ende des „Bülow Blocks“ bedeutet. Da die geplante Erbschaftsteuer Kernstück der Finanzreform war, hatte dies zur Folge, dass Reichskanzler Bernhard von Bülow 1909 und wenig später der Staatsekretär des Reichsschatzamtes zurücktrat.”
“Am 24. Juni 1909 lehnte der Deutsche Reichstag die Erbschaftsteuer ab”
Bereits zu jener Zeit wurden “ehrenhafte Motive” zur Begründung der Einführung von Steuern angeführt, und auch Vorläufer der Vermögenssteuer – unter verschiedenen Bezeichnungen – standen bereits zur Diskussion. Die auf diese Weise erhobenen Steuern fanden jedoch kaum Verwendung zur Bekämpfung von Armut, sondern eher für allgemeine weltpolitische Zwecke.
“Die Gesamteinnahmen hatten sich seit Reichsbeginn insgesamt verdreifacht”
>>Zum Teufel mit der Steuer! von Reiner Sahm (Buch) <<
“Die Gesamteinnahmen hatten sich seit Reichsbeginn insgesamt verdreifacht. In der Zeit von 1875 bis 1913 stiegen jedoch die Ausgaben von 619 Millionen Mark auf 3,4 Milliarden Mark, also um mehr als das Fünffache. Die Steigerung der Ausgaben basierten im Wesentlichen auf der Entscheidung, aktiv Weltpolitik zu betreiben und eine Flotte zu bauen. In den Jahren 1897/98 und in den folgenden Jahren erhöhten sich die Rüstungsausgaben so dramatisch, dass diese die vorhandenen Einnahmen überstiegen. Für die Finanzierung der erhöhten Rüstungsanstrengungen wurde 1913 eine einmalige Vermögensabgabe, der sogenannte Wehrbeitrag beschlossen und gleichzeitig eine laufende Vermögenszuwachssteuer zugunsten des Reicheseingeführt. Die Einführung dieser direkten Steuer – und nicht eine Erhöhung der indirekten Steuern – war dem Umstand zu verdanken, dass die SPD in der Reichstagswahl von 1912 einen beachtlichen Stimmenzuwachs zu verzeichnen hatte.”
“Für die Finanzierung der erhöhten Rüstungsanstrengungen wurde 1913 eine einmalige Vermögensabgabe”
Es handelt sich demnach im Wesentlichen um eine Entwicklung, die bis zur Zeit der Kaiser zurückverfolgt werden kann. Der Staat strebte und strebt danach, Einfluss auf die Weltpolitik zu nehmen, was selbstverständlich die Staatsfinanzen belastet, und neue Steuern sollen dazu dienen, diese leeren Kassen wieder aufzufüllen.