Bangladesch: Verfassungsreform bedroht Religionsfreiheit

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Christen in Sorge wegen Bestrebungen von staatlicher Expertenkommission

Obwohl fast 90 % der Bevölkerung Muslime sind, ist Bangladesch offiziell ein säkularer Staat. Dies ist in der Verfassung explizit festgelegt und von größter Bedeutung für Christen und andere religiöse Minderheiten. Doch nun hat die Kommission für Verfassungsreform vorgeschlagen, diese Festschreibung aus der Verfassung zu streichen. Christen reagieren alarmiert, einige befürchten eine Entwicklung bis hin zur Einführung der Scharia.

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Von Open Doors

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Derzeitige Verfassung schützt Minderheiten

Seit dem erzwungenen Rücktritt der langjährigen Premierministerin Sheikh Hasina Wajed im August 2024 hat die Anzahl der christenfeindlichen Übergriffe im ganzen Land spürbar zugenommen. In dieser Situation löst der aktuelle Vorschlag der Kommission für Verfassungsreform große Besorgnis unter Christen und Angehörigen anderer religiöser Minderheiten aus.

In der jetzigen Verfassung werden Demokratie, Säkularismus, Patriotismus und soziale Gerechtigkeit in der Verfassung als Grundprinzipien des Staates genannt. Der aktuelle Vorschlag der Kommission sieht unter anderem vor, „Säkularismus“ aus der Verfassung zu streichen.

Angesichts der starken islamischen Prägung Bangladeschs kommt der Erwähnung von Säkularismus an dieser zentralen Stelle große Bedeutung zu, denn sie stellt klar: Der Staat räumt allen Bürgern die gleichen Rechte und Chancen ein – unabhängig von der Religion. In Fällen von Diskriminierung oder Verfolgung garantiert die Verfassung in ihrer jetzigen Form Angehörigen religiöser Minderheiten, dass sie sich auf ihre Rechte berufen und Hilfe bei staatlichen Institutionen suchen können.

Thomas Müller von der Forschungsgruppe „World Watch Research“ von Open Doors erklärt: „In der Vergangenheit hat die Regierung von Sheikh Hasina Wajed einige Anstrengungen unternommen, die Aktivitäten islamischer Extremisten einzugrenzen. Nach dem Regierungswechsel ist die öffentliche Ordnung in einigen Bereichen noch nicht wieder vollständig hergestellt und es spricht einiges dafür, dass der Einfluss dieser Gruppen zunimmt.“

Die Besorgnis über die Einführung der Scharia wird aufgrund der zunehmenden Verfolgung und Unterdrückung religiöser Minderheiten im Land durch radikale islamische Gruppen immer größer.

„Wir beten dafür, dass Gott diese Reform verhindert“

Besonders Christen muslimischer Herkunft sind wegen ihrer Konversion oft schwerer Verfolgung ausgesetzt, da ihre Abkehr vom Islam Muslimen und besonders extremistischen Gruppen ein Dorn im Auge ist. Das gilt insbesondere für die nördlichen Landesteile, wo Konvertiten immer wieder tätlichen Angriffen ausgesetzt sind und teilweise öffentlich zur Abkehr von ihrem christlichen Glauben gezwungen werden. Diese Vorfälle sorgen auch unter der übrigen Bevölkerung für eine zunehmend feindselige Stimmung gegenüber den Christen.

Die angestrebte Verfassungsreform könnte deshalb nach Einschätzung einheimischer christlicher Leiter für die Christen nicht nur zu einer Einschränkung ihrer Rechte führen, sondern das gemeindliche Leben an vielen Stellen erschweren. Einer der lokalen Partner von Open Doors aus dem westlichen Teil des Landes erklärte, ein solcher Schritt werde sich „direkt auf das Leben der religiösen Minderheiten im Land, einschließlich der Christen, auswirken. Sie werden die Freiheit verlieren, ihren eigenen Glauben frei und offen zu praktizieren. Dies ist der erste Schritt zur Einführung der Scharia.“ Und weiter: „Wir beten aktiv dafür, dass Gott dies verhindert und einen alternativen, besseren Weg für den Schutz der Rechte der religiösen Minderheiten findet.“

Auf dem Weltverfolgungsindex 2025 steht Bangladesch an 24. Stelle unter den Ländern, in denen Christen am stärksten wegen ihres Glaubens verfolgt werden.