Bahnstrecke Cottbus–Görlitz: Die vernachlässigte Infrastruktur
Die Bahnstrecke Berlin–Görlitz ist – nach zahlreichen Streckenstilllegungen – die einzigst noch verbliebene durchgehende Nord-Süd-Verbindung in der Lausitz. Der Bahnverkehr steht bei politischen Vertretern im Allgemeinen hoch im Kurs und kaum eine Partei will sich dem Vorwurf gefallen lassen: Den Schienenverkehr zu vernachlässigen.
„Mehr Verkehr auf der Schiene wird es nur geben, wenn wir für eine Schieneninfrastruktur mit ausreichender Kapazität und hoher Qualität sorgen, sowie für faire Rahmenbedingungen im Wettbewerb innerhalb des Schienensektors wie auch unter den Verkehrsträgern. Hier ist der Bund i n der Pflicht, dafür zu sorgen, dass im Zusammenspiel von Infrastrukturunternehmen sowie bundeseigenen und nicht -bundeseigenen Eisenbahnverkehrsunternehmen ein hochwertiges Verkehrsangebot sowohl für Fahrgäste als auch für Verlader zur Verfügung steht.“
Ein Wermutstropfen: Sobald es um konkrete Bauvorhaben geht, fährt der politische Zug in den jeweiligen Regierungszentralen plötzlich in eine ganz andere Richtung.
„Die Bundesregierung lehnt den Plan der Länder Sachsen und Brandenburg ab, gemeinsam die Vorplanung der Elektrifizierung der Bahnstrecke Cottbus–Görlitz zu finanzieren. Das geht aus einer Antwort des Bundesverkehrsministeriums an den bündnisgrünen Bundestagsabgeordneten Stephan Kühn hervor. In dem von Staatssekretär Enak Ferlemann unterzeichneten Schreiben heißt es, dass der Bund einer Planungsvereinbarung erst zustimmen könne, wenn das Projekt im vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplanes stehe. Außerdem fehle derzeit noch eine Untersuchung, welche Kosten und welcher Nutzen sich aus einer Elektrifizierung des rund 93 Kilometer langen Abschnitts ergeben würden. „Ich hoffe, Ihnen mit diesen Angaben gedient zu haben“, endet Ferlemanns Brief an Kühn.“
Anders als Bundesverkehrsministerium offiziell verlautbaren lässt: Gibt es sehr wohl eine positiv beschiedene Potenzialanalyse.
„Für die Potenzialanalyse der Verbindung Cottbus-Horka-Görlitz wurden fast 100 regionale und überregionale Unternehmen sowie nahezu alle in oder durch die Lausitz verkehrenden Eisenbahnverkehrsunternehmen befragt. Die Analyse stellt fest, dass die heute eingleisige und unelektrifizierte Strecke schnellstmöglich durchgängig elektrifiziert werden muss. Nur so könne eine schnelle und effiziente Anbindung von Berlin über Cottbus und Görlitz bis nach Polen gewährleistet werden. … Unternehmen wären bei durchgehender Elektrifizierung bereit, künftig vier Mal so viele Güter über diese Strecke zu transportieren, als dies heute der Fall ist. Die Gütermenge würde sich von heute unter einer Million Tonnen auf fast vier Millionen Tonnen pro Jahr erhöhen. Die reguläre Fahrzeit der Zugverbindung von Berlin nach Breslau (Polen) beträgt heute über 5 Stunden. Bei einer Elektrifizierung des letzten fehlenden Streckenabschnittes von Cottbus bis Görlitz würde sich die Fahrzeit von Berlin nach Breslau um fast eine Stunde auf 4:15 h verkürzen. Damit wäre die Zugverbindung ähnlich schnell wie die Fahrt mit dem Auto oder dem Fernreisebus.“
Die IHK-Cottbus repräsentiert 6.000 Mitgliedsunternehmen und fordert den Ausbau der besagten Bahnstrecke. Außerdem würde durch die Erweiterung der Strecke: Die Nachfrage nach Schienenfahrzeugen steigen und damit den Werken in Görlitz und Bautzen zugute kommen.