“Bahnchefs haben die Bahninfrastruktur in Deutschland zerstört, dermaßen zerstört, dass auf unabsehbare Zeit ein ordentlicher (Güter)-Zugverkehr unmöglich ist”

Screenshot youtube.com Screenshot youtube.com

Welche Lehren lassen sich aus der Ära der Dampflokomotiven am Ende des 19. Jahrhunderts ziehen? Auch zeitgenössische Züge nutzen weitestgehend dieselbe Infrastruktur und sehen sich ähnlichen Herausforderungen gegenüber. Allerdings hat sich die Schieneninfrastruktur seit jener Zeit erheblich verschlechtert.

“Pünktlich wie die Eisenbahn” – “Hieß auch zu Dampflokzeiten Ende des 19. Jahrhunderts”

>>Baustellen der Nation von Philip Banse & Ulf Buermeyer (Buch) <<

»Pünktlich wie die Eisenbahn«, das hieß auch zu Dampflokzeiten Ende des 19. Jahrhunderts nicht auf die Sekunde genau. Es hieß vor allem: pünktlicher als die Postkutsche. Denn die Eisenbahn hatte exakte Fahrpläne mit klaren Ankunfts- und Abfahrtszeiten. Das war möglich, weil Schienenverkehr prinzipiell sehr berechenbar ist. Ein Zug mit Fahrtempo x benötigt so und so lange für eine Strecke der Länge y. Dort hält er z Minuten, damit die Fahrgäste ein- und aussteigen können. Dann fährt er die nächste Teilstrecke von so und so vielen Kilometern und benötigt dafür so und so viel Zeit. Ein System, in dem Pünktlichkeit fast wie ein Naturgesetz erscheint. Neuralgische Stellen, an denen Züge langsamer fahren müssen, lassen sich ebenso in den Fahrplan einrechnen wie allgemeine Zeitpuffer für unvorhergesehene Zwischenfälle: ein defektes Signal, eine gestörte Oberleitung, Kühe, die Gleise kreuzen, eine Bahnschranke, die sich nicht schließen lässt. Doch die Puffer stoßen an Grenzen, wenn einfach zu viel kaputtgeht, und das auch noch immer öfter. Diese vielen technischen Probleme sind kein Zufall: Ausfälle sind absehbar, wenn Schienen, Schranken, Leitungen und Züge nicht ausreichend gewartet werden oder wenn minderwertige Materialien verbaut sind.”

“Puffer stoßen an Grenzen, wenn einfach zu viel kaputtgeht, und das auch noch immer öfter”

Es wird jedoch nicht lediglich minderwertiges Material verwendet, sondern die Probleme gehen noch viel weiter und betreffen die Substanz selbst. Das Schienennetz wurde erheblich reduziert.

“Bahnchefs haben die Bahninfrastruktur in Deutschland zerstört, dermaßen zerstört, dass auf unabsehbare Zeit ein ordentlicher (Güter)-Zugverkehr unmöglich ist”

>>Schaden in der Oberleitung von Arno Luik (Buch) <<

“Die Bahnchefs haben die Bahninfrastruktur in Deutschland zerstört, dermaßen zerstört, dass auf unabsehbare Zeit ein ordentlicher (Güter)-Zugverkehr unmöglich ist.  … Die vernünftige Alternative zu diesem überbordenden Autoverkehr aber, die Bahn, wurde im selben Zeitraum von den Verantwortlichen demontiert: Um über 20 Prozent wurde das Schienenetz zurückgebaut. Konkret: Am 1. Januar 1994 gab es in Deutschland exakt 40 457 Schienenkilometer. Heute sind es bloß noch 33 448 Kilometer. Außerdem: Gab es 1994 noch 131 968 Weichen und Kreuzungen, so sind es heute noch 70 031 Stück. Der Raubbau an der Schiene zeigt sich noch an einer anderen Zahl: Gab es 1994 noch rund 11 742 Gleisanschlüsse für Industriebetriebe, so waren es 2018 bloß noch 2 357, Tendenz weiter sinkend.”

“1994 noch 131 968 Weichen und Kreuzungen, so sind es heute noch 70 031 Stück”

Obwohl die Zahlen möglicherweise nicht mehr dem neuesten Stand entsprechen, wird die Richtung der Entwicklung umso klarer. Bereits vor der Wiedervereinigung wurde das Schienennetz in Westdeutschland erheblich reduziert. Jetzt mangelt es nicht nur an Ausweichstrecken, sondern sogar an Abstellplätzen für Züge.

“Weil bisweilen nachts die Abstellmöglichkeiten fehlen, muss die Deutsche Bahn einige Züge an anderen Standorten parken”

>>Spiegel<<

“Weil bisweilen nachts die Abstellmöglichkeiten fehlen, muss die Deutsche Bahn einige Züge an anderen Standorten parken. »In Einzelfällen können Abstellfahrten aufgrund von Bauarbeiten auch länger dauern«, sagte ein Bahn-Sprecher der Nachrichtenagentur dpa. Genauere Angaben machte er auch auf Nachfrage nicht.”

“n Einzelfällen können Abstellfahrten aufgrund von Bauarbeiten auch länger dauern”

Die Informationspolitik der Bahn scheint offensichtlich Verbesserungsbedarf zu haben. Anscheinend setzt sich die Problematik bezüglich der Abstellfahrten fort, was zusätzliche Herausforderungen mit sich bringt.

“Geisterzüge” – “Lokführer müssen stundenlang nachts fahren und fehlen dann tagsüber für reguläre Dienste”

>>Focus<<

“Wie der „Tagesspiegel“ berichtet, sollen fünf oder sechs solcher Geisterzüge unterwegs sein. Lokführer müssen stundenlang nachts fahren und fehlen dann tagsüber für reguläre Dienste. Dadurch kommt es zu Lücken im Dienstplan der Deutschen Bahn. Allerdings kommt es dadurch zu „keinen Zugausfällen für unsere Fahrgäste“, wie eine Bahn-Sprecherin FOCUS online mitteilt. Gelegentlich werden die Züge künstlich angehalten, um die Fahrzeit zu verlängern. Dies treibt die Kosten in die Höhe.”

“Geisterzüge” – “Gelegentlich werden die Züge künstlich angehalten, um die Fahrzeit zu verlängern”

Für diese Form von Geisterfahrten sind ebenfalls zusätzliche Instandhaltungsarbeiten an den Zügen erforderlich. Besonders die sensible Technik der Hochgeschwindigkeitszüge benötigt regelmäßige Wartung, und je häufiger diese Züge im Einsatz sind, desto höher gestalten sich die Kosten für die Wartung. Letztendlich wird die Bilanz mit eingesparten Abstellgleisen und vermutlich auch Ausweichstrecken kaum positiv ausfallen.