Algerien: Urteil gegen Pastorenehepaar aufgehoben

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Geschlossene Kirchen und Strafverfahren setzen Christen in Algerien weiterhin unter großen Druck

Am 30. Juni gab ein algerisches Gericht dem Berufungsantrag von Pastor Ahcene Ferchiche und seiner Frau statt. Beide waren zu einer einjährigen Haftstrafe im Zusammenhang mit ihren gemeindlichen Aktivitäten verurteilt worden. Der Freispruch ist ein seltener Lichtblick für die christliche Gemeinschaft im Land. Doch der Druck auf sie bleibt angesichts immer neuer und noch offener Verfahren gegen Christen sowie zahlreicher Kirchenschließungen sehr hoch.

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Von Open Doors

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Zehn Jahre unbehelligt – dann kam die Polizei

„Das ist eine gute Nachricht für mich, meine Frau und unsere Kirche. Ich danke dem Herrn und allen, die mich in dieser schweren Zeit unterstützt und für mich gebetet haben“, sagte Ahcene, der nach der Verkündigung des Urteils sichtlich erleichtert war. Seine Frau und er waren angeklagt und verurteilt worden, weil sie ohne Genehmigung eine nicht islamische Religion praktiziert hatten. Das Ehepaar leitet eine Gemeinde in der Kleinstadt Ait-Douala (oder Béni-Douala) in der Provinz Tizi Ouzou.

Begonnen hatten die Schwierigkeiten für die beiden im November 2021. Damals hatte die Polizei den jungen Pastor aufgesucht und ihn zur Rede gestellt. Ahcene erinnert sich: „Sie verlangten von mir eine Genehmigung zur Ausübung der christlichen Religion und drohten mir, mich zu verhaften, wenn ich ohne diese Genehmigung weiterhin Gottesdienste abhielte.“ Die Kirche, in der Ahcene dient, ist rechtlich mit dem Dachverband protestantischer Kirchen Algeriens (Église Protestante d’Algérie, EPA) verbunden. Als die Polizei den Pastor aufsuchte, existierte die Kirche bereits seit über zehn Jahren, ohne dass es jemals Probleme gegeben hätte.

Unter dem Druck der Behörden beschloss das Pastorenehepaar schließlich, das Kirchengebäude im April 2023 zu schließen. Dies verhinderte jedoch nicht, dass Ahcene und seine Frau wegen „ungenehmigter Ausübung einer anderen Religion als des Islams“ strafrechtlich verfolgt wurden. Als Grundlage diente die Verordnung 06-03 aus dem Jahr 2006, in der die Bedingungen für die Ausübung nicht muslimischer Religionen in Algerien festgelegt sind. Unter ähnlichen Vorzeichen wurden in den vergangenen Jahren zahlreiche Kirchen geschlossen, was unter anderem den UN-Menschenrechtsrat beschäftigt hat.

Berufungsverfahren mehrerer Christen anhängig

Derzeit sind andere Berufungsverfahren verurteilter Christen noch offen. Dazu gehört etwa der Fall von Pastor Youssef Ourahmane oder der von fünf Christen einer Kirche in Tizi Ghenif. Die Fünf waren im November 2023 zur jeweils drei Jahren Haft und Pastor Ourahmane, Vizepräsident der EPA, im September zu zwei Jahren verurteilt worden. Das Strafmaß von Pastor Ourahmane wurde in einem ersten Berufungsverfahren auf ein Jahr reduziert, die zusätzliche Geldstrafe in Höhe von 100.000 Algerischen Dinar (ca. 690 €) jedoch aufrechterhalten. Sowohl Ourahmanes Fall als auch die Fälle der anderen fünf verurteilten Christen aus Tizi Ghenif liegen jetzt beim höchsten Gericht Algeriens.

In den vergangenen Jahren haben Staatsbeamte auf den verschiedenen Ebenen der Verwaltungshierarchie die Freiheit von Christen zunehmend eingeschränkt. Kirchen wurden geschlossen oder nicht wieder eröffnet, und es wurde Gemeindeleitern mit rechtlichen Konsequenzen gedroht, sollten die Treffen nicht eingestellt werden. So stieg im Berichtszeitraum des Weltverfolgungsindex 2024 der staatliche Druck auf protestantische Christen auf ein Maß an, das in den vergangenen Jahrzehnten noch nie erreicht worden war. Algerien steht dort an 15. Stelle unter den Ländern, in denen Christen am stärksten wegen ihres Glaubens verfolgt werden.