Kamerun: „Betet, dass unsere Kinder zu uns zurückkehren!“
Eltern entführter Kinder hoffen auf Gottes Eingreifen und unsere Gebete
Es war gegen 20 Uhr. Der zehnjährige Joseph verbrachte wie so oft die letzten Minuten vor dem Essen gemeinsam mit seinem Vater. „Er saß auf dem Bein meines Mannes, ich konnte sie lachen hören, während er auf das Telefon seines Vaters schaute“, beschreibt Josephs Mutter Médéké die beschauliche Szene. Es sind ihre letzten Erinnerungen vor seiner Entführung. Médéké und ihr Mann bitten uns um Gebet – und sie sind nicht die Einzigen.
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Von Open Doors
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Leben mit der Ungewissheit
Zwischen 2022 und 2024 hat die dschihadistische Gruppe Boko Haram immer wieder Überfälle auf Dörfer im Bezirk Mayo-Tsanaga verübt. Er ist der Teil der Region Far North im Norden Kameruns, der unmittelbar an der Grenze zu Nigeria liegt. Dabei entführten die Angreifer mindestens sechs christliche Kinder. Bis heute haben ihre Familien keine Nachricht erhalten und wissen nicht einmal, ob sie noch am Leben sind. Die Eltern haben sich nun mit einer verzweifelten Bitte an unsere lokalen Partner gewandt: das Gebet des weltweiten Leibes Christi.
Eines der gekidnappten Kinder ist Joseph. Seine Familie lebt in der Ortschaft Goldavie, das im Gebiet von Mayao-Tsanaga liegt. „Es war an einem Mittwoch im Mai 2023“, berichtet Médéké. „Ich werde diesen Tag nie vergessen.“ Médéké ist in ihren Vierzigern und hat noch vier weitere Kinder. Joseph ist ihr drittes Kind.
An diesem Mittwochabend sah zunächst niemand die Männer kommen; aber das Geräusch der Schüsse sorgte schlagartig dafür, dass alle aufsprangen und die Flucht ergriffen. Wegen der seit Jahren wiederkehrenden Angriffe sind die Dorfbewohner sensibilisiert und wissen, was zu tun ist. Médéké erklärt, dass in solchen Situationen normalerweise alle in die Berge rennen, um sich zu verstecken. „Also lief ich los. Als ich mich umdrehte, sah ich Joseph, der die Hand meines Mannes hielt. Beide rannten ebenfalls zum Berg …“ Doch in dem Chaos wurde Joseph von seinem Vater getrennt und begann, ihn zu suchen. „Ein Nachbar erklärte, er habe gesehen, wie der Junge nach Hause gerannt sei und überall den Namen meines Mannes gerufen habe. Aber als der Nachbar Joseph auffordern wollte, wegzulaufen, hat einer der Männer ihn weggetragen“, erzählt Médéké mit Tränen in den Augen.
Ausschließlich Kinder von Christen betroffen
Aus Nigeria wird immer wieder berichtet, dass es bei derartigen Entführungen um Lösegeld geht. In der gegenwärtigen Situation hofft Médéké sogar darauf, dass es auch bei Joseph so ist. Doch sie sagt: „Ich warte bis heute auf einen Anruf und eine Lösegeldforderung, aber niemand hat sich bei mir gemeldet. Ich weiß nicht, was aus meinem Sohn geworden ist. Es tut so weh, wenn ich an ihn denke!“
Nach dem Angriff weigerte sich Médéké drei Tage lang zu essen. „Ich habe Gott gebeten, mich zu stärken, denn ich hatte nur wenig Kraft. Manchmal wache ich nachts auf und weine … Ich kann es nicht vergessen. Bitte betet für mich!“, fleht Médéké unsere Mitarbeiter an.
Pastor Jean, Leiter der evangelischen Kirche in Mayo-Tsanaga, berichtet, dass gezielt christliche Kinder entführt werden – muslimische Kinder nehmen die Kämpfer von Boko Haram bei ihren Angriffen nicht mit. Er leidet mit den Familien der Entführten und formuliert ihre Sehnsucht: „Wir wollen Frieden in unseren Herzen, in unseren Dörfern, in unserem Land … Bis heute wissen wir nichts, keine Nachricht, keine Spur von unseren Kindern. Ja, gerade jetzt bitten wir darum, dass ihr für uns betet“, fleht er.
Jesus sagt: „Wenn zwei unter euch einig werden auf Erden, worum sie bitten wollen, so soll es ihnen widerfahren von meinem Vater im Himmel.“ (Matthäus 18,19)