Öffentliche Unternehmen und Staatsfonds – Ist es möglich, dass ein Staat ohne Steuern auskommt?
Was wäre, wenn niemand mehr Steuern entrichtet? Würde in diesem Fall tatsächlich Anarchie herrschen? Die Realität der Einnahmen und Ausgaben des Staates gestaltet sich jedoch etwas differenzierter. Der Staat könnte durchaus auch ohne Steuererträge bestehen, und teilweise geschieht dies bereits heute. Dennoch wird an verschiedenen Stellen ein düsteres Szenario skizziert.
“Was würde passieren, wenn keiner mehr Steuern zahlt?”
“Was würde passieren, wenn keiner mehr Steuern zahlt? – Den Spruch „Anarchie ist machbar, Herr Nachbar“ könnten wir dann alle hautnah spüren. Zuerst wären wohl die Jungen (Kita, Schulen) und die Alten betroffen. Deutschland hätte auch kein Geld mehr für das Gesundheitssystem und würde ganz schnell finanziell schlecht da stehen. Keine Bank würde noch einen Kredit geben. Für „Recht und Ordnung“ würden nicht mehr Polizei und Gerichtsbarkeit sorgen, sondern, wenn überhaupt, private Söldner. Das alles würde Mafiastrukturen fördern. Und schließlich wäre auch unsere nationale Sicherheit nicht mehr gegeben – ohne Armee. Ein desolates Land lädt doch gerade dazu ein, von anderen Staaten eingenommen zu werden.”
“Den Spruch „Anarchie ist machbar, Herr Nachbar“ könnten wir dann alle hautnah spüren”
Die Sicherheit im öffentlichen Raum ist derzeit kaum gewährleistet, und viele Personen, die es sich leisten können, ziehen sich in sogenannte Gated Communities zurück. In den Ländern Island und Costa Rica existieren keinerlei militärische Streitkräfte. Das Gesundheitssystem hierzulande wird größtenteils durch Sozialabgaben finanziert. Die meisten Kindergärten sind überwiegend kostenpflichtig, und viele Eltern entscheiden sich bereits jetzt für Privatschulen, um ihren Kindern eine qualitativ hochwertigere Bildung zu bieten. Diese Argumente scheinen also nicht wirklich stichhaltig zu sein, dennoch sind zahlreiche prägnante Aussagen zu hören.
“Die Gesellschaft funktioniert nur mit Steuern”
>>Deutsche Steuergewerkschaft<<
“Tag der Steuergerechtigkeit – „Die Gesellschaft funktioniert nur mit Steuern“ – Denn die Solidargemeinschaft in Deutschland werde ausschließlich durch Steuern finanziert. Und gerade in der aktuellen Krisenzeit mit den inflationsbedingt steigenden finanziellen Belastungen sei der Staat mehr denn je gefragt, den Bürgerinnen und Bürgern zu helfen.”
“Denn die Solidargemeinschaft in Deutschland werde ausschließlich durch Steuern finanziert”
Wird die Solidargemeinschaft in Deutschland tatsächlich lediglich über Steuern finanziert? Bemerkenswerterweise möchte das Bundesfinanzministerium in dieser Angelegenheit nicht zu weit gehen und hat sich deshalb für eine andere Ausdrucksweise entschieden.
“Steuern sind die wichtigste Einnahmequelle des Staates”
>>Bundesfinanzministerium (PDF-Datei) <<
“Steuern sind die wichtigste Einnahmequelle des Staates. Damit finanziert er Aufgaben, die im Interesse der Gemeinschaft sind. … Jede Bürgerin und jeder Bürger ist also einerseits verpflichtet, Steuern zu zahlen. Andererseits profitieren alle auch von den Leistungen, die damit finanziert werden.”
“Jede Bürgerin und jeder Bürger ist also einerseits verpflichtet, Steuern zu zahlen”
Steuern sind somit die bedeutendste Einnahmequelle des Staates. Daraus ergibt sich die Frage, ob es auch andere Quellen für Einnahmen gibt? Gleichzeitig sind die Steuereinnahmen nicht ausschließlich für die vermeintlich altruistische Finanzierung des Staates vorgesehen, sondern werden auch für diverse andere Zwecke verwendet.
“Steuergesetze können Lenkungsfunktionen auf zwei verschiedene Arten erfüllen”
>>Deutscher Bundestag (PDF-Datei) <<
“Steuergesetze können Lenkungsfunktionen auf zwei verschiedene Arten erfüllen. Zum einen können spezielle Steuern eingeführt werden, die nicht nur Einnahmen erzielen, sondern auch ein unerwünschtes Verhalten belasten und damit den Einzelnen „abschrecken“ sollen (so genannte Lenkungssteuern) , wie dies z.B. bei den Steuern auf alkoholische Getränke der Fall ist. Zum anderen kann der Gesetzgeber seine Ziele dadurch fördern, dass er bestimmte Sachverhalte von der Besteuerung entlastet oder vollständig ausnimmt (Steuervergünstigung), wie z.B. die Erhebung eines reduzierten Umsatzsteuersatzes auf Bücher.”
“Lenkungssteuern” – “Unerwünschtes Verhalten belasten und damit den Einzelnen „abschrecken“ sollen”
Im Grunde genommen wäre der Terminus Lenkungssteuer an dieser Stelle passend, da es sich tatsächlich größtenteils um reine Steuern handelt. Diese Form der autoritären Staatssteuererhebung ist jedoch durchaus kritisch zu betrachten, da es hierbei keineswegs um die Finanzierung des Staates geht. Das Bundesfinanzministerium hat bereits angedeutet, dass es offensichtlich auch alternative Einnahmequellen für den Staat gibt. Der Staat erhebt nicht nur Steuern, sondern agiert zudem selbst als Unternehmer. Im Laufe der Jahrzehnte hat sich ein umfangreiches Portfolio an Unternehmen und Beteiligungen angesammelt, welches jedoch häufig mit erheblichen Verlusten zu kämpfen hat.
“Heute macht die Bahn über 50 Prozent ihres Umsatzes im Ausland”
>>Schaden in der Oberleitung von Arno Luik (Buch) <<
“Heute macht die Bahn über 50 Prozent ihres Umsatzes im Ausland – gut 50 Prozent ihres Gesamtumsatzes macht sie mit Geschäften, die nichts mit dem Bahnfahren zu tun haben. … Heute ist die Bahn AG in »über 130 Ländern« (DB Konzernbericht) beziehungsweise in »über 140 Ländern« (DB-Pressestelle auf Twitter) unterwegs, so genau weiß das der Konzern offenbar selbst nicht, aber es hört sich beeindruckend an. Ist es aber nicht. Sondern nur ärgerlich. Und überaus schädlich für die Bahn hierzulande. Die Bahn AG besteht aus einem wirren Konglomerat von fast 1 000 Firmen, über neun engbedruckte Seiten zieht sich im aktuellen Geschäftsbericht ihre Auflistung hin, die Palette reicht von der Bayern Express GmbH & P. Kühn GmbH bis zur Autobusni kolodovr d. o. o. Karlovac/Kroatien oder der Kiinteistömaaliikenne Oy, Helsinki/Finnland – ein hoch kompliziertes Geflecht, das um den ganzen Globus reicht: Die Deutsche Bahn selbst ist bloß noch ein Anhängsel in einem weltumspannenden Großreich, in dem die Sonne nie untergeht.”
“Hoch kompliziertes Geflecht, das um den ganzen Globus reicht” – “Deutsche Bahn selbst ist bloß noch ein Anhängsel”
Es handelt sich hierbei nur um ein Staatsunternehmen und dessen Beteiligungen. Die Auslandsgeschäfte der Deutschen Bahn mögen sich vielleicht beeindruckend anhören, aber stellen eigentlich nur ein großes Minusgeschäft dar, was mit Steuergeld irgendwie ausgeglichen werden muss. Tatsächlich könnte es auch anders laufen, einige Staatsfonds machen es vor.
“Fonds wurde eingerichtet, um den Wohlfahrtsstaat auch nach Versiegen der Öl- und Gasquellen noch finanzieren zu können”
>>Wem gehört die Welt? von Silke Helfrich (Buch) <<
“Es kann einem schwindelig werden beim Blick auf die Homepage des Statens pensjonsfond utland: Eine große Ziffer flimmert auf dem Display, als gelte es, einen neuen Rekord im Sport zu verkünden. Hier meldet der größte Staatsfonds der Welt, Norges Bank Investment Management (Norges Invest), sekündlich den aktuellen Marktwert aller Beteiligungen. … In lokaler Währung sind es mehr als 7000 Milliarden norwegische Kronen, die sein Fonds verwaltet – verteilte man das Geld auf die fünf Millionen Einwohner des Landes, würde jeder Norweger zum Kronen-Millionär. In Norges Invest fließen die Einnahmen aus dem staatlich kontrollierten Öl- und Gasgeschäft. … Der Fonds wurde eingerichtet, um den Wohlfahrtsstaat auch nach Versiegen der Öl- und Gasquellen noch finanzieren zu können. Der Ölfonds soll zudem den Staatshaushalt in der Balance halten.”
“Verteilte man das Geld auf die fünf Millionen Einwohner des Landes, würde jeder Norweger zum Kronen-Millionär”
Tatsächlich können Staaten auch unternehmerisch erfolgreich sein und erhebliche Vermögenspositionen aufbauen. Natürlich ließe sich daraus auch die grundlegenden Aufgaben eines Staates finanzieren, womit die Erhebung von Steuern überflüssig wäre.