Indien: Drohende Gesetzesverschärfung beunruhigt Christen

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Besonders die großen Stammesgemeinschaften im Visier von Hindu-Extremisten und Politikern

Die Regierung des indischen Bundesstaates Chhattisgarh hat Pläne für eine Verschärfung des herrschenden Anti-Bekehrungs-Gesetzes veröffentlicht. Der Entwurf sieht vor, die Zwangskonversion von Minderjährigen, Frauen und Personen, die einer Stammesgemeinschaft angehören, mit Geldstrafen und einer Gefängnisstrafe von bis zu zehn Jahren zu ahnden. Christen in dem Bundesstaat befürchten weitreichende Folgen für das kirchliche Leben.

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Von Open Door

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Führende Politiker warnen vor Anstieg der Bekehrungen

Das seit 2000 eingeführte und 2006 bereits verschärfte Anti-Bekehrungs-Gesetz verpflichtet Menschen, die ihre Religionszugehörigkeit ändern wollen, 30 Tage im Voraus eine behördliche Genehmigung einzuholen. Neben den höheren Strafen für Zwangskonversion sieht der Entwurf eine Verdoppelung dieser Frist auf 60 Tage vor. Als strafbare „betrügerische“ oder „illegale Konversionen“ gelten solche, die durch „Missbrauch, Gewalt, unzulässige Beeinflussung, Zwang, Verführung, betrügerische Mittel oder durch Heirat“ zustande gekommen sind. Die Beweislast liegt bei der Person, die den Konvertiten dazu gebracht hat, seine Religion zu wechseln. All dies findet keine Anwendung bei Menschen, die zum Hinduismus, der Mehrheitsreligion Indiens, zurückkehren wollen.

In Chhattisgarh gehören etwa 30 % der Bevölkerung Stammesgemeinschaften an. Hindu-nationalistische Gruppen bemühen sich, Angehörige dieser Gemeinschaften durch so genannte „Ghar Wapsi“-Programme (Ghar Wapsi bedeutet wörtlich: „Heimkehr“) zum Hinduismus zu bekehren, so Bischof Paul Toppo von der Diözese Raigarh gegenüber UCANews.

Führende Politiker der herrschenden hindu-nationalistischen BJP haben in jüngster Zeit mehrfach ihre Sorgen über Glaubenswechsel aufgrund kirchlicher Aktivitäten geäußert. So warnte Landesminister Brijmohan Agarwal im Februar vor dem Parlament von Chhattisgarh, dass „viele Kräfte aktiv daran arbeiten, die Demografie von Chhattisgarh zu verändern“. Noch deutlicher äußerte sich der Ministerpräsident von Chhattisgarh, Vishnu Deo Sai. Er betonte im Januar, dass christliche Missionare „sehr aktiv“ seien, was zu einem Anstieg der Konversionen führe. „All dies wird bald aufhören und Hindutva [Agenda der Hindu-Nationalisten] wird an Stärke gewinnen“, sagte er laut der Times of India.

Hunderte Christen nach vergangenen Angriffen weiter in Not

Die Christen in Chhattisgarh sind besorgt über das vorgeschlagene Gesetz. „Es wird zu einem Anstieg der Angriffe auf Christen und Kirchen führen“, sagte ein lokaler Partner von Open Doors, der aus Sicherheitsgründen um Anonymität bat. „Kirchen werden geschlossen, Heirats- und Beerdigungszeremonien werden beeinträchtigt, und christliche Einrichtungen werden sehr anfällig für Angriffe und Überprüfungen sein. Pastoren und christliche Leiter laufen Gefahr, wegen falscher Anschuldigungen, sie hätten Menschen zum Übertritt zum Christentum verführt, inhaftiert zu werden.“

In Chhattisgarh hat es bereits zahlreiche Angriffe auf christliche Gemeinschaften gegeben. Kurz vor Weihnachten 2022 waren Hunderte von Christen aus der indigenen Stammesbevölkerung gezwungen, aus ihren Häusern im Bezirk Narayanpur zu fliehen, nachdem sie aufgrund ihrer Hinwendung zum christlichen Glauben angegriffen worden waren.

Mehr als ein Jahr später sind sie immer noch schutzlos. „Diejenigen, die in ihre Dörfer zurückkehren konnten, sind nicht in der Lage, sich frei zum Gebet zu versammeln“, so der lokale Partner von Open Doors. „Sie müssen sich entweder heimlich treffen oder den weiten Weg in die Stadt auf sich nehmen, um die Kirche zu besuchen. Kirchen wurden geschlossen, und die Suche nach einem Arbeitsplatz oder einer täglichen Arbeit ist für diese Christen sehr schwierig“, sagte er.

Lisa Gentile, eine Sprecherin von Open Doors, erklärt die besonderen Herausforderungen der zahlreichen Christen aus der indigenen Stammesbevölkerung in Chhattisgarh durch die Gesetzesvorhaben: „Die derzeitige Regierung des Bundesstaates hat auch vorgeschlagen, Stammesangehörigen ihren Sonderstatus abzuerkennen, wenn sie zum Islam oder zum Christentum konvertieren. [Dadurch würden sie] all ihre verfassungsmäßig garantierten sozioökonomischen Schutzzusagen verlieren.“

Obwohl Christen nur 5 % der indischen Bevölkerung ausmachen, wurden in 11 Bundesstaaten Anti-Bekehrungs-Gesetze eingeführt, die gegen religiöse Minderheiten wie Christen und Muslime eingesetzt werden. Bislang kam es allerdings erst zu wenigen Verurteilungen aufgrund dieser Gesetze.

Auf dem Weltverfolgungsindex 2024 steht Indien an 11. Stelle unter den Ländern, in denen Christen am stärksten wegen ihres Glaubens verfolgt werden.

*Name geändert