Pakistan: Oberstes Gericht lässt Christen hoffen
Behörden müssen Ausschreitungen gegen Christen vom August 2023 neu aufarbeiten
Ein halbes Jahr nachdem im pakistanischen Jaranwala zahlreiche Kirchen und Häuser von Christen zerstört wurden, hat das oberste pakistanische Gericht den polizeilichen Untersuchungsbericht zu dem Vorfall zurückgewiesen; das berichtet das Nachrichtenportal Dawn. Demnach befanden die Richter die Arbeit der untersuchenden Behörden als unzureichend – ein hoffnungsvolles Signal an die christliche Minderheit in Pakistan. Die Christen brauchen weiter unser Gebet.
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Von Open Door
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Gericht stellt fest: Komplott stand am Beginn der Unruhen
Die Angriffe im August des vergangenen Jahres waren durch ein Gerücht ausgelöst worden, das zwei christliche Brüder in der Stadt Jaranwala im Nordosten Pakistans der Blasphemie beschuldigte. Mindestens 17 Kirchen und fast 100 Häuser von Christen wurden bei den folgenden Unruhen niedergebrannt oder beschädigt, Hunderte Christen flohen. Am 1. März sprach ein Gericht in Faisalabad die beiden Männer frei und stellte fest, dass zwei andere Personen – die offenbar eine persönliche Feindschaft mit den beiden Brüdern hegten – ein Komplott geschmiedet hatten, um sie in einen Blasphemie-Fall zu verwickeln.
Bereits am 13. Februar hatte das Oberste Gericht Pakistans unter dem Vorsitz von Richter Qazi Faez Isa den Untersuchungsbericht zu den Vorfällen mit deutlichen Worten kritisiert und dabei unter anderem das Fehlen zahlreicher relevanter Informationen moniert. Die Art und Weise, wie die Ermittlungen durchgeführt worden seien, und das offensichtliche Zögern der Strafverfolgungsbehörden bei der Identifizierung der Schuldigen schade dem Ruf der Polizei, so Faez Isas Einschätzung.
In seiner Stellungnahme betonte das Gericht den gleichen Status und die gleichen Rechte aller Bürger, woraus sich auch der Anspruch auf Schutz bei der Ausübung ihrer jeweiligen Religion ergebe. Die Richter wiesen in diesem Zusammenhang zudem darauf hin, dass „Unruhestifter“ immer wieder durch gezielte Provokationen die Bevölkerung zu Anschlägen auf religiöse Stätten von Nichtmuslimen anstachelten. Die Regierung der Provinz Punjab wurde angewiesen, einen Bericht über den Stand der Wiederaufbauarbeiten an den beschädigten Gebäuden vorzulegen, der auch die bisher gezahlten Entschädigungen aufführt.
„Hoffnung in der christlichen Gemeinschaft neu entfacht“
Pastor Paul Masih* aus Jaranwala äußerte sich dankbar über die Aussagen des Obersten Gerichtshofes. Die Weisung der Richter an die Regierung von Punjab habe „die Hoffnung in der christlichen Gemeinschaft neu entfacht“. Masih weiter: „Wir waren enttäuscht über die Art und Weise, wie die Polizei mit den Ermittlungen umging, aber jetzt haben wir das Gefühl, dass die Regierung von Punjab den Fällen die gebührende Aufmerksamkeit schenken wird.“
Viele Christen in Pakistan leiden unter der instabilen Sicherheitslage und dem hohen Maß an Gewalt. Sie werden ausgebeutet, gelten als unrein und haben oftmals keine Möglichkeit sich zu schützen. Die Polizei ist häufig mehr daran interessiert, lokale Machthaber zu beschwichtigen und für Ruhe zu sorgen, als das Gesetz durchzusetzen und Minderheiten zu schützen. Etwas besser ist die Lage von Christen bei Gerichtsverhandlungen, zumindest bei den höheren Gerichten. Bis ihr Fall endlich vor Gericht geklärt wird, sitzen Christen jedoch oftmals jahrelang im Gefängnis.
*Name geändert