Vom Soldatenhandel zur zeitgenössischen Wehrpflicht: Die deutschsprachige Fremdenlegion à la carte

Screenshot youtube.com Screenshot youtube.com

Soldatenhandel war bis ins 18. Jahrhundert eine gängige Praxis, die eng mit dem Verkauf und der Vermietung von Soldaten verbunden war. Die Assoziationen zur modernen Wehrpflicht sind sicher nicht ganz von der Hand zu weisen. Schon damals spielten klamme Staatskassen und die kaum vorhandene Freiwilligkeit eine große Rolle.

Gründe des historischen Soldatenhandels: “Seine Einkünfte waren geringer als seine Ausgaben”

>>Welt<<

“Landgraf Friedrich II. von Hessen-Kassel (1720–1785) hatte ein Problem, das er mit den meisten Herrschern des Ancien Régime teilte. Seine Einkünfte waren geringer als seine Ausgaben. Und da er nicht wie der König von Frankreich seine Kassen mit dem Verkauf unsinniger Titel und Ämter füllen konnte – denn wer wollte so etwas aus Hessen-Kassel schon haben – fand der Fürst die Lösung in einem Vertrag, der am 15. Januar 1776 unterzeichnet wurde: Er verkaufte Tausende Untertanen nach Großbritannien, das dringend Soldatennachschub für seinen Krieg gegen die aufständischen Kolonien in Nordamerika benötigte.”

“Landgraf Friedrich II. von Hessen-Kassel” – “Er verkaufte Tausende Untertanen nach Großbritannien”

Besonders in Großbritannien hatte fremde tausende Untertanen “erworben”, welche vorher zwangsweise zum Militär gepresst wurden. Diese Form des Menschenhandels und der Leibeigenschaft hatte weitreichende Auswirkungen auf die Gesellschaft. Denn innerhalb der englischen Gesellschaft wurden die Vorgänge rund um die amerikanische Revolution durchaus kontrovers diskutiert.

“Amoralisch” – “Dieser «Menschenhandel» mit unfreien, zwangsweise zum Dienst gepressten Untertanen fremder Nationen”

>>Die Amerikanische Revolution von Michael Hochgeschwender (Buch) <<

“Gerade angesichts der als universalistisch missverstandenen Ideale der Amerikanischen Revolution und angesichts der Sympathien, welche die aufgeklärte Öffentlichkeit der amerikanischen Sache entgegenbrachte, erschien dieser «Menschenhandel» mit unfreien, zwangsweise zum Dienst gepressten Untertanen fremder Nationen als amoralisch. Die britische Regierung und die von ihnen bezahlten Fürsten wurden gleichermaßen auf die Anklagebank gesetzt, was alle Beteiligten einigermaßen verblüffte, denn es wurde vielfach so getan, als sei der Soldatenhandel eine Erfindung dieses Krieges. Angesichts ihrer Notlage beim Heer blieb den Briten jedoch keine andere Wahl. Sie benötigten dringend eine kampfkräftige Infanterie, koste es, was es wolle.”

“Als sei der Soldatenhandel eine Erfindung dieses Krieges”

Der Soldatenhandel wurde stark durch das Wehrpflicht- und Kantonalsystem beeinflusst. Die Machthaber sahen in den Untertanen ein ertragreiches Gut, das sie gewinnbringend veräußern konnten. Durch die Einführung der allgemeinen Wehrpflicht wurden immer mehr Männer gezwungen, ihren Dienst an der Waffe anzutreten. Besonders betroffen waren dabei arme Bauern oder Handwerker, die sich keinen Freikauf leisten konnten. Sie wurden regelmäßig von Rekrutierungsagenten aufgespürt und gegen ihren Willen zum Militärdienst gezwungen. In vielen Fällen fanden diese Zwangseinberufungen unter brutalen Bedingungen statt.

“Soldatenhandel, den zum ersten Mal wohl 1665 der Bischof von Münster, Christoph Bernhard von Galen, praktizierte”

>>Die Bachs von Klaus-Rüdiger Mai (Buch) <<

“Die Konkurrenz um Prachtentfaltung, an der die Künste wesentlichen Anteil hatten, förderte die kulturelle Blüte. … So kam es zum so unrühmlichen wie einträglichen Soldatenhandel, den zum ersten Mal wohl 1665 der Bischof von Münster, Christoph Bernhard von Galen, praktizierte. Kurfürst Johann Georg III. von Sachsen und Landgraf Karl von Hessen-Kassel griffen die Idee gern auf und erschlossen sich durch Verkauf und Vermietung von Landeskindern eine zuverlässige Geldquelle. Während des amerikanischen Unabhängigkeitskrieges von 1776 stiegen diese Exporte so gewaltig an, dass es zu Protesten in der deutschen Öffentlichkeit kam. Davon legen Christian Daniel Schubarts Schriften und Friedrich Schillers »Kabale und Liebe« rühmliches Zeugnis ab.”

“Verkauf und Vermietung von Landeskindern eine zuverlässige Geldquelle”

Die verkauften Untertanen landeten nicht nur in Großbritannien, sondern auch in anderen europäischen Ländern oder sogar Übersee-Kolonien. Dort wurden sie teilweise als Kanonenfutter missbraucht und oft unter widrigen Bedingungen gehalten.

“Europäische Staaten mit der Bitte gewandt, ganze Kompanien und Regimenter mieten zu können”

>>Die Amerikanische Revolution von Michael Hochgeschwender (Buch) <<

“Wie in jedem Krieg hatte man sich an europäische Staaten mit der Bitte gewandt, ganze Kompanien und Regimenter mieten zu können. Dies war im 18. Jahrhundert eine allgemein etablierte Praxis, die von vielen Staaten praktiziert wurde. Gerade Großbritannien hatte von dieser Möglichkeit der Anwerbung gut ausgebildeter, disziplinierter und meist kampferprobter Einheiten profitiert, da es, anders als Frankreich und Spanien, für sein Heer nicht genügend Bewerber aus dem eigenen Land fand und eine allgemeine Wehrpflicht oder ein Kantonalsystem wie in Preußen sich im Königreich nicht durchsetzen ließ.”

Soldatenhandel: “Dies war im 18. Jahrhundert eine allgemein etablierte Praxis”

Der Soldatenhandel kann als bedrückendes Kapitel der Geschichte betrachtet werden, das zeigt, was aber auch Parallelen zur Neuzeit aufzeigt. Es verdeutlicht auch die Machtstrukturen, wo Individualrechte kaum Beachtung finden. Die Auswirkungen des Soldatenhandels sind bis heute spürbar, weil die Wehrpflicht bis zur Gegenwart überlebt hat und die Auslandseinsätze der Bundeswehr als untrügliches Zeichen gewertet werden können.

„Auslandseinsätzen melden sich überproportional viele Ostdeutsche“

>>Süddeutsche Zeitung<<

„Zu Auslandseinsätzen melden sich überproportional viele Ostdeutsche, weil sie offenbar sonst keine Arbeit finden. Besonders die unteren Dienstgrade kommen aus Ostdeutschland. … Von den 6391 Soldatinnen und Soldaten im Auslandseinsatz sind demnach 3143 ostdeutscher Herkunft. Das macht einen Anteil von 49,2 Prozent – obwohl der Anteil der Ostdeutschen an der Bevölkerung nur knapp 20 Prozent beträgt.“

Auslandseinsätze: „Anteil von 49,2 Prozent – obwohl der Anteil der Ostdeutschen an der Bevölkerung nur knapp 20 Prozent“

Vermutlich wegen des Mangels an wirtschaftlicher Perspektiven haben sich viele Ostdeutsche bei der Bundeswehr gemeldet, aber auch der “andere Migrantenanteil” sieht kaum anders aus.

“Jeder vierte einfache Soldat hat Migrationshintergrund”

>>Frankfurter Allgemeine Zeitung<<

“Jeder vierte einfache Soldat hat Migrationshintergrund – 26 Pro­zent der Sol­da­ten im ein­fa­chen Dienst (Mann­schafts­dienst­gra­de) haben einen Mi­gra­ti­ons­hin­ter­grund. Dies be­rich­tet die „Bild am Sonntag“ unter Be­ru­fung auf eine in­ter­ne Stu­die der Bun­des­wehr.”

“26 Pro­zent der Sol­da­ten im ein­fa­chen Dienst (Mann­schafts­dienst­gra­de) haben einen Mi­gra­ti­ons­hin­ter­grund”

Sicherlich mögen diese Zahlen nicht der Aktualität entsprechen, aber offizielle Stelle sind bei diesem Thema sehr zugeknöpft. Teilweise wird bereits von einer Parallelgesellschaft gesprochen.

„Bundeswehr wird zu einer Parallelgesellschaft“

>>Michael Wolffsohn<<

„Die Bundeswehr wird zu einer Parallelgesellschaft, völlig abgekapselt von der bürgerlich-zivilen Gesellschaft. Das bedeutet eine völlige Umkehrung ihres Selbstverständnisses. Bisher wollte man den ‚Büger in Uniform’ , also fast jeden männlichen Bürger in Uniform. Künftig wird das fast nur noch für Unterschichten gelten.“

Bundeswehr als Armee der Unterschicht?

Mag ein bisschen weit hergeholt klingen? Zum Teil wird aber bereits weitergedacht. Angesichts des Rekrutenmangels ist sogar eine Art von Fremdenlegion in der Bundeswehr vorstellbar.

“Verantwortung lässt sich nicht outsourcen”

>>Süddeutsche Zeitung<<

“Verantwortung lässt sich nicht outsourcen – Man kann die Bundeswehr-Personalnot nicht lösen, indem der Dienst an der Waffe an Bürger ohne deutschen Pass delegiert wird.”

“Man kann die Bundeswehr-Personalnot nicht lösen, indem der Dienst an der Waffe an Bürger ohne deutschen Pass delegiert wird”

Zwar fordert die Elite des Landes gerne eine allgemeine Wehrpflicht ein, möchte sich selbst aber nicht bei der Bundeswehr melden. Auch die vielen Auslandseinsätze im Rahmen von internationalen Verträgen oder Bündnisse lassen kaum mit der stets hevorgehobenen “Landesverteidigung” in Einklang bringen. Was genau soll also die Bundeswehr verteidigen? – Etwa die Staatengemeinschaft Europäische Union, die Eurozone, die UN oder doch eher die Nato?