Koalitionsvertrag zwischen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP: Verkehrspolitische Vorhaben der Bundesregierung bis 2025
Die Vereinbarungen im Koalitionsvertrag zwischen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP zum Verkehr sowie den angrenzenden Politikbereichen (Klimaschutz, Energie, Bauen und Wohnen, etc.) in einer kommentierten Übersicht.
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SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP haben am 24.11.2021 einen gemeinsamen Koalitionsvertrag vorgestellt, welcher die geplanten politischen Vorhaben der Jahre 2021 bis 2025 beinhaltet [Download | Mirror]. Üblicherweise steckt ein Koalitionsvertrag den inhaltlichen Rahmen des künftigen Regierungshandelns ab, wenngleich die Inhalte nicht alle zwingend innerhalb des Regierungszeit umgesetzt werden. Dies gilt in gewissen Rahmen auch für die inhaltliche Ausgestaltung, da zum einen tagesaktuelle Geschehnisse oder Urteile des Bundesverfassungsgerichts eine Wirkung auf die Regierungsarbeit entfalten und auch der Bundesrat als kritisch-konstruktives Korrektiv zum Bundestag und zur Bundesregierung in einem gewissen Maße Einfluss auf die Gesetzgebung des Bundes nimmt.
Exkurs: Der lange Weg eines von der Bundesregierung initiierten Gesetzes bis zu seinem Inkrafttreten
Hinweis: Die folgende Beschreibung bezieht sich auf ein erfolgreiches Gesetzgebungsverfahren. Die Darstellung ist vereinfacht, bspw. wird auf die Beschreibung der Verfahren im Rahmen der Ausschussberatungen oder den Fall eines Zustimmungsgesetzes mit der Option der Nicht-Einigung im Vermittlungsausschuss verzichtet.
Theoretisch erfolgt nach Abschluss der „Frühkoordinierung“ / „Vorabstimmung mit dem Bundeskanzleramt“ die frühzeitige Beteiligung der Länder, kommunalen Spitzenverbände, Fachkreise und Verbände nach § 47 GGO und in Anschluss die Ressortabstimmung, in deren Rahmen das federführende Bundesministerium die von dem Gesetzentwurf betroffenen Bundesministerien und den Nationalen Normenkontrollrat (§ 15 (1) GGO i.V.m. § 45 (1) GGO) einbezieht. Im Anschluss wird der Entwurf der gesamten Bundesregierung vorgelegt, um einen Kabinettsbeschluss gemäß §§ 15 Absatz 1 littera a, 24 Absatz 2 Satz 1 GOBReg zu fassen. Die Vorlage geht im Folgenden gemäß Art. 76 Absatz 2 Satz 1 GG zur Stellungnahme an den Bundesrat, dort wird er in den Ausschüssen des Bundesrates aus der Sicht der Länderinteressen unter rechtlichen und fachlichen Gesichtspunkten analysiert, überarbeitet und für die Abstimmung im Bundesrats-Plenum vorbereitet. Nach erfolgter Abstimmung wird die vom Plenum beschlossene Stellungnahme zurück an die Bundesregierung geleitet, die eine Gegenäußerung verfassen kann. Nach Abschluss dieses Prozesses beginnt das parlamentarische Gesetzgebungsverfahren mit Einbringung des Entwurfs in den Bundestag.
Die Beratungen des Gesetzentwurfs im Parlament erfolgen in drei sogenannten Lesungen. Zwischen der ersten und der zweiten bzw. dritten Lesung wird der Entwurf in den Parlamentsausschüssen beraten. In der Schlussabstimmung stimmen die anwesenden Mitglieder des Bundestages über den Gesetzentwurf ab. Der Gesetzesbeschluss des Bundestags wird daraufhin dem Bundesrat gemäß Art. 77 Absatz 1 Satz 2 GG zur Abstimmung vorgelegt (Entwürfe der Bundesregierung werden somit dem Bundesrat 2x vorgelegt). Der Bundesrat kann dem Gesetzesbeschluss des Bundestages zustimmen, ihn ablehnen oder den Vermittlungsausschuss anrufen. In Letzterem suchen Bundestag und Bundesrat gemeinsam einen Kompromiss über den Gesetzesinhalt. Die Vorschläge des Vermittlungsausschusses bedürfen bei Änderung des Gesetzesbeschlusses des Bundestags einer Bestätigung durch den Bundestag und Bundesrat (nur Plenarberatung, sog. Vierte Beratung). Im Anschluss erfolgt die Ausfertigung (Zeichnung) durch den Bundespräsidenten und die Verkündung im Bundesgesetzblatt. Das Gesetz tritt somit in Kraft.
Sprachliche Nuancen entscheidend
Der vorliegende Koalitionsvertrag mit seinen 177 Seiten ist trotz seines Umfangs nicht abschließend, sondern lässt der Bundesregierung bzw. den politischen Leitungen der Ministerien Spielräume bei der Ausgestaltung. Die Konkretheit der Vorhaben bzw. die Spielräume bei der Umsetzung lassen sich anhand der Genauigkeit von Formulierungen, Aktiv- und Passivkonstruktionen und der Verwendung von Signalwörtern wie “werden”, “müssen”, “können”, “prüfen”, “idealerweise”, etc. einschätzen.
Die Inhalte in Kürze (Verkehrspolitik, Energie, Klimaschutz, Stadtplanung, Daseinsvorsorge, etc.)
Neben unmittelbaren verkehrspolitischen Vorhaben haben auch andere Politikfelder wie die Energiepolitik, die Stadt- und Regionalpolitik, die Klimaschutzmaßnahmen, die Struktur und Organisation des öffentlichen Dienstes, u. v. m. einen Einfluss auf Verkehr und Mobilität. Im Folgenden werden die Vereinbarungen im Koalitionsvertrag zum Verkehr sowie den angrenzenden Politikbereichen kurz vorgestellt. Die Inhalte werden nicht im Volltext dargestellt, sondern werden als Stichpunkte wiedergegeben. Dabei habe ich darauf geachtet, wichtige Formulierungen wortgenau zu übernehmen und den Inhalt eines Abschnitts nur um Leerstellen, etc. zu bereinigen.
Die Abfolge der Themen wurde von mir ebenfalls geändert. Sie beginnt mit den unmittelbaren verkehrspolitischen Maßnahmen und ergänzt diese um weitere Politikfelder. An mehreren Stellen vorkommende Inhalte wie bspw. zum Themenkomplex Wasserstoff habe ich gebündelt. Themeneinführungen zur Herstellung notwendiger Kontexte sowie Anmerkungen meinerseits werden kursiv dargestellt. Die Seitenzahl ist in () angegeben.
Verkehrspolitik
Einleitender Rahmen
Wir wollen eine nachhaltige, barrierefreie, innovative und für alle alltagstaugliche und bezahlbare Mobilität ermöglichen. Mobilität ist Teil der Daseinsvorsorge und Voraussetzung für gleichwertige Lebensverhältnisse in Stadt und Land. (S. 25)
Wir wollen die 2020er Jahre zu einem Aufbruch in der Mobilitätspolitik nutzen und eine nachhaltige, effiziente, barrierefreie, intelligente, innovative und für alle bezahlbare Mobilität ermöglichen. Für die notwendigen Veränderungsprozesse werben wir um Akzeptanz und werden unsere Ziele dialogorientiert umsetzen und die Maßnahmen regelmäßig überprüfen. Die erforderlichen Entscheidungen zur Erreichung unserer Klimaschutzziele für 2030 und 2045 mit dem Ziel der Dekarbonisierung des Mobilitätsbereiches werden wir treffen und die praktische Umsetzung deutlich beschleunigen. Mobilität ist für uns ein zentraler Baustein der Daseinsvorsorge, Voraussetzung für gleichwertige Lebensverhältnisse und die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschafts- und Logistikstandorts Deutschland mit zukunftsfesten Arbeitsplätzen. Dafür werden wir Infrastruktur ausbauen und modernisieren sowie Rahmenbedingungen für vielfältige Mobilitätsangebote in Stadt und Land weiterentwickeln. (S. 48)
Bahnverkehr
- Wir werden den Masterplan Schienenverkehr weiterentwickeln und zügiger umsetzen, den Schienengüterverkehr bis 2030 auf 25 Prozent steigern und die Verkehrsleistung im Personenverkehr verdoppeln. Den Zielfahrplan eines Deutschlandtaktes und die Infrastrukturkapazität werden wir auf diese Ziele ausrichten. (S. 49)
- Sofern haushalterisch machbar, soll die Nutzung der Schiene günstiger werden, um die Wettbewerbsfähigkeit der Bahnen zu stärken. (S. 49)
- Wir werden mehr Oberzentren an den Fernverkehr anbinden. (S. 49)
- Wir werden die Umsetzung eines Deutschlandtaktes infrastrukturell, finanziell, organisatorisch, eisenbahnrechtlich und europarechtskonform absichern. (S. 49) [Anmerkung: Hinter diesem Punkt versteckt sich einiges. Im Bereich Finanzierung forderten die Grünen im August 2021 die Gründung eines Schienenfonds und eine zeitnahe Verdopplung der jährlichen Ausgaben für Aus- und Neubauvorhaben von 1,5 Milliarden Euro auf 3 Milliarden Euro mit weiteren Erhöhungen bis 2030. Der Umfang projektierter Bahnausbauten beträgt aktuell rund 60 Milliarden Euro. Die Gründung eines Schienenfonds – der auch von der FDP gefordert wurde – ist im Koalitionsvertrag leider nicht zu finden. Ein weiterer interessanter Punkt ist die europarechtskonforme Ausgestaltung des Deutschlandtaktes, bei der unklar ist, ob DB Fernverkehr für die Erbringung von Verkehrsleistungen im Fernverkehr allein zuständig sein kann und wird. Die FDP befürwortet hier ein Wettbewerbsmodell, bei dem Fernverkehrsstrecken in einem dreistufigen Auktionsmodell vergeben werden.
Zitat aus dem Beschluss der Fraktion der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag “Schienenverkehr neu denken – Mit mehr Wettbewerb zu einer attraktiveren Bahn” vom 13.04.2021, S. 7 und 8:
In der ersten der drei Auktionsphasen werden zunächst alle Schienenstrecken im Fernverkehr einzeln versteigert. Alle interessierten Eisenbahnunternehmen können dann Angebote für einzelne Strecken abgeben. Der Auktionator – also die staatliche Infrastrukturgesellschaft Schiene – erhält dadurch einen Eindruck, auf welchen Strecken ein eigenwirtschaftlicher Betrieb möglich ist. Um Wettbewerb zwischen mehreren Anbietern auch auf den stark frequentierten Hauptstrecken zu gewährleisten, wollen wir Strecken mit besonders hohem Passagieraufkommen am Tag zudem in mindestens zwei Lose aufteilen. Einem Unternehmen wäre es dann nur erlaubt, maximal auf der Hälfte der Verbindungen Verkehre anzubieten. Auf der Strecke Berlin-Hamburg würde dann beispielsweise echter Wettbewerb zwischen zwei Eisenbahnunternehmen zum Wohle der Kunden entstehen.
In der zweiten Phase der Auktion können die bietenden Eisenbahnunternehmen dann mehrere Strecken bündeln. Da der Betrieb von zusammenhängenden Strecken sowohl aus Kosten als auch aus Marketingsicht günstiger ist, können die Unternehmen damit mögliche Verbundvorteile nutzen. Sollte beispielsweise ein Unternehmen sowohl an der Strecke Dresden-Leipzig, als auch an der Strecke Leipzig-Nürnberg interessiert sein, kann in der zweiten Auktionsphase auf das entsprechende Streckenbündel geboten werden. Den Zuschlag bekommt schließlich jenes Unternehmen, welches für eine einzelne Strecke oder ein Streckenbündel das beste Angebot abgegeben hat. Damit die Unternehmen Planungssicherheit haben, erhält der Sieger der Auktion das exklusive Recht, auf dieser Strecke für 10 Jahre Fernverkehrsangebote auf der Schiene anzubieten.Aufgrund der Tatsache, dass voraussichtlich nicht auf allen Fernverkehrsstrecken gewinnbringender und eigenwirtschaftlicher Verkehr erbracht werden kann, bedarf es einer dritten Auktionsrunde. Denn bereits in der ersten Auktionsrunde könnte für bestimmte Strecken gar kein Angebot abgegeben worden sein. Um zu verhindern, dass die Einführung eines eigenwirtschaftlichen und wettbewerblichen Deutschlandtaktes zu einer drastischen Verringerung des Angebotes führt, sollen daher die Erlöse der zweiten Auktionsphase genutzt werden, um unwirtschaftliche Strecken in Form einer Negativauktion auszuschreiben. In dieser dritten Auktionsrunde wird demnach ermittelt, welches Eisenbahnunternehmen für den geringsten Zuschuss Verkehre auf bisher unrentablen Strecken erbringen kann. Dieses Verfahren ist bereits in den Ausschreibungen im Schienenpersonennahverkehr hinreichend erprobt worden. Die Ausgaben dafür sind durch die davor erzielten Einnahmen der vorherigen Auktionsrunden streng gedeckelt. Um den Wettbewerb im Deutschlandtakt dauerhaft zu gewährleisten, sollen einzelne Unternehmen nicht mehr als 70 Prozent aller Strecken im Fernverkehr bedienen dürfen. Damit wird sichergestellt, dass sich auch nach der Aufspaltung der DB Fernverkehr und dem möglichen Markteintritt neuer privater Wettbewerber kein Anbieter zum Monopolisten entwickelt.
Dieses mehrstufige Auktionsdesign basiert unter anderem auf den Forschungen der Ökonomen Robert Wilson und Paul Milgrom. Beide erhielten am 10. Dezember 2020 den Preis der Schwedischen Nationalbank für Wirtschaftswissenschaften zu Ehren von Alfred Nobel für ihre Beiträge zur Auktionstheorie und für die Entwicklung neuer Auktionsformate. Ein ähnliches Auktionsmodell hatte bereits die Monopolkommission der Bundesregierung für den Schienenpersonenfernverkehr vorgeschlagen. Wir sind überzeugt, dass wir mit diesem Ansatz echten Wettbewerb in den Deutschlandtakt integrieren und ihn damit zum Erfolgsmodell machen können.]
- Grenzüberschreitenden Verkehr wollen wir stärken und mit der EU sowie ihren Mitgliedstaaten Nachtzugangebote aufbauen. (S. 49)
- Bis 2030 wollen wir 75 Prozent des Schienennetzes elektrifizieren und innovative Antriebstechnologien unterstützen. (S. 49) [Anmerkung: Das bisherige Ziel lautete 70 % bis 2025. Eine Steigerung auf 75 % entspricht bei Nichtberücksichtigung nichtbundeseigener Eisenbahnen (Streckenlänge: 33.400 km) einer Elektrifizierung von etwa 4.600 km binnen neun Jahren. Von der Allianz pro Schiene gibt es hier eine Karte mit Vorschlägen zur Elektrifizierung von 75 % des deutschen Schienennetzes bis 2030.]
- Die Digitalisierung von Fahrzeugen und Strecken werden wir prioritär vorantreiben. (S. 49)
- Wir werden ein Programm „Schnelle Kapazitätserweiterung“ auflegen, Barrierefreiheit und Lärmschutz verbessern, Bahnhofsprogramme bündeln und stärken, das Streckennetz erweitern, Strecken reaktivieren und Stilllegungen vermeiden und eine Beschleunigungskommission Schiene einsetzen. (S. 49f.)
- Die Einführung der Digitalen Automatischen Kupplung wollen wir beschleunigen, den Einzelwagenverkehr stärken und Investitionsanreize für Gleisanschlüsse setzen. (S. 50)
- Bei neuen Gewerbe- und Industriegebieten soll die Schienenanbindung verpflichtend geprüft werden. (S. 50)
- KV-Terminals wollen wir weiter fördern, die Kranbarkeit von Standard-Sattelaufliegern vorantreiben und den Zu- und Ablauf bis max. 50 Kilometer von der Lkw-Maut freistellen. (S. 50)
- Erhalt der Deutschen Bahn AG als integrierten Konzern inklusive des konzerninternen Arbeitsmarktes im öffentlichen Eigentum. Die internen Strukturen werden wir effizienter und transparenter gestalten. (S. 50)
- Die Infrastruktureinheiten (DB Netz, DB Station und Service) der Deutschen Bahn AG werden innerhalb des Konzerns zu einer neuen, gemeinwohlorientierten Infrastruktursparte zusammengelegt. Diese steht zu 100 Prozent im Eigentum der Deutschen Bahn als Gesamtkonzern. Gewinne aus dem Betrieb der Infrastruktur verbleiben zukünftig in der neuen Infrastruktureinheit. (S. 50)
- Die Eisenbahnverkehrsunternehmen werden markt- und gewinnorientiert im Wettbewerb weitergeführt. (S. 50)
- Wir wollen die Investitionsmittel für die DB Infrastruktur erhöhen. (S. 50) [Anmerkung: Zur Erreichung anderer Ziele des Koalitionsvertrags (z.B. Deutschlandtakt) wäre mindestens eine Verdreifachung der Mittel notwendig.]
- Übernahme des Raumordnungsverfahrens durch den Bund bei Schienenprojekten aus dem Deutschlandtakt: Ausbau/Neubau der Bahnstrecken
- Hamm-Hannover-Berlin,
- Korridor Mittelrhein,
- Hanau-Würzburg/Fulda-Erfurt,
- München-Kiefersfelden-Grenze D/A,
- Karlsruhe-Basel,
- „Optimiertes Alpha E+“,
- Ostkorridor Süd,
- Nürnberg-Reichenbach/Grenze D-CZ,
- Knoten Hamburg,
- Knoten Frankfurt,
- Knoten Köln,
- Knoten Mannheim und
- Knoten München.
- Weitere Vorhaben werden hinzukommen. (S. 13)
- Stärkung des Zentrums für Schienenverkehrsforschung (S. 51)
- Entschädigungs- oder Ausgleichszahlungen sollen bei allen Verkehrsträgern automatisiert werden. (S. 113)
Öffentlicher Verkehr und neue Mobilitätsangebote
- Wir wollen Länder und Kommunen in die Lage versetzen, Attraktivität und Kapazitäten des ÖPNV zu verbessern. Ziel ist, die Fahrgastzahlen des öffentlichen Verkehrs deutlich zu steigern. (S. 50)
- 2022 werden wir die pandemiebedingten Einnahmeausfälle wie bisher ausgleichen. (S. 50)
- Wir wollen einen Ausbau- und Modernisierungspakt, bei dem sich Bund, Länder und Kommunen unter anderem über die Finanzierung bis 2030 einschließlich der Eigenanteile der Länder und Kommunen und die Aufteilung der Bundesmittel verständigen sowie Tarifstrukturen diskutieren. (S. 50)
- Regionalisierungsmittel werden ab 2022 erhöht. (S. 50)
- Gemeinsam werden wir Qualitätskriterien und Standards für Angebote und Erreichbarkeit für urbane und ländliche Räume definieren. (S. 50)
- Für eine nahtlose Mobilität verpflichten wir Verkehrsunternehmen und Mobilitätsanbieter, ihre Echtzeitdaten unter fairen Bedingungen bereitzustellen. Anbieterübergreifende digitale Buchung und Bezahlung wollen wir ermöglichen. Den Datenraum Mobilität entwickeln wir weiter. (S. 50)
- Intermodale Verknüpfungen werden wir stärken und barrierefreie Mobilitätsstationen fördern. (S. 50)
- Digitale Mobilitätsdienste, innovative Mobilitätslösungen und Carsharing werden wir unterstützen und in eine langfristige Strategie für autonomes und vernetztes Fahren öffentlicher Verkehre einbeziehen. (S. 50)
- Damit alle neuen Busse einschließlich der Infrastrukturen möglichst zeitnah klimaneutral fahren, wird der Bund die bestehende Förderung verlängern und mittelstandsfreundlicher ausgestalten. (S. 51)
- Wir setzen uns für faire Arbeitsbedingungen im ÖPNV ein. Zu diesem Zweck stärken wir die Tariftreue und schaffen die gesetzliche Grundlage dafür, Tarifverträge zur Bedingung bei Ausschreibungen zu machen. Mittelständische Interessen sind bei der Vergabe zu berücksichtigen. Am Vorrang eigenwirtschaftlicher Verkehre halten wir fest. (S. 51)
- Mobilitätsforschung werden wir interdisziplinär aufwerten, das Zentrum Zukunft der Mobilität neu aufstellen und erweitern, sowie das Zentrum für Schienenverkehrsforschung stärken. (S. 51)
- Barrierefreiheit: Abschaffung der Ausnahmemöglichkeiten des Personenbeförderungsgesetzes (ÖPNV) bis 2026. (S. 78)
- Entschädigungs- oder Ausgleichszahlungen sollen bei allen Verkehrsträgern automatisiert werden. (S. 113)
Pkw-Verkehr / Elektromobilität
- Rahmenbedingungen und Fördermaßnahmen werden darauf ausgerichtet, dass Deutschland Leitmarkt für Elektromobilität mit mindestens 15 Millionen Elektro-Pkw im Jahr 2030 ist. (S. 27)
- Gemäß den Vorschlägen der Europäischen Kommission werden im Verkehrsbereich in Europa 2035 nur noch CO2-neutrale Fahrzeuge zugelassen – entsprechend früher wirkt sich dies in Deutschland aus. Außerhalb des bestehenden Systems der Flottengrenzwerte setzen wir uns dafür ein, dass nachweisbar nur mit E-Fuels betankbare Fahrzeuge neu zugelassen werden können. (S. 27)
- Wir setzen uns für die Verabschiedung einer ambitionierten und umsetzbaren Schadstoffnorm EURO 7 ein und werden dabei Wertschöpfung und Arbeitsplätze berücksichtigen. (S. 27)
- Der Ausbau der Ladeinfrastruktur muss dem Bedarf vorausgehen. Wir werden deshalb den vorauslaufenden Ausbau der Ladesäuleninfrastruktur mit dem Ziel von einer Million öffentlich und diskriminierungsfrei zugänglichen Ladepunkten bis 2030 mit Schwerpunkt auf Schnellladeinfrastruktur ressortübergreifend beschleunigen, auf Effizienz überprüfen und entbürokratisieren. Wir setzen auf die Mobilisierung privater Investitionen. Wo wettbewerbliche Lösungen nicht greifen, werden wir mit Versorgungsauflagen, wo baulich möglich, die verlässliche Erreichbarkeit von Ladepunkten herstellen. Wir werden die Förderung für den Ausbau der Ladeinfrastruktur effektiver und effizienter ausgestalten. Wir werden Hemmnisse in Genehmigungsprozessen, bei der Netzinfrastruktur und den Netzanschlussbedingungen abbauen und die Kommunen bei einer vorausschauenden Planung der Ladeinfrastruktur unterstützen. Wir werden bidirektionales Laden ermöglichen, wir sorgen für transparente Strompreise und einen öffentlich einsehbaren Belegungsstatus. Wir werden den Aufbau eines flächendeckenden Netzes an Schnellade-Hubs beschleunigen und die Anzahl der ausgeschriebenen Hubs erhöhen. Wir werden den Masterplan Ladeinfrastruktur zügig überarbeiten und darin notwendige Maßnahmen aus den Bereichen Bau, Energie und Verkehr bündeln sowie einen Schwerpunkt auf kommunale Vernetzung der Lösungen legen. Wir setzen uns für ambitionierte Ausbauziele auf europäischer Ebene ein. (S. 27)
- Begleitetes Fahren ab 16: Um Jugendliche schon frühzeitig für die Gefahren im Straßenverkehr zu schulen, werden wir begleitetes Fahren ab 16 Jahren ermöglichen. (S. 53)
- Wir wollen mehr digitale Elemente des Führerscheinunterrichtes ermöglichen, die Digitalisierung von Fahrzeugdokumenten vorantreiben und das Monopol bei der Fahrerlaubnisprüfung unter Wahrung geltender Qualitätsstandards aufheben. (S. 53)
Radverkehr
- Wir werden den Nationalen Radverkehrsplan umsetzen und fortschreiben, den Ausbau und die Modernisierung des Radwegenetzes sowie die Förderung kommunaler Radverkehrsinfrastruktur vorantreiben. (S. 53)
- Zur Stärkung des Radverkehrs werden wir die Mittel bis 2030 absichern und die Kombination von Rad und öffentlichem Verkehr fördern. (S. 53)
- Wir werden Straßenverkehrsgesetz und Straßenverkehrsordnung so anpassen, dass neben der Flüssigkeit und Sicherheit des Verkehrs die Ziele des Klima- und Umweltschutzes, der Gesundheit und der städtebaulichen Entwicklung berücksichtigt werden, um Ländern und Kommunen Entscheidungsspielräume zu eröffnen. (S. 52) [Anmerkung: Verweis auf Verkehrsordnung und Straßenrecht]
Fußverkehr
- Den Fußverkehr werden wir strukturell unterstützen und mit einer nationalen Strategie unterlegen. (S. 53)
Verkehrsordnung und Straßenrecht
- Wir werden Straßenverkehrsgesetz und Straßenverkehrsordnung so anpassen, dass neben der Flüssigkeit und Sicherheit des Verkehrs die Ziele des Klima- und Umweltschutzes, der Gesundheit und der städtebaulichen Entwicklung berücksichtigt werden, um Ländern und Kommunen Entscheidungsspielräume zu eröffnen. (S. 52)
- Wir wollen eine Öffnung für digitale Anwendungen wie digitale Parkraumkontrolle. (S. 52)
- In Umsetzung der Vision Zero werden wir das Verkehrssicherheitsprogramm weiterentwickeln. (S. 52)
- Ein generelles Tempolimit wird es nicht geben. (S. 52)
Güterverkehr und Nutzfahrzeuge
- Wir unterstützen regionale Güterverkehrskonzepte, fördern emissionsfreie Stadtlogistik wie Ladezonen und Logistik-Hubs. (S. 51)
- Die Genehmigungspraxis von Schwerlast- und Großraumtransporten wollen wir erleichtern. (S. 51)
- Die Kontrollbehörden werden wir stärken und bessere Sozialstandards und Arbeitsbedingungen durchsetzen. (S. 51)
- Sichere Lkw-Stellflächen an und um Autobahnen werden wir ausbauen und telematisch optimieren. (S. 51)
- Wir werden dem Fachkräftemangel entgegenwirken, Qualifizierung modernisieren und Bürokratie abbauen. (S. 51)
- Wir setzen uns für eine Weiterentwicklung der CO2-Flottengrenzwerte für Nutzfahrzeuge ein und unterstützen die Vorschläge der Europäischen Kommission für den Aufbau von Tank- und Ladeinfrastruktur für Lkw. (S. 52)
- Wir wollen, dass Notbrems- und Abstandsassistenten in Nutzfahrzeugen nicht abgeschaltet werden dürfen. (S. 53)
- Die Nachrüstung von Lkw-Abbiegeassistenzsystemen werden wir bis zum verpflichtenden Einbau weiterhin fördern. (S. 53)
- Wir werden 2023 eine CO2-Differenzierung der Lkw-Maut vornehmen, den gewerblichen Güterkraftverkehr ab 3,5 Tonnen einbeziehen und einen CO2-Zuschlag einführen, unter der Bedingung, eine Doppelbelastung durch den CO2 -Preis auszuschließen. Wir werden die Mehreinnahmen für Mobilität einsetzen. (S. 49)
Automobilindustrie
- Wir unterstützen die Transformation des Automobilsektors, um die Klimaziele im Verkehrsbereich zu erreichen, Arbeitsplätze sowie Wertschöpfung hierzulande zu erhalten. (S. 27)
- Wir machen Deutschland zum Leitmarkt für Elektromobilität, zum Innovationsstandort für autonomes Fahren und beschleunigen massiv den Ausbau der Ladesäuleninfrastruktur. Unser Ziel sind mindestens 15 Millionen vollelektrische Pkw bis 2030. (S. 27)
- Für die Wertschöpfung dieser deutschen Schlüsselindustrie ist die regionale Transformation der KMU ebenso von zentraler Bedeutung. Wir werden daher den Wandel in den Automobilregionen hin zu Elektromobilität durch gezielte Clusterförderung unterstützen. (S. 27)
- Die Fortführung und Weiterentwicklung der Europäischen Batterieprojekte (IPCEI) sowie die Ansiedelung weiterer Zellproduktionsstandorte einschließlich Recycling in Deutschland sind von zentraler Bedeutung. Dazu ist die Stärkung der Forschung an neuen nachhaltigen Batterie-Generationen entscheidend. (S. 27)
- Wir wollen die auf Bundesebene bestehenden Kooperations- und Dialogformate im Bereich Automobilwirtschaft in einer Strategieplattform „Transformation Automobilwirtschaft“ mit Mobilitätswirtschaft, Umwelt- und Verkehrsverbänden, Sozialpartnern, Wissenschaft, Bundestag, Ländern und kommunalen Spitzenverbänden mit den zuständigen Bundesressorts bündeln, um das Ziel der Klimaneutralität, die Wertschöpfung sowie Arbeits- und Ausbildungsplätze zu sichern. (S. 27)
Luftverkehr
- Wir wollen die deutsche Luftverkehrswirtschaft und -industrie als Schlüsselbranchen nachhaltig und leistungsfähig weiterentwickeln, in einem umfassenden Beteiligungsprozess ein Luftverkehrskonzept 2030+ zur Zukunft der Flughäfen in Deutschland erstellen, die Schienenanbindung von Drehkreuzen fördern und durch bessere Bahnverbindungen die Anzahl von Kurzstreckenflügen verringern. (S. 53)
- Deutschland soll Vorreiter beim CO2-neutralen Fliegen werden bei Wahrung von fairen Rahmenbedingungen im internationalen Wettbewerb. Unser Ziel ist die Schaffung von fairen Rahmenbedingungen im internationalen Wettbewerb für einen wirksamen Klimaschutz im Luftverkehr, der Emissionen effektiv reduziert sowie Carbon Leakage vermeidet. (S. 54)
- Bis zur europäischen Entscheidung über die Einführung einer Kerosinsteuer in Anlehnung an den Energiegehalt werden wir uns dafür einsetzen, auch europaweit eine Luftverkehrsabgabe einzuführen, wie sie in Deutschland erhoben wird. (S. 54)
- Wir werden uns bei der Europäischen Union dafür einsetzen, dass Flugtickets nicht zu einem Preis unterhalb der Steuern, Zuschläge, Entgelte und Gebühren verkauft werden dürfen. (S. 54)
- Mit Blick auf die aktuelle pandemiebedingte Krise der Luftfahrtbranche werden wir eine Erhöhung der Luftverkehrsabgabe erst nach 2023 prüfen. (S. 54)
- Einnahmen aus der Luftverkehrssteuer werden wir für die Förderung von Produktion und Einsatz von CO2-neutralen strombasierten Flugkraftstoffen sowie für Forschung, Entwicklung und Flottenmodernisierung im Luftverkehr einsetzen. (S. 54)
- Wir unterstützen ambitionierte Quoten für Power-to-Liquid (PtL-Quoten) im Luft- und Schiffsverkehr, um einen Markthochlauf anzureizen. (S. 54)
- Wir wollen Fluglärm reduzieren und den Anteil lärmabhängiger Flughafenentgelte erhöhen. (S. 54)
- Wir fördern einen klimaneutralen Flughafenbetrieb. (S. 54)
- Die Aufgabe der Deutschen Flugsicherung wird um das Thema eines effektiven Lärmschutzes erweitert. (S. 54)
- Eine Änderung des Fluglärmschutzgesetzes werden wir auf Basis des Evaluierungsberichts der Bundesregierung betrachten. (S. 54)
- Wir werden uns auf EU-Ebene für die Umsetzung des „Single European Sky“ und einen niedrigeren Schwefelgehalt von Kerosin einsetzen. (S. 54)
- Wir stärken den Luftfahrtproduktionsstandort Deutschland. Wir unterstützen die Erforschung und den Markthochlauf von synthetischen Kraftstoffen, die klimaneutrales Fliegen ermöglichen. (S. 27)
- Die Auftragsverfahren im Zusammenhang mit dem Luftfahrtforschungsprogramm für Entwicklung und Einsatz digitaler Werkzeuge, Prozessentwicklung, Materialforschung und Leichtbau sollen weiter beschleunigt sowie Vorauszahlungen ermöglicht werden. (S. 27)
- Wir stärken die Forschung zum Einsatz nachhaltiger Kraftstoffe, für leisere Antriebe sowie für eine Plattform zur Simulation und Optimierung des Gesamtsystems Luftfahrt bezüglich seiner Klimawirkung. (S. 27)
- Entschädigungs- oder Ausgleichszahlungen sollen bei allen Verkehrsträgern automatisiert werden. (S. 113)
Schiffsverkehr und maritime Wirtschaft
- Wir werden eine Nationale Hafenstrategie entwickeln und die enge Zusammenarbeit unserer Häfen fördern. Der Bund steht zur gemeinsamen Verantwortung für die notwendigen Hafeninfrastrukturen. (S. 53)
- Den Schifffahrtsanteil im Güterverkehr wollen wir steigern und dazu auch Hinterlandanbindungen stärken. (S. 53)
- Wir werden Landstrom und alternative Antriebe und Kraftstoffe fördern. (S. 53)
- Wir werden das Flottenerneuerungsprogramm für die klimafreundliche Binnenschifffahrt anpassen. (S. 53)
- Wir wollen bei der Ausgestaltung von Fit for 55 die Gesamtbelastungen für die Schifffahrt im Blick behalten. (S. 53)
- Wir werden Sanierung und Ausbau von Schleusen beschleunigen. (S. 53)
- Wir werden einen gesamtgesellschaftlichen Dialog zu Klimaresilienz und Naturschutz bei Wasserstraßen initiieren. (S. 53)
- Wir werden die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung stärken und ihre Effizienz erhöhen. (S. 53)
- Die Kompetenzen der Bundeswasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung (WSV) für Klimaschutz und Klimaanpassung werden wir stärken. (S. 38)
- Durch Innovation und Technologieführerschaft sorgen wir für eine wettbewerbsfähige maritime Wirtschaft in Deutschland, insbesondere bei klimafreundlichen Schiffsantrieben. (S. 28)
- Wir bekennen uns zu den Zielen der Maritimen Agenda. (S. 28)
- Wir stärken den Schiffbau über die gesamte Wertschöpfungskette inklusive des Schiffsrecyclings als industriellen Kern in Deutschland. (S. 28)
- Auf europäischer Ebene treten wir für faire Wettbewerbsbedingungen und die Einsetzung eines europäischen Flottenmodernisierungsprogramms ein. (S. 28)
Tiertransporte
- Lebendtiertransporte in Drittstaaten werden künftig nur erlaubt, wenn sie auf Routen mit nachgewiesen tierschutzgerechten Versorgungseinrichtungen stattfinden. Wir setzen uns auch auf EU-Ebene für bessere Regelungen für Tiertransporte und einen Ausbau des Datenbanksystems TRACES ein. Wir fördern dezentrale und mobile Schlachtstrukturen. (S. 44)
Infrastrukturpolitik
Einleitender Rahmen
Für die vor uns liegenden Aufgaben braucht es Tempo beim Infrastrukturausbau. Die Verfahren, Entscheidungen und Umsetzungen müssen deutlich schneller werden. Wir werden deshalb Planungs- und Genehmigungsverfahren modernisieren, entbürokratisieren und digitalisieren sowie die Personalkapazitäten verbessern. Indem wir Bürgerinnen und Bürger früher beteiligen, machen wir die Planungen schneller und effektiver. (S. 8)
Infrastrukturinvestitionen
- Die Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur müssen weiter erhöht und langfristig abgesichert werden. Dabei wollen wir erheblich mehr in die Schiene als in die Straße investieren, um prioritär Projekte eines Deutschlandtaktes umzusetzen. (S. 48)
- Bei den Bundesfernstraßen wollen wir einen stärkeren Fokus auf Erhalt und Sanierung legen, mit besonderem Schwerpunkt auf Ingenieurbauwerke. Dazu werden wir den Anteil der Erhaltungsmittel bis 2025 bei wachsendem Etat schrittweise erhöhen. (S. 48)
- Wir streben einen neuen Infrastrukturkonsens bei den Bundesverkehrswegen an. Dazu werden wir parallel zur laufenden Bedarfsplanüberprüfung einen Dialogprozess mit Verkehrs-, Umwelt-, Wirtschafts- und Verbraucherschutzverbänden starten mit dem Ziel einer Verständigung über die Prioritäten bei der Umsetzung des geltenden Bundesverkehrswegeplan. Bis zur Bedarfsplanüberprüfung gibt es eine gemeinsame Abstimmung über die laufenden Projekte. (S. 48)
- Wir werden auf Basis neuer Kriterien einen neuen Bundesverkehrswege- und -mobilitätsplan 2040 auf den Weg bringen. (S. 48)
- Wir wollen das Nebeneinander von Autobahn GmbH und Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau Gesellschaft (DEGES) aufheben. Zwischen Bund und Autobahn GmbH wollen wir eine überjährige Finanzierungsvereinbarung abschließen. (S. 49)
- Wir werden 2023 eine CO2-Differenzierung der Lkw-Maut vornehmen, den gewerblichen Güterkraftverkehr ab 3,5 Tonnen einbeziehen und einen CO2-Zuschlag einführen, unter der Bedingung, eine Doppelbelastung durch den CO2 -Preis auszuschließen. Wir werden die Mehreinnahmen für Mobilität einsetzen. (S. 49)
- Wir wollen Lärmbelastungen durch den Verkehr reduzieren, setzen uns für eine Reduzierung von mutwilligem Lärm ein und sorgen für mehr aktiven und passiven Lärmschutz. Um zu angemessenen Lärmschutzmaßnahmen zu kommen, werden wir die gesamte Lärmsituation berücksichtigen. Die Lärmsanierungsprogramme für Bundesfernstraßen und Schienenwege werden wir besser finanzieren. Innovative Technik zur Lärmvermeidung, so für neue Güterwagen, werden wir bis zur Markteinführung unterstützen. (S. 49)
Planungs- und Genehmigungsbeschleunigung
- Im ersten Jahr der Regierung sollen alle notwendigen Entscheidungen getroffen und durchgesetzt werden, um private wie staatliche Investitionen schnell, effizient und zielsicher umsetzen zu können. Ziel ist es, die Verfahrensdauer mindestens zu halbieren. (S. 12)
- Alle staatlichen Stellen sollen Verwaltungsverfahren so vereinfachen und verbessern, dass gerichtliche Auseinandersetzungen möglichst vermieden werden. (S. 12)
- Wir werden mehr Möglichkeiten im Rahmen des Verfassungs- und Unionsrechts ausnutzen. (S. 12)
- Wir werden die personellen und technischen Kapazitäten bei Behörden und Gerichten erhöhen. (S. 12)
- Für eine Personal- und Weiterbildungsoffensive sowie die Digitalisierung auf allen Ebenen streben wir einen verlässlichen und nachhaltigen Pakt für Planungs-, Genehmigungs- und Umsetzungsbeschleunigung mit den Ländern an. (S. 12)
- Die Inhouse-Beratungskapazitäten der öffentlichen Hand werden zu Beschleunigungsagenturen ausgebaut, auf die auch Länder und Kommunen einfach zugreifen können. Die Einsatzmöglichkeiten für private Projektmanagerinnen und Projektmanager werden ausgedehnt. (S. 12)
- Für Angelegenheiten des Planungsrechts schaffen wir die Voraussetzungen für zusätzliche Senate am Bundesverwaltungsgericht. (S. 12)
- Die Bundesregierung verstärkt ihre Kompetenz zur Unterstützung dialogischer Bürgerbeteiligungsverfahren. (S. 12)
- Die Digitalisierung von Planungs- und Genehmigungsprozessen werden wir priorisiert umsetzen. Wir werden Behörden mit notwendiger Technik ausstatten, IT-Schnittstellen zwischen Bund und Ländern standardisieren und das digitale Portal für Umweltdaten zu einem öffentlich nutzbaren zentralen Archiv für Kartierungs- und Artendaten ausbauen. Bereits erhobene Daten sind, ggf. durch Plausibilisierungen, möglichst lange nutzbar zu machen. Planungsprozesse werden mit Gebäudedatenmodellierung (Building Information Modeling) effizienter, kostengünstiger und transparenter gestaltet. (S. 12)
- Die digitalen Möglichkeiten des Planungssicherstellungsgesetzes werden wir nahtlos fortsetzen und insbesondere im Hinblick auf die Bürgerbeteiligung weiterentwickeln. (S. 12)
- Um Verwaltungsverfahren zu beschleunigen, werden wir eine frühestmögliche und intensive Öffentlichkeitsbeteiligung einführen. Diese wird mit einer Mitwirkungspflicht für die anerkannten Naturschutzverbände und für die betroffene Öffentlichkeit kombiniert. (S. 13)
- Wir wollen eine wirksame und unionsrechtlich zulässige Form der materiellen Präklusion einführen. (S. 13)
- Wir werden frühzeitige Verfahrenskonferenzen in den Behörden einführen. (S. 13)
- Wir werden möglichst frühe Stichtage für die anzuwendende Sach- und Rechtslage vorsehen. (S. 13)
- Wir wollen klarstellen, dass wiederholte Auslegungs-, Einwendungs- und Erwiderungsschleifen vermieden werden können, indem bei Planänderungen nach Bürgerbeteiligung nur noch neu Betroffene zu beteiligen und Einwendungen nur mehr gegen Planänderungen zulässig sind. (S. 13)
- Wir werden verwaltungsinterne Fristen und Genehmigungsfiktionen bei Beteiligung weiterer Behörden ausweiten. (S. 13)
- Bei besonders prioritären Vorhaben soll der Bund künftig nach dem Vorbild des Bundesimmissionsschutzgesetzes kurze Fristen zum Erlass des Planfeststellungsbeschlusses vorsehen. (S. 13)
- Wir wollen große und besonders bedeutsame Infrastrukturmaßnahmen auch im Wege zulässiger und unionsrechtskonformer Legalplanung beschleunigt auf den Weg bringen und mit hoher politischer Priorität umsetzen. Unter solchen Infrastrukturmaßnahmen verstehen wir systemrelevante Bahnstrecken, Stromtrassen und Ingenieursbauwerke (z. B. kritische Brücken). Für die Ausgestaltung werden wir uns eng mit der Europäischen Kommission abstimmen, die erforderliche Umweltprüfung durchführen und durch den Zugang zum Bundesverwaltungsgericht den Rechtsschutz und die Effektivität des Umweltrechts sicherstellen. (S. 13)
- Für geeignete Fälle kommt auch eine Übernahme des Raumordnungsverfahrens durch den Bund in Betracht. Beginnen werden wir mit Schienenprojekten aus dem Deutschlandtakt – dem Ausbau/Neubau der Bahnstrecken Hamm-Hannover-Berlin, Korridor Mittelrhein, Hanau-Würzburg/Fulda-Erfurt, München-Kiefersfelden-Grenze D/A, Karlsruhe-Basel, „Optimiertes Alpha E+“, Ostkorridor Süd, Nürnberg-Reichenbach/Grenze D-CZ, die Knoten Hamburg, Frankfurt, Köln, Mannheim und München – so wie mit für die Energiewende zentralen Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragungsleitungen SüdLink, SüdOstLink und Ultranet. Weitere Vorhaben werden hinzukommen. (S. 13)
- Wir werden eine engere Verzahnung zwischen Raumordnungs- und Planfeststellungsverfahren ermöglichen, um Doppelprüfungen zu vermeiden. (S. 13)
- Wir wollen das Instrument der Plangenehmigung, insbesondere bei Unterhaltungs-, Sanierungs-, Erneuerungs-, Ersatz- und Ergänzungsmaßnahmen im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang mit existierenden Infrastrukturen innerhalb des europäischen Rechtsrahmens stärker nutzbar machen. (S. 13)
- Wir streben an, Sonderregeln für einzelne Gebiete der Fachplanung in das allgemeine Verwaltungsverfahrensrecht zu überführen, soweit dies möglich und sinnvoll ist. (S. 13)
- Wir wollen den Planerhalt stärken, indem wir die Planerhaltungsnormen und Zielabweichungsverfahren ausweiten. (S. 13)
- Verwaltungsgerichtsverfahren werden wir beschleunigen durch einen „frühen ersten Termin“ sowie durch ein effizienteres einstweiliges Rechtsschutzverfahren, in dem Fehlerheilungen maßgeblich berücksichtigt werden und auf die Reversibilität von Maßnahmen abgestellt wird. Klägerinnen und Kläger, deren Rechtsbehelfe zur Fehlerbehebung beitragen, werden die Verfahren ohne Nachteil beenden können. (S. 13)
- Wir wollen die Rechtssicherheit im Artenschutzrecht durch bundeseinheitliche gesetzliche Standardisierung (insb. Signifikanzschwellen) erhöhen, ohne das Schutzniveau insgesamt abzusenken. (S. 13)
- Für unsere gemeinsame Mission, die Planung von Infrastrukturprojekten, insbesondere den Ausbau der Erneuerbaren Energien drastisch zu beschleunigen, wollen wir das Verhältnis von Klimaschutz und Artenschutz klären. (S. 13)
- Zur Erreichung der Klimaziele liegt die Errichtung von Anlagen zur Erzeugung oder zum Transport von Strom aus Erneuerbaren Energien sowie der Ausbau elektrifizierter Bahntrassen im öffentlichen Interesse und dient der öffentlichen Sicherheit. Dies werden wir gesetzlich festschreiben und für solche Projekte unter gewissen Voraussetzungen eine Regelvermutung für das Vorliegen der Ausnahmevoraussetzungen des Bundesnaturschutzgesetzes schaffen. (S. 13)
- Wir werden uns für eine stärkere Ausrichtung auf den Populationsschutz, eine Klärung des Verhältnisses von Arten- und Klimaschutz sowie mehr Standardisierung und Rechtssicherheit, auch im Unionsrecht, einsetzen. Ähnliche Prüfungen im Rahmen eines Genehmigungsverfahrens wollen wir, wo möglich, in einer integrierten Prüfung zusammenführen, ohne das Schutzniveau abzusenken. (S. 13)
Vergaberecht
- Wir wollen die öffentlichen Vergabeverfahren vereinfachen, professionalisieren, digitalisieren und beschleunigen. (S. 33)
- Die Bundesregierung wird die öffentliche Beschaffung und Vergabe wirtschaftlich, sozial, ökologisch und innovativ ausrichten und die Verbindlichkeit stärken, ohne dabei die Rechtssicherheit von Vergabeentscheidungen zu gefährden oder die Zugangshürden für den Mittelstand zu erhöhen. (S. 33)
- Wir werden die bestehenden Anforderungen entsprechend des europäischen Vergaberechts im nationalen Vergaberecht präzisieren. (S. 33)
- Die öffentliche Hand soll sich am Aufbau eines Systems zur Berechnung von Klima- und Umweltkosten beteiligen. (S. 33)
Verwaltung und öffentlicher Dienst
- Die Modernisierung des Staates gelingt nur mit einem starken Öffentlichen Dienst. Diesen werden wir attraktiver gestalten. Der Staat muss bei Vielfalt, Gleichstellung und flexiblen sowie digitalen Arbeitsbedingungen Vorbild sein. Wir fördern und vereinfachen den Personalaustausch und die Rotation zwischen verschiedenen Behörden, zwischen Bund und Ländern sowie zwischen Verwaltung und Privatwirtschaft. Die Einstellungsvoraussetzungen flexibilisieren wir in Richtung praktischer Berufserfahrungen und stärken das Instrument des Altersgeldes. (S. 9)
Energiepolitik (mit Verkehrsbezug / Energieträgerbezug)
Wasserstoff und Batteriezellen
- Wir setzen uns für die Gründung einer Europäischen Union für grünen Wasserstoff ein. Dazu wollen wir das IPCEI Wasserstoff schnell umsetzen und Investitionen in den Aufbau einer Wasserstoffnetzinfrastruktur finanziell fördern. So wollen wir bis 2030 Leitmarkt für Wasserstofftechnologien werden und dafür ein ambitioniertes Update der nationalen Wasserstoffstrategie erarbeiten. (S. 26)
- Wir setzen uns auf europäischer Ebene für eine einheitliche Zertifizierung von Wasserstoff und seinen Folgeprodukten ein und stärken europäische Importpartnerschaften. Wir werden das IPCEI Wasserstoff zusammen mit den Bundesländern schnell umsetzen und Investitionen in den Aufbau einer Wasserstoffinfrastruktur fördern. Wir wollen Programme wie z. B. H2Global europäisch weiterentwickeln und entsprechend finanziell ausstatten. (S. 60)
- Wir nutzen die Europäische Union und die internationalen Gremien gemeinsam mit europäischen Partnern für eine Initiative zur Gründung eines für alle Staaten offenen internationalen Klimaclubs mit einem einheitlichen CO2-Mindestpreis und einem gemeinsamen CO2-Grenzausgleich. (S. 26)
- Neben dem Ausbau der Infrastruktur werden wir die Ziele zur Elektrolyseleistung deutlich erhöhen, europäische und internationale Klima- und Energiepartnerschaften für klimaneutralen Wasserstoff und seine Derivate auf Augenhöhe vorantreiben und Quoten für grünen Wasserstoff in der öffentlichen Beschaffung einführen, um Leitmärkte zu schaffen. (S. 26)
- Wir fördern in Deutschland die Produktion von grünem Wasserstoff. Im Interesse eines zügigen Markthochlaufs fördern wir zukunftsfähige Technologien auch dann, wenn die Verfügbarkeit von grünem Wasserstoff noch nicht ausreichend sichergestellt ist. (S. 26)
- Wir wollen den Einsatz von Wasserstoff nicht auf bestimmte Anwendungsfelder begrenzen. (S. 26)
- Grüner Wasserstoff sollte vorrangig in den Wirtschaftssektoren genutzt werden, in denen es nicht möglich ist, Verfahren und Prozesse durch eine direkte Elektrifizierung auf Treibhausgasneutralität umzustellen. (S. 26)
- Wir wollen den Aufbau einer leistungsfähigen Wasserstoffwirtschaft und die dafür notwendige Import- und Transportinfrastruktur möglichst schnell vorantreiben. (S. 60)
- Wir wollen eine Elektrolysekapazität von rund 10 Gigawatt im Jahr 2030 erreichen. Dies werden wir u. a. durch den Zubau von Offshore-Windenergie sowie europäische und internationale Energiepartnerschaften sicherstellen. Dazu ist ein engagierter Aufbau der notwendigen Infrastruktur erforderlich. Dafür werden wir die notwendigen Rahmenbedingungen einschließlich effizient gestalteter Förderprogramme schaffen und insbesondere auch die europäische Zusammenarbeit in diesem Bereich stärken. (S. 60) [Anmerkung: Ein Ausbau der Elektrolyseleistung auf 10 GW bis 2030 entspricht einem Faktor 1.000. Aktuell dürfte in Deutschland eine Kapazität von ~0,01 GW existieren.]
- Beim Import von Wasserstoff werden wir die klimapolitischen Auswirkungen beachten und faire Wettbewerbsbedingungen für unsere Wirtschaft sicherstellen. (S. 60)
- Deutschland soll zu einem Zentrum für Forschung, Fertigung und Recycling von Batteriezellen werden. (S. 26)
Erneuerbare Energien
- Wir richten unser Erneuerbaren-Ziel auf einen höheren Bruttostrombedarf von 680-750 TWh im Jahr 2030 aus. Davon sollen 80 Prozent aus Erneuerbaren Energien stammen. Entsprechend beschleunigen wir den Netzausbau. Die jährlichen Ausschreibungsmengen passen wir dynamisch an. (S. 56) [Anmerkung: Der Anteil Erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung soll 2030 80 % statt 65 % betragen. Aufgeteilt auf die einzelnen regenerativen Energiequellen bedeutet dies einen Kapazitätsaufbau bei Photovoltaik von 58 GW auf 200 GW (Faktor 3,4), Onshore Wind von 56 GW auf 111 GW (Faktor 2,0), Offshore Wind von 7,8 GW auf 30 GW (Faktor 3,8).]
Sektorkopplung
- Es bedarf einer raschen und umfassenden Reform der Finanzierungsarchitektur des Energiesystems. Der Weg muss darin bestehen, Anreize für die sektorübergreifende Nutzung von Erneuerbaren Energien, dezentrale Erzeugungsmodelle sowie die Vermeidung von Treibhausgasemissionen konsequent zu stärken. (S. 61)
- Wir gewährleisten, dass erneuerbarer Strom wirtschaftlich für die Sektorenkopplung genutzt wird, anstatt die Anlagen wegen Netzengpässen abzuschalten. (S. 61)
Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG)
- Beendigung der Finanzierung der EEG-Umlage über den Strompreis. Wir werden sie daher zum 1. Januar 2023 in den Haushalt übernehmen. Die Finanzierung übernimmt der EKF, der aus den Einnahmen der Emissionshandelssysteme (BEHG und ETS) und einem Zuschuss aus dem Bundeshaushalt gespeist wird. Der EKF wird in der Lage sein, die Finanzierung der nötigen Klimaschutzmaßnahmen und der EEG-Umlage zu stemmen. (S. 62)
- Mit der Vollendung des Kohleausstieges werden wir die Förderung der Erneuerbaren Energien auslaufen lassen. (S. 62)
- Im Rahmen dieser Änderungen werden alle Ausnahmen von EEG-Umlage und Energiesteuern sowie die Kompensationsregelungen überprüft und angepasst. Ziel ist es, Steuerbegünstigungen abzubauen, die sich auf die wirtschaftliche Nutzung von Strom beziehen und dabei die Entlastung durch den Wegfall der EEG-Umlage zu berücksichtigen. Die Unternehmen sollen dadurch insgesamt nicht mehr belastet werden. (S. 62)
Emissionshandel
- Wir wollen den europäischen Emissionshandel und das Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) im Sinne des EU-Programms „Fit for 55“ überarbeiten. (S. 62)
- Wir setzen auf einen steigenden CO2-Preis als wichtiges Instrument, verbunden mit einem starken sozialen Ausgleich und werden dabei insbesondere Menschen mit geringeren Einkommen unterstützen. Was gut ist fürs Klima, wird günstiger – was schlecht ist, teurer. (S. 62)
- Daher unterstützen wir die Pläne der Europäischen Kommission zur Stärkung des bestehenden Emissionshandels und setzen uns für eine ambitionierte Reform ein. (S. 62)
- Wir setzen uns insbesondere auf europäischer Ebene für einen ETS-Mindestpreis sowie für die Schaffung eines zweiten Emissionshandels für die Bereiche Wärme und Mobilität (ETS 2) ein. Dabei ist vorzusehen, dass in den jeweiligen EU-Mitgliedstaaten ein sozialer Ausgleich stattfindet. (S. 62)
- In den 2030er Jahren soll es ein einheitliches EU-Emissionshandelssystem über alle Sektoren geben, das Belastungen nicht einseitig zulasten der Verbraucherinnen und Verbraucher verschiebt. (S. 62)
- Der Preis im ETS liegt derzeit bei um die 60 Euro/Tonne. Nach allen Prognosen wird er strukturell nicht unter dieses Niveau fallen, sondern eher steigen. Sollte die Entwicklung der nächsten Jahre anders verlaufen und die Europäische Union sich nicht auf einen ETS-Mindestpreis verständigt haben, werden wir über die entsprechenden nationalen Maßnahmen entscheiden (wie z. B. Zertifikatlöschung oder Mindestpreis etc.), damit der CO2-Preis langfristig nicht unter 60 Euro/Tonne fällt. (S. 63)
- Das Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG), einschließlich der erfassten Brennstoffemissionen in der Industrie (industrielle Prozesswärme), wollen wir auf seine Kompatibilität mit einem möglichen ETS 2 überprüfen und gegebenenfalls so anpassen, dass ein möglichst reibungsloser Übergang gewährleistet ist. (S. 63)
- Wir betrachten Energiepreise und CO2-Preise zusammen. Angesichts des derzeitigen Preisniveaus durch nicht CO2-Preis-getriebene Faktoren halten wir aus sozialen Gründen am bisherigen BEHG-Preispfad fest. Wir werden einen Vorschlag zur Ausgestaltung der Marktphase nach 2026 machen. Um einen künftigen Preisanstieg zu kompensieren und die Akzeptanz des Marktsystems zu gewährleisten, werden wir einen sozialen Kompensationsmechanismus über die Abschaffung der EEG-Umlage hinaus entwickeln (Klimageld). (S. 63)
Klimaschutz
Einleitender Rahmen
Wir werden national, in Europa und international unsere Klima-, Energie- und Wirtschaftspolitik auf den 1,5-Grad-Pfad ausrichten und die Potenziale auf allen staatlichen Ebenen aktivieren. Um dies zu erreichen, werden wir unsere Ziele ambitioniert aus dem gemeinsamen Beitrag ableiten, zu dem sich die Europäische Union im Rahmen des Pariser Abkommens verpflichtet hat. (S. 54f.)
Dabei sichern wir die Freiheit kommender Generationen im Sinne der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, indem wir einen verlässlichen und kosteneffizienten Weg zur Klimaneutralität spätestens 2045 technologieoffen ausgestalten. Am deutschen Atomausstieg halten wir fest. Wir setzen auf eine sozial-ökologische Marktwirtschaft und auf konkrete Maßnahmen, die in den nächsten Jahren umgesetzt werden und die Menschen mitnehmen. In den Verhandlungen über das EU-Programm „Fit for 55“ unterstützen wir die Vorschläge der EU-Kommission und wollen in den einzelnen Sektoren die Instrumente möglichst technologieneutral ausgestalten. (S. 55)
Klimaschutzgesetz
- Wir werden das Klimaschutzgesetz noch im Jahr 2022 konsequent weiterentwickeln und ein Klimaschutz-Sofortprogramm mit allen notwendigen Gesetzen, Verordnungen und Maßnahmen auf den Weg bringen. (S. 54)
- Wir werden Klimaschutz zu einer Querschnittsaufgabe machen, indem das jeweils federführende Ressort seine Gesetzentwürfe auf ihre Klimawirkung und die Vereinbarkeit mit den nationalen Klimaschutzzielen hin prüft und mit einer entsprechenden Begründung versieht (Klimacheck). (S. 54)
- Alle Sektoren werden einen Beitrag leisten müssen: Verkehr, Bauen und Wohnen, Stromerzeugung, Industrie und Landwirtschaft. Die Einhaltung der Klimaziele werden wir anhand einer sektorübergreifenden und analog zum Pariser Klimaabkommen mehrjährigen Gesamtrechnung überprüfen. Basis dafür ist das jährliche Monitoring. Auf dem Weg zur Klimaneutralität müssen alle Sektoren ihren Beitrag zum Erreichen der Klimaziele leisten. (S. 54) [Anmerkung: Für mich ist an dieser Stelle unklar, ob es weiterhin Sektorziele mit Sofortprogrammen bei deren Überschreitung geben wird. Es ist absehbar, dass insbesondere der Verkehrssektor in den kommenden Jahren die Minderungsziele nicht erfüllen wird. Durch eine sektorübergreifende Gesamtrechnung könnten Sofortmaßnahmen im Verkehrssektor vermieden werden.]
- Wir wollen mit aller Kraft vermeiden, dass Deutschland aufgrund einer Nichterreichung seiner Klimaziele EU-Emissionshandels-Zertifikate im Rahmen der EU-Lastenteilung kaufen muss, die den Bundeshaushalt belasten. (S. 54)
- Wir werden ein Klimaschutzsofortprogramm mit allen notwendigen Gesetzen und Vorhaben bis Ende 2022 auf den Weg bringen und abschließen. (S. 54)
Klima- und Energieaußenpolitik
- Wir nutzen u. a. die deutsche G7-Präsidentschaft 2022 für eine Initiative zur Gründung von Klimapartnerschaften sowie eines für alle Staaten offenen internationalen Klimaclubs. Ziele sind u. a. Klimaneutralität, der massive Ausbau Erneuerbarer Energien und deren Infrastruktur, die Produktion von Wasserstoff. Wir streben ein globales Emissionshandelssystem an, das mittelfristig zu einem einheitlichen CO2-Preis führt. (S. 63)
Klimawandelanpassung
- Wir unterstützen Kommunen bei Investitionen in Klimaresilienz, insbesondere in eine klimafeste Wasserinfrastruktur, die Extremniederschlägen und Niedrigwasser Rechnung trägt. Mit Entsiegelungsprojekten stärken wir die Versickerung von Regenwasser und reduzieren die Risiken von Überschwemmungen. (S. 40)
- Wir prüfen, ob und inwieweit der Bund Kommunen bei überdurchschnittlichen Kosten beim klimagerechten Umbau unterstützen kann. (S. 129)
Daseinsvorsorge, Inklusion, Umwelt- und Gesundheitsschutz
Mobilität im ländlichen Raum
- Die Erschließungs- und Qualitätsstandards für ein alltagstaugliches Mobilitätsangebot als möglichst vollwertige Alternative zum motorisierten Individualverkehr wollen wir im Jahr 2022 zwischen Bund, Ländern und Kommunen definieren. (S. 129)
- Die Bahn muss in ganz Deutschland zum Rückgrat der Mobilität werden – auch im ländlichen Raum. Einen Schwerpunkt setzen wir dabei auf den Ausbau der Schieneninfrastruktur und des Bahnbetriebes. (S. 129)
- Wir wollen individuelle und öffentliche Mobilität verknüpfen und durch neue flexible Angebote auch privater Anbieter ergänzen. Dazu nutzen wir das Potenzial der Digitalisierung und unterstützen die Kommunen bei diesen neuen Herausforderungen. (S. 129)
- Wir werden die im Strukturstärkungsgesetz vereinbarten Verkehrsinfrastrukturprojekte, insbesondere im Bereich Schieneninfrastruktur, wie geplant umsetzen. (S. 129)
Gute Lebensverhältnisse in Stadt und Land
- Bund und Länder sind gleichermaßen in der Verantwortung für gleichwertige Lebensverhältnisse in allen Regionen. Gezielt zu diesem Zweck werden wir die Mittel von GRW und GAK [Anmerkung: GRW = Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur / GAK = Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes] jährlich dynamisch erhöhen. Wir wollen die Möglichkeiten der Infrastrukturförderung in der GRW und GAK erweitern, deren Anwendbarkeit flexibilisieren und die mehrjährige Übertragbarkeit der Mittel sicherstellen. (S. 129)
- Der Sonderrahmenplan „Ländliche Entwicklung“ wird aufgestockt und ausgebaut. (S. 129)
- Wir prüfen einen neuen Fördertatbestand „Regionale Daseinsvorsorge“ innerhalb der GRW. (S. 129)
- Wir unterstützen Initiativen zur Schaffung von Orten im ländlichen Raum, die Angebote bspw. der Nahversorgung, der Kultur, Bildung und Gesundheitsdienstleistungen bündeln (Dienstleistungszentren, Gemeinschaftshäuser, Dorfbüros). (S. 129)
- Wir wollen die Metropolregionen und ländlichen Regionen strategisch zum gegenseitigen Vorteil miteinander verknüpfen. (S. 129)
- Alle Menschen in Deutschland müssen sich auf moderne Standards verlassen können. Dazu gehören vernetzte, alltagstaugliche, bezahlbare und klimafreundliche Mobilität, schnelle Mobilfunk- und Breitbandverbindungen, Gesundheitsversorgung, Bildungs-, Kultur- und Sportangebote. (S. 129)
Flächendeckende medizinische Versorgung
- Wir stellen gemeinsam mit den KVen [Anmerkung: Krankenversicherungen] die Versorgung in unterversorgten Regionen sicher. (S. 85)
- Die Gründung von kommunal getragenen Medizinischen Versorgungszentren und deren Zweigpraxen erleichtern wir und bauen bürokratische Hürden ab. (S. 85)
Luftreinhaltung
- Wir wollen die Luftbelastung weiter reduzieren, um die menschliche Gesundheit und die Umwelt nachhaltig zu schützen. (S. 41)
- Wir unterstützen das Vorhaben der Europäischen Kommission, die EU-Luftqualitätsrichtlinie zu novellieren, um schrittweise neueste Standards zu erreichen. Wir werden für Transparenz bei Ablassen von Kerosin sorgen und Möglichkeiten der Vermeidung entwickeln. (S. 41)
- Kommunen werden wir auf dem Weg zu besserer Luftqualität unterstützen. (S. 41)
- Um die Minderungsziele aus der Richtlinie über nationale Emissionshöchstmengen fristgerecht zu erreichen, setzen wir im nationalen Luftreinhalteprogramm alle erforderlichen Maßnahmen um. (S. 41)
Lärmschutz
- Wir wollen zum Schutz der Gesundheit zukünftig die gesamte Lärmsituation berücksichtigen und werden die Einführung einer Gesamtlärmbetrachtung prüfen. Diese könnte zum Beispiel die Belastungen aus Straßen-, Schienen- und Luftverkehr sowie von Industrie- und Gewerbeanlagen zusammenführen. (S. 93)
- Die TA Lärm werden wir modernisieren und an die geänderten Lebensverhältnisse in den Innenstädten anpassen, um Zielkonflikte zwischen Lärmschutz und heranrückender Wohnbebauung aufzulösen. (S. 93)
Bodenschutz / 30-ha-Ziel
- Um den Flächenverbrauch für Siedlungs- und Verkehrszwecke auf das 30-ha-Ziel bis spätestens 2030 zu reduzieren, werden wir Anreize setzen, Fehlanreize vermeiden und durch wirksame Initiativen Versiegelung reduzieren. (S. 41f.)
- Wir werden das Nachhaltigkeitsziel der Bundesrepublik beim Flächenverbrauch mit konkreten Maßnahmen hinterlegen. Die Regelung des § 13b BauGB wird nicht verlängert. (S. 93)
Europäisches Naturschutzrecht
- Das europäische Naturschutzrecht setzen wir eins-zu-eins um. Für die Umsetzung von Naturschutzmaßnahmen oberhalb von gesetzlichen Mindeststandards stärken wir den Vertragsnaturschutz deutlich und ermöglichen regionale Spielräume sowie flexible Lösungen wie den niederländischen Weg. (S. 37)
Inklusion und Barrierefreiheit
- Wir wollen, dass Deutschland in allen Bereichen des öffentlichen und privaten Lebens, vor allem aber bei der Mobilität (u. a. bei der Deutschen Bahn), beim Wohnen, in der Gesundheit und im digitalen Bereich, barrierefrei wird. Wir setzen dafür das Bundesprogramm Barrierefreiheit ein. Dazu überarbeiten wir unter anderem das Behindertengleichstellungsgesetz und das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz sowie das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz. (S. 78)
- Wir verpflichten in dieser Wahlperiode private Anbieter von Gütern und Dienstleistungen, innerhalb einer angemessenen Übergangsfrist zum Abbau von Barrieren oder, sofern dies nicht möglich oder zumutbar ist, zum Ergreifen angemessener Vorkehrungen. Wir legen entsprechende Förderprogramme auf und bauen die Beratungsarbeit der Bundesfachstelle Barrierefreiheit aus. (S. 78)
- Wir werden die Ausnahmemöglichkeiten des Personenbeförderungsgesetzes (ÖPNV) bis 2026 gänzlich abschaffen. (S. 78)
Finanzierung
Schuldenbremse
- 2022 fortwirkende Pandemiefolgen: weiterhin eine außergewöhnliche Notsituation im Sinne der Schuldenregel (S. 158)
- Ab 2023: Verschuldung wird auf den verfassungsrechtlich von der Schuldenbremse vorgegebenen Spielraum beschränkt und die Vorgaben der Schuldenbremse eingehalten. (S. 158)
- Wir werden im Rahmen der grundgesetzlichen Schuldenbremse die nötigen Zukunftsinvestitionen gewährleisten, insbesondere in Klimaschutz, Digitalisierung, Bildung und Forschung sowie die Infrastruktur, auch um die deutsche Wirtschaft zukunftsfest und nachhaltig aufzustellen und Arbeitsplätze zu sichern. (S. 159)
Transformationsinvestitionen
- In nie dagewesenem Umfang müssen zusätzliche Mittel eingesetzt werden, um die zur Erreichung des 1,5-Grad-Klimazieles und zur Transformation der Wirtschaft erforderlichen Maßnahmen zu finanzieren und die wirtschaftliche Erholung mit dem Abklingen der Corona-Pandemie abzusichern. (S. 158f.)
- Dies kann nachhaltig nur gelingen, wenn zeitgleich notwendige und nicht aufschiebbare Investitionen zur Transformation der deutschen Wirtschaft getätigt werden. Ein Abwarten beim Beginn der notwendigen Maßnahmen würde insbesondere die Erreichung der Klimaziele gefährden und die notwendigen Anpassungskosten weiter erhöhen. Wir werden Planungssicherheit geben, indem wir dauerhaft hohe Investitionszusagen treffen und diese in einer langfristigen Investitionsplanung darlegen. Jetzt entschlossen den Umbau anzugehen ist eine entscheidende Voraussetzung für langfristig tragfähige Staatsfinanzen. (S. 159)
- Zugleich muss der Bund alle Ressourcen bündeln und zielgerichtet einsetzen, um ab dem Jahr 2023 wieder den verfassungsrechtlich gebotenen „Normalpfad“ nach der Schuldenregel erreichen zu können. (S. 159)
- Wir werden den Energie- und Klimafonds (EKF) zu einem Klima- und Transformationsfonds weiterentwickeln. Wir werden im Haushalt 2021 Mittel aus bereits veranschlagten und nicht genutzten Kreditermächtigungen über einen Nachtragshaushalt dem Klima- und Transformationsfonds (KTF) zweckgebunden für zusätzliche Klimaschutzmaßnahmen und Maßnahmen zur Transformation der deutschen Wirtschaft zur Verfügung stellen. Damit sollen die Folgen der Corona-Pandemie und die zeitgleich bestehenden Risiken für die Erholung der Wirtschaft und der Staatsfinanzen durch die weltweise Klimakrise bekämpft werden und aufgrund der Pandemie nicht erfolgte Investitionen in den Klimaschutz nachgeholt werden können. Stärker noch als bisher werden im KTF Maßnahmen zum nationalen und internationalen Klimaschutz und zur Transformation der Wirtschaft gebündelt. Dies gilt auch für Maßnahmen zur Förderung der klimafreundlichen Mobilität. Mit dem Bundeshaushalt 2022 werden wir prüfen, wie wir den Klima- und Transformationsfonds im Rahmen der verfassungsmäßigen Möglichkeiten weiter verstärken. (S. 160f.) [Anmerkung: Die rot-grün-gelbe Koalition möchte das Schlupfloch nutzen, nicht verausgabte Coronahilfen für den Klimaschutz und die Dekarbonisierung einzusetzen. Dies kann ggf. über die Legislaturperiode tragen, dürfte aber keine mittelfristig tragfähige Lösung sein.]
- Zur Finanzierung von grünen Ausgaben werden wir die erfolgreichen Green Bonds ausweiten. (S. 162)
Privates Kapital und Öffentlich-Private Partnerschaften
- Wir wollen mehr privates Kapital für Transformationsprojekte aktivieren. Dazu prüfen wir auch, welche Beiträge öffentliche Förderbanken kapitalmarktnah zur Risikoabsicherung leisten können. Die KfW soll stärker als Innovations- und Investitionsagentur wirken. Der Zukunftsfonds für Start-ups und Finanzierungsmodelle öffentlicher Infrastrukturinvestitionen sind gute Beispiele dafür. (S. 159)
- Bei Kernaufgaben des Staates verbleibt es grundsätzlich bei einer staatlichen Umsetzung und Finanzierung. Ausgewählte Einzelprojekte und Beschaffungen können im Rahmen Öffentlich-Privater Partnerschaften (ÖPP) umgesetzt werden. Dabei muss – unter Einbeziehung der Risiken – nach einheitlichen Kriterien durch eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung gezeigt werden, dass die Umsetzung eines konkreten ÖPP-Projektes wirtschaftlicher ist. Ein Controlling und die exekutive, parlamentarische und öffentliche Kontrolle sind sicherzustellen. Die jeweiligen Ergebnisse, inklusive der Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen und vergebenen Verträge, müssen transparent im Internet veröffentlicht werden. Die Methodik für die Wirtschaftlichkeitsuntersuchung von ÖPP-Projekten wird unter Berücksichtigung bestehender Empfehlungen des Bundesrechnungshofes weiterentwickelt und an den Stand der Wissenschaft angepasst. (S. 162)
Abbau überflüssiger, unwirksamer und umwelt- und klimaschädlicher Subventionen und Ausgaben (Dieselprivileg und Dienstwagenbesteuerung bei PHEV)
- Mit der Umsetzung der EU-Energiesteuerrichtlinie, die u. a. die steuerliche Angleichung von Dieselkraftstoff und Benzin vorsieht, werden wir die steuerliche Behandlung von Dieselfahrzeugen in der Kfz-Steuer überprüfen. (S. 162)
- Insbesondere aufgrund bestehender Auslieferungsschwierigkeiten der Hersteller bei bereits bestellten Plug-In-Hybrid-Fahrzeugen werden wir die Innovationsprämie zur Unterstützung der Anschaffung elektrischer PKW unverändert nach der bisherigen Regelung bis zum 31. Dezember 2022 fortführen. Wir wollen die Förderung für elektrische Fahrzeuge und Plug-In-Hybride degressiv und grundsätzlich so reformieren, dass sie ab 1. Januar 2023 nur für KFZ ausgegeben wird, die nachweislich einen positiven Klimaschutzeffekt haben, der nur über einen elektrischen Fahranteil und eine elektrische Mindestreichweite definiert wird. Die elektrische Mindestreichweite der Fahrzeuge muss bereits ab dem 1. August 2023 80 Kilometer betragen. Über das Ende des Jahres 2025 hinaus ist die Innovationsprämie nicht mehr erforderlich. (S. 162f.)
- Die bestehende Besserstellung von Plug-In-Hybridfahrzeugen bei der sogenannten Dienstwagenbesteuerung wird für neu zugelassene Fahrzeuge stärker auf die rein elektrische Fahrleistung ausgerichtet. Hybridfahrzeuge sollen zukünftig nur noch privilegiert werden (Entnahmewert 0,5 Prozent), wenn das Fahrzeug überwiegend (mehr als 50 Prozent) auch im rein elektrischen Fahrantrieb betrieben wird. Wird das Fahrzeug nicht überwiegend im elektrischen Fahrbetrieb genutzt oder der rein elektrische Fahranteil nicht nachgewiesen, entfällt der Vorteil und die Nutzung des Dienstwagens wird regelbesteuert (1-Prozent-Regelung). Mit dieser Regelung werden Anreize gesetzt, diese Fahrzeuge möglichst emissionsfrei elektrisch angetrieben zu nutzen und ihre ökologischen Vorteile auch auszuspielen. Auch diese KFZ müssen nachweislich einen positiven Klimaschutzeffekt haben, der nur über einen elektrischen Fahranteil und eine elektrische Mindestreichweite definiert wird. Die elektrische Mindestreichweite der Fahrzeuge beträgt bereits ab dem 1. August 2023 80 Kilometer. Nach dem Jahr 2025 wird die Pauschalsteuer für emissionsfreie Fahrzeuge (Elektro) dann 0,5 Prozent betragen. Für CO2-neutral betriebene Fahrzeuge verfahren wir analog zu voll-elektrisch betriebenen Fahrzeugen. (S. 163)
Altschuldenentlastung der Kommunen
- Wir brauchen leistungsstarke und handlungsfähige Kommunen. Es gibt viele Kommunen mit hohen Altschulden, die sich nicht mehr aus eigener Kraft aus dieser Situation befreien können. Ihnen fehlt die Finanzkraft für dringend notwendige Investitionen. Wir wollen daher diese Kommunen von Altschulden entlasten. Dazu bedarf es einer gemeinsamen, einmaligen Kraftanstrengung des Bundes und der Länder, deren Kommunen von der Altschuldenproblematik betroffen sind. Die bisherigen Entschuldungsbemühungen dieser Länder sollen berücksichtigt werden. Dies kann nur in einem übergreifenden Konsens gelingen, der das Einvernehmen der Länder erfordert und einer Änderung des Grundgesetzes bedarf, für die die entsprechende Mehrheit im Deutschen Bundestag und Bundesrat nötig ist. Die entsprechenden Gespräche mit den Ländern und den anderen Fraktionen der demokratischen Parteien im Deutschen Bundestag wird die Bundesregierung zeitnah im Jahre 2022 führen. Dabei soll dafür Sorge getragen werden, dass eigene Beiträge zur Entschuldung geleistet werden, eine erneute derartige Überschuldung künftig rechtssicher verhindert, die Investitionskraft gestärkt und ein enges Monitoring etabliert wird. Außerdem wollen wir dafür Sorge tragen, dass es eine Berücksichtigung der Situation der ostdeutschen Kommunen gibt, die ebenfalls durch unverschuldete Altlasten herausgefordert sind. (S. 163f.)
- Der Bund bekennt sich zu seiner Unterstützung kommunaler Investitionstätigkeit, u. a. im Bereich des Klimaschutzes und der Transformation. Für die zielgerichtete Unterstützung bauen wir Investitionshemmnisse bei den Förderprogrammen ab und passen die Bedingungen zur Inanspruchnahme insbesondere für steuerschwache oder überschuldete Kommunen gezielt an. (S. 164)
Finanzierungsmöglichkeiten DB Netz
- Bestehende staatliche Gesellschaften wie die Deutsche Bahn AG (Infrastrukturbereich) oder die BImA werden wir stärken und ihre Finanzierungsmöglichkeiten verbessern. Dafür können von Fall zu Fall Instrumente wie Kreditermächtigungen und Eigenkapitalstärkung genutzt werden. (S. 160)
Digitalisierung und neues Arbeiten
Nutzung von Daten und Datenrecht
- Für Gebietskörperschaften schaffen wir zu fairen und wettbewerbskonformen Bedingungen Zugang zu Daten von Unternehmen, insofern dies zur Erbringung ihrer Aufgaben der Daseinsvorsorge erforderlich ist. (S. 17)
- Für alle, die an der Entstehung von Daten mitgewirkt haben, stärken wir den standardisierten und maschinenlesbaren Zugang zu selbsterzeugten Daten. (S. 17)
- Mit einem Datengesetz schaffen wir für diese Maßnahmen die notwendigen rechtlichen Grundlagen. (S. 17)
- Wir fördern Anonymisierungstechniken, schaffen Rechtssicherheit durch Standards und führen die Strafbarkeit rechtswidriger De-anonymisierung ein. (S. 17)
- Wir führen einen Rechtsanspruch auf Open Data ein und verbessern die Datenexpertise öffentlicher Stellen. (S. 17)
Mobilitätsdaten
- Wir schaffen ein Mobilitätsdatengesetz und stellen freie Zugänglichkeit von Verkehrsdaten sicher. (S. 52)
- Zur wettbewerbsneutralen Nutzung von Fahrzeugdaten streben wir ein Treuhänder-Modell an, das Zugriffsbedürfnisse der Nutzer, privater Anbieter und staatlicher Organe sowie die Interessen betroffener Unternehmen und Entwickler angemessen berücksichtigt. (S. 52)
- Im Gesetz zum autonomen Fahren werden wir die Regelungen verbessern, Haftungsfragen klären und die Datenhoheit der Nutzer sicherstellen. (S. 52)
Digitale Plattformen
- Digitale Plattformen sind eine Bereicherung für die Arbeitswelt, deswegen sind gute und faire Arbeitsbedingungen wichtig. In diesem Sinne überprüfen wir bestehendes Recht und verbessern die Datengrundgrundlagen. Dazu führen wir den Dialog mit Plattformanbietern, -arbeitern, Selbständigen sowie Sozialpartnern. (S. 72)
- Die Initiative der EU-Kommission zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen auf Plattformen begleiten wir konstruktiv. (S. 72)
- Bei der Gestaltung von KI in der Arbeitswelt setzen wir auf einen menschenzentrierten Ansatz, soziale und wirtschaftliche Innovation ebenso wie Gemeinwohlorientierung. Wir unterstützen den risikobasierten EU-Ansatz. (S. 72)
Mobiles Arbeiten
- Homeoffice grenzen wir als eine Möglichkeit der Mobilen Arbeit rechtlich von der Telearbeit und dem Geltungsbereich der Arbeitsstättenverordnung ab. (S. 68)
- Arbeitsschutz, gute Arbeitsbedingungen und das Vorhandensein eines betrieblichen Arbeitsplatzes sind bei mobiler Arbeit wichtige Voraussetzungen. Dies erfordert Information und Beratung der Beschäftigten sowie deren angemessene Unterstützung durch ihre Arbeitgeber. (S. 68f.)
- Zur gesunden Gestaltung des Homeoffice erarbeiten wir im Dialog mit allen Beteiligten sachgerechte und flexible Lösungen. (S. 69)
- Coworking-Spaces sind eine gute Möglichkeit für mobile Arbeit und die Stärkung ländlicher Regionen. (S. 69)
- Beschäftigte in geeigneten Tätigkeiten erhalten einen Erörterungsanspruch über mobiles Arbeiten und Homeoffice. Arbeitgeber können dem Wunsch der Beschäftigten nur dann widersprechen, wenn betriebliche Belange entgegenstehen. Das heißt, dass eine Ablehnung nicht sachfremd oder willkürlich sein darf. Für abweichende tarifvertragliche und betriebliche Regelungen muss Raum bleiben. (S. 69)
- Mobile Arbeit soll EU-weit unproblematisch möglich sein. (S. 69)
Stadtplanung, Wohnungsbaupolitik, Stabilisierung von Raumfunktionen
Wohnen
- Wohnen ist ein Grundbedürfnis. Wir werden dazu beitragen, dass ausreichend Wohnraum geschaffen wird und das Bauen und Wohnen der Zukunft bezahlbar, klimaneutral und barrierearm wird. Wichtig für das Wohnumfeld sind lebendige öffentliche Räume. (S. 66)
- Wohnen ist ein Grundbedürfnis und so vielfältig wie die Menschen. Wir werden das Bauen und Wohnen der Zukunft bezahlbar, klimaneutral, nachhaltig, barrierearm, innovativ und mit lebendigen öffentlichen Räumen gestalten. Dabei haben wir die Vielfalt der Rahmenbedingungen und Wohnformen und individuellen Bedürfnisse der Menschen in ländlichen und urbanen Räumen im Blick. (S. 88)
- Dafür starten wir einen Aufbruch in der Bau-, Wohnungs- und Stadtentwicklungspolitik. Unser Ziel ist der Bau von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr, davon 100.000 öffentlich geförderte Wohnungen. Dafür werden wir die finanzielle Unterstützung des Bundes für den sozialen Wohnungsbau inklusive sozialer Eigenheimförderung fortführen und die Mittel erhöhen. (S. 88)
- Wir gliedern die nicht bahnnotwendigen Immobilien des Bundeseisenbahnvermögens in die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) ein und richten die BImA auf unsere bau-, wohnungs-, stadtentwicklungspolitischen und ökologischen Ziele aus. (S. 89)
- Wir werden das Baugesetzbuch (BauGB) mit dem Ziel novellieren, seine Instrumente noch effektiver und unkomplizierter anwenden zu können, Klimaschutz und -anpassung, Gemeinwohlorientierung und die Innenentwicklung zu stärken sowie zusätzliche Bauflächen zu mobilisieren und weitere Beschleunigungen der Planungs- und Genehmigungsverfahren vorzunehmen. (S. 89)
- Wir werden die entsprechenden Regelungen im Baulandmobilisierungsgesetz entfristen und die rechtlichen Grundlagen für eine vollständige Digitalisierung der Bauleitplanverfahren schaffen. (S. 89)
Städtebau
- Wir wollen lebenswerte Städte, Gemeinden und ländliche Regionen in ganz Deutschland und orientieren uns an der Neuen Leipzig-Charta. (S. 92)
- Wir sichern die Städtebauförderung dauerhaft und erhöhen sie. Die Senkung der THG-Emissionen und Klimaanpassung sind zentrale Bestandteile. Die Hürden für finanzschwache Kommunen senken wir und prüfen die Möglichkeiten mehrjähriger Bund-Länder-Vereinbarungen. Die vorhandenen Fördermaßnahmen im Bereich des Städtebaus wollen wir flexibilisieren und entbürokratisieren sowie die Einrichtungen der Baukultur stärken. (S. 92)
- Wir entwickeln den Smart-City-Stufenplan weiter, stärken BIM Deutschland und richten ein Smart-City-Kompetenzzentrum ein. (S. 92f.)
- Wir wollen die nutzungsgemischte Stadt. (S. 93)
Innenstädte
- Wir nutzen das Förderprogramm „Zukunftsfähige Innenstädte und Zentren“ und führen die Innenstadtstrategie des Bundes fort, insbesondere das Programm „Lebendige Zentren“ im Rahmen der Bund-Länder-Städtebauförderung. Sie sollen für eine Verbesserung der Aufenthalts- und Erlebnisqualität in den Innenstädten genutzt werden. (S. 29)
Rohstoffversorgung und Kreislaufwirtschaft
Rohstoffversorgung
- Wir wollen unsere Wirtschaft bei der Sicherung einer nachhaltigen Rohstoffversorgung unterstützen, den heimischen Rohstoffabbau erleichtern und ökologisch ausrichten. (S. 34)
- Wir wollen das Bundesbergrecht modernisieren. (S. 34)
- Wir wollen das ökonomische und ökologische Potenzial des Recyclings umfassend nutzen, den Ressourcenverbrauch senken und damit Arbeitsplätze schaffen (Produktdesign, Recyclat, Recycling). (S. 34)
- Wir unterstützen ein wirksames EU-Lieferkettengesetz, basierend auf den UN-Leitprinzipien Wirtschaft und Menschenrechte, das kleinere und mittlere Unternehmen nicht überfordert. Das Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten wird unverändert umgesetzt und gegebenenfalls verbessert. (S. 34)
Kreislaufwirtschaft
- Wir fördern die Kreislaufwirtschaft als effektiven Klima- und Ressourcenschutz, Chance für nachhaltige Wirtschaftsentwicklung und Arbeitsplätze. (S. 42)
- Wir haben das Ziel der Senkung des primären Rohstoffverbrauchs und geschlossener Stoffkreisläufe. Hierzu passen wir den bestehenden rechtlichen Rahmen an, definieren klare Ziele und überprüfen abfallrechtliche Vorgaben. (S. 42)
- In einer „Nationalen Kreislaufwirtschaftsstrategie“ bündeln wir bestehende rohstoffpolitische Strategien. Auf dieser Grundlage setzen wir uns in der EU für einheitliche Standards ein. (S. 42)
- Anforderungen an Produkte müssen europaweit im Dialog mit den Herstellern ambitioniert und einheitlich festgelegt werden. (S. 42)
- Produkte müssen langlebig, wiederverwendbar, recycelbar und möglichst reparierbar sein. (S. 42)
- Wir stärken die erweiterte Herstellerverantwortung auf europäischer Ebene. (S. 42)
- Wir führen digitale Produktpässe ein, unterstützen Unternehmen bei der Umsetzung und wahren das Prinzip der Datensparsamkeit. (S. 42)
- Wir stärken die Abfallvermeidung durch gesetzliche Ziele und ökologisch vorteilhafte Mehrweg-, Rücknahme- und Pfandsysteme sowie Branchenvereinbarungen. Hierbei unterstützen wir innovative, nachhaltige Ideen wie geteilte Nutzung. (S. 42)
- Wir etablieren ein Anreizsystem um bestimmte Elektrogeräte und gefährliche Lithium-Ionen-Batterien umweltgerecht zu entsorgen und der Kreislaufwirtschaft zuzuführen. (S. 42)
- Die Retourenvernichtung werden wir reduzieren. (S. 42)
- Mit einem gesetzlich verankerten Fondsmodell belohnen wir ressourcenschonendes und recyclingfreundliches Verpackungsdesign sowie den Rezyklateinsatz. (S. 42f.)
- Wir führen ein Recycling-Label ein. (S. 43)
- Mit einer Beschleunigung der Entwicklung von Qualitätsstandards für Rezyklate werden neue hochwertige Stoffkreisläufe geschaffen. Qualitätsgesicherte Abfallprodukte sollen aus dem Abfallrecht entlassen werden und einen Produktstatus erlangen. (S. 43)
- Wir schreiben höhere Recyclingquoten und eine produktspezifische Mindestquote für den Einsatz von Rezyklaten und Sekundärrohstoffen auf europäischer Ebene fest. (S. 43)
- Der Export von Abfällen soll europarechtlich nur noch in zertifizierten Recyclinganlagen möglich sein. Wir wollen ein Level-Playing-Field für Plastik-Rezyklate. (S. 43)
Europäische Union
EU – Finanzierung
- Mittel für Zahlungen aus dem Jahreshaushalt wollen wir im Rahmen des Mehrjährigen Finanzrahmens (MFR) flexibler gestalten und damit vor allem Programme für transnationale Infrastruktur, Forschung und Erasmus stärken. (S. 133)
EU – Investitionen
- Eine europäische digitale Infrastruktur, ein gemeinsames Eisenbahnnetz, eine Energieinfrastruktur für erneuerbaren Strom und Wasserstoff sowie Forschung und Entwicklung auf dem Niveau der Weltspitze sind Voraussetzungen für die europäische Handlungsfähigkeit und Wettbewerbsfähigkeit im 21. Jahrhundert. Dafür werden wir die Initiative ergreifen und mit unseren europäischen Partnern eine Investitionsoffensive anstoßen, die sich auf transnationale Projekte mit einem Mehrwert für die EU als Ganzes fokussiert sowie dem Lückenschluss von Netzen eine besondere Bedeutung zumisst. Dabei soll sowohl öffentliches als auch privates Kapital eine Rolle spielen. (S. 133f.)
Fahrgastrechte, Videoüberwachung und Postgesetz
Fahrgast- und Fluggastrechte / Entschädigungen
- Wir setzen uns dafür ein, dass Flugreisen in die Pauschalreise-Richtlinie bezüglich der Insolvenzabsicherung einbezogen werden. (S. 113)
- Entschädigungs- oder Ausgleichszahlungen sollen bei allen Verkehrsträgern automatisiert werden. (S. 113)
- „No-show“-Klauseln untersagen wir im AGB-Recht. (S. 113)
- Bei Neuregelung der Fluggastrechteverordnung setzen wir uns für den Erhalt des bestehenden Schutzniveaus ein. (S. 113)
- Die Aufsichtsbefugnisse des Kraftfahrt-, des Luftfahrt-, des Eisenbahnbundesamtes und der Bundesnetzagentur im Hinblick auf kollektive Verbraucherinteressen erweitern wir ohne zusätzliche Bürokratie. (S. 113)
Videoüberwachung
- Videoüberwachung kann die Präsenz einer bürgernahen Polizei nicht ersetzen, sie aber an Kriminalitätsschwerpunkten ergänzen. Flächendeckende Videoüberwachung und den Einsatz von biometrischer Erfassung zu Überwachungszwecken lehnen wir ab. Das Recht auf Anonymität sowohl im öffentlichen Raum als auch im Internet ist zu gewährleisten. (S. 109)
Postgesetz
- Das Postgesetz wollen wir novellieren und dabei sozial-ökologische Standards weiterentwickeln sowie den fairen Wettbewerb stärken. Wir nutzen das Bundesfinanzierungsgremium, um regelmäßig zu überprüfen, ob die mit der Beteiligung verfolgten Ziele auch erreicht werden und ob sie noch zur öffentlichen Daseinsvorsorge benötigt werden. (S. 32)