Ausbau des Flughafens Hof-Plauen – Lernen vom Scheitern eines deutschen Regionalflughafens

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Der Flughafen Hof-Plauen (IATA: HOQ) ist ein Verkehrslandeplatz nahe der Stadt Hof an der Saale im Nordosten Bayerns. Neben seiner verkehrlichen Wirkung steht er jedoch auch symbolisch für die Problematik mit Regionalflughäfen in Deutschland.

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Von Martin Randelhoff

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Der Flughafen Hof-Plauen vereint alles, was ein Ausbau eines deutschen Regionalflughafens bieten kann: enttäuschte Hoffnung, Inkompetenz, Selbstbeweihräucherung und Selbstüberschätzung, lokale Ränkespiele, Intransparenz und dubiose Investoren. Man könnte meinen, es wäre eine Posse aus der deutschen Provinz. Jedoch sind die Geschehnisse und die damit verbundene Verschwendung von Steuergeldern bei Weitem kein Einzelfall.

In den vergangenen Jahren ist eine Vielzahl von regionalen Flughäfen in Deutschland ausgebaut oder neu eröffnet worden. Viele strukturschwache Regionen hoffen, dass sich ein Regionalflughafen durch die bessere Anbindung und Erreichbarkeit positiv auf die wirtschaftliche Entwicklung der Region auswirkt, Arbeitsplätze schafft und sich zu einem Jobmotor entwickelt. Insbesondere die regionale Wirtschaft fordert eine Anbindung an die europäischen Drehkreuze und somit an die ganze Welt. In den vergangenen Jahren wurden massive Staatsbeihilfen für regionale Flughäfen bewilligt und mit den erwarteten Wachstumssteigerungen begründet. Allerdings lassen sich diese Wachstumseffekte nur schwer empirisch messen.

Zudem wird oftmals nicht bedacht, dass neben der Infrastruktur auch ein gewisses Level an Verkehr vorhanden sein muss, um entsprechende Effekte zu erzeugen. Die positiven Wirkungen fallen umso geringer aus, je weniger Verkehrsaufkommen ein Flughafen aufweist. Viele Regionalflughäfen haben jedoch enorme Probleme bei der Suche nach Fluggesellschaften, welche Linienverbindungen an die Drehkreuze und großen Wirtschaftszentren Deutschlands und Europas anbieten. Zumal diese Verbindungen meist nur dann interessant sind, wenn sie im doppelten Tagesrand geflogen werden (Hin- und Rückflug morgens und abends).

Da viele Regionalflughäfen angebotsseitig Schwächen aufweisen und keine ausreichend große Nachfrage aus der Region attrahieren können, entstehen Überkapazitäten. In Deutschland treten diese mit Ausnahme gewisser Zeiten am Flughafen München und Frankfurt massiv auf. Diese hohen Kapazitäten des deutschen Flughafenwesens sind vorrangig einem politökonomischen Konkurrenzprozess zwischen den Bundesländern und Kommunen geschuldet, da diese Verbundvorteile, Kontrahierungsmöglichkeiten und eine länderübergreifende Zusammenarbeit oftmals ignorieren. Dadurch kommt es zu einem unnötigen Wettbewerb zwischen Bundesländern und Regionen, die jeweils nur einen auf das eigene Bundesland oder die Region bezogenen Imagegewinn anstreben und zu einem hochgradig ineffizienten Subventionswettlauf zwischen den Standorten, für welchen letztendlich der Steuerzahler aufkommen muss.

Die bestehenden Überkapazitäten haben wiederum Sunk-Cost-Charakter, da Flughafeninfrastruktur kaum andersweitig genutzt werden kann. “Der Betrieb [ist] für den Eigentümer kurzfristig auch dann rational, wenn durch die Einnahmen nur die Betriebskosten erwirtschaftet werden. Auf die Deckung der ohnehin bestehenden Kapitalabschreibungen wird notfalls verzichtet. Da es sich in den meisten Fällen um öffentliche Eigentümer handelt, die faktisch nicht Konkurs gehen können, müssen darüber hinaus noch nicht einmal die Betriebskosten gedeckt sein. Politiker werden nur ungern eine Fehlinvestition eingestehen oder einen öffentlichen Betrieb schließen, da hierdurch Arbeitsplätze verloren gingen. Aufgrund dieser Interessenlage kann ein Subventionswettlauf zwischen benachbarten Flughäfen entstehen, um eine Fluggesellschaft zum Anfliegen des jeweiligen Flughafens zu bewegen. Dieser Subventionswettlauf drückt sich in niedrigen Landegebühren weit unter den tatsächlichen Kosten und in Zuschüssen für neue Flugverbindungen (so genannten Marketingzuschüssen) aus.”1 Diese Situation nutzt vor allem Low Cost Carriern (LCC, “Billigflieger”), welche von extrem niedrigen Landeentgelten profitieren. Dieser Betrieb von Infrastruktur kann jedoch nicht nachhaltig sein und unterliegt der Abhängigkeit vom LCC-Markt, welcher von starkem Wettbewerb und Konsolidierung geprägt ist. Zudem wird das Ziel von entsprechendem Wirtschaftswachstum nicht oder nur im geringen Maße erreicht.

Das Ziel staatlichen Handelns muss es jedoch sein, die knappen, zur Verfügung stehenden Ressourcen zum gesamtgesellschaftlichen Wohle bestmöglich zu nutzen. Daher ist es notwendig, die Investitionen des Staates (in diesem Falle die Subventionszahlungen) mit den daraus folgenden Erträgen ins Verhältnis zu setzen. Anhand dessen, kann entschieden werden ob die Subvention sinnvoll ist / war oder nicht.

Dieses Vorgehen wäre ähnlich dem Vorgehen privater Investoren. Der Begriff der Opportunitätskosten des Kapitals stünde im Zentrum: die Kosten der entgangenen Gelegenheit einer alternativen staatlichen Mittelverwendung, d.h., wenn er Staat diese Subventionen anstatt für den Ausbau regionaler Flughäfen für das Bildungssystem, die Wirtschaftsförderung oder für Ansiedlungsbeihilfen von Unternehmen zur Verfügung gestellt hätte, müssten betrachtet werden. Es erscheint in manchen Fällen verwunderlich, dass die regionale Wirtschaft die Schaffung entsprechender Kapazitäten fordert, obwohl eine Fehlallokation von Steuergeldern ersichtlich ist.

Der Ausbau des Flughafen Hof-Plauen

Seit dem Jahr 1996 wurde im Nordosten Bayerns, sowie im Süden Sachsens, der Ausbau des Verkehrslandeplatzes diskutiert. Die Start- und Landebahn sollte von 1.480 Meter Länge und 30 Meter Breite auf 2.480 Meter Länge und 45 Meter Breite ausgebaut werden. Die Bahnrichtung zudem aus Umwelt- und Lärmschutzgründen um 20 Grad geschwenkt werden.

Ausbauziel sollte die Sicherung der täglichen Linienflüge Hof – Plauen sowie die Wiederaufnahme des im Jahr 2003 eingestellten Charterverkehr sein. Dieser war aufgrund der für moderne und effizientere Flugzeuge zu kurzen Start- / Landebahn eingestellt worden. Mit der verlängerten Bahn sollte der Luftverkehr mit Maschinen des Typs Boeing 737, Airbus A 319, A 320 und A 321 ermöglicht werden.

Seit den 1980er-Jahren war der Flughafen Hof-Plauen in den Charterflugverkehr hauptsächlich mit BAe 146 (85–100 Passagiere) eingebunden. Die Reiseveranstalter TUI, Neckermann und die heutige Thomas Cook Group hatten Hof-Plauen ganzjährig in ihren Katalogen als Abflughafen aufgeführt. In den besten Jahren waren bis zu zehn Umläufe pro Woche im Programm. Ziele waren unter anderem Mallorca, Kreta, Rhodos, Tunesien und das spanische Festland.

 

Von Befürwortern des Ausbaus wurden folgende Argumente für einen Ausbau vorgebracht:

  • Die Wirtschaftlichkeitsberechnung der „airplan GmbH“ im Auftrag der Flughafenbetreibergesellschafter aus dem Jahr 2000:
    • Jährliche Steigerung der Einnahmen und Ausgaben um 3 Prozent
    • 40.000 Passagiere pro Jahr im Charterflugverkehr, jährliches Wachstumspotential in diesem Bereich: 20.000 Fluggäste
    • Nach zehn Jahren Betriebszeit ist mit einem positiven Betriebsergebnis zu rechnen
  • Prognose für das Jahr 2020: 140.000 bis zu 300.000 Passagiere p.a.
  • Geschäftsführer Klaus Hartmann in der Frankenpost vom 18.09.2002: „Hof-Plauen hatte die höchste Auslastungsquote aller deutschen Flughäfen“
  • Befürworter führen regional-, struktur- und wirtschaftspolitische Argumente in Feld, Trumpfkarte im Wettbewerb der Regionen und Städte untereinander
  • Flugplätze seien Jobmaschinen
  • Das Statistische Bundesamt habe in den Jahren vor dem Ausbau Fluggaststeigerungsraten von 22 Prozent und mehr an deutschen Regionalflughäfen gemessen
  • Der frühere EU-Verkehrskommissar Jacques Barrot forderte den Neu- und Ausbau von Regionalflughäfen um bestehende Flughäfen in der EU zu entlasten und das Wachstum des Luftverkehrs in Europa nicht zu behindern.
  • potentielle Drehscheibe zwischen West- und Osteuropa
  • Der Hofer Oberbürgermeister Harald Fichtner (CSU) nannte am 31.02.2005 in der Frankenpost die Befürchtungen des Nürnberger Flughafenchefs Karl Heinz Krüger, dass pro Jahr 100.000 Charterfluggäste vom Flughafen Nürnberg nach Hof abwandern könnten, das beste Argument pro Flughafen.
  • Einzugsbereich von 1,6 Millionen Menschen

 

Gegner des Ausbau argumentierten dahingegen wie folgt:

Professor Hartmut Bossel rechnet mit maximal 80.000 Flugpassagieren im Jahr (siehe Hofer Anzeiger vom 16.04.2005). Dies entspricht etwa 30% der vonseiten der Flughafenbetreiber genannten 270.000 potenziellen Passagiere. Er gibt des Weiteren zu bedenken, dass jeder Passagier im Charterflugverkehr im Schnitt zu einem Kaufkraftverlust von 500 Euro führt. Laut Bossel wären die 32 Millionen Euro besser in eine Sanierung des bestehenden Flughafens und dem mittelfristigen Erhalt der Fluglinie Hof – Frankfurt investiert. Die restlichen Mittel könnten für andere Strukturprojekte in der Region verwendet werden.

  • 40 zusätzliche direkte Arbeitsplätze sollen entstehen, bei den geschätzten Ausbaukosten von 55 bis 65 Million Euro sind das 1,625 Millionen Euro je Arbeitsplatz. Sollten tatsächliche neue Arbeitsplätze entstehen, wofür keine Zusagen vorliegen, wären dies in erster Linie teuer bezahlte und auf Dauer subventionierte Arbeitsplätze.
  • Fünf andere Flughäfen im Umkreis von 150 Kilometern, zum Teil mit Interkontinentalverbindungen
  • Hof kann auch nach einem Ausbau keine internationalen Verbindungen bieten
  • Angespannte Haushaltslage von Stadt und Landkreis Hof (Haushaltsdefizit Stadt Hof 2003: 13 Millionen Euro; Haushaltsdefizit Stadt Hof 2004: 10 Millionen Euro, Schuldenstand: 105 Millionen Euro)
  • Der “Ausbau” des Flughafens sei vielmehr ein Neubau, da weniger als fünf Prozent des bestehenden Flughafens genutzt würden. Neben der Start- und Landebahn werden auch der Tower, ein 150 m langes und 12 m hohes neues Abfertigungsgebäude, neue Flugzeughallen, neue Hallen für die Betriebsfahrzeuge, neue Trafostationen und 1.300 neue Parkplätze neu gebaut. Für einen neubau hätten jedoch Alternativstandorte überprüft werden müssen.
  • Für den Bau müssen 3,5 Millionen Kubikmeter Erde bewegt werden. Dabei handelt es sich u.a. um 200.000 Kubikmeter Mutterboden und 1,7 Millionen Kubikmeter Felsengestein. 19 m müssen aufgeschüttet, 15 m abgetragen werden.
  • Wald zwischen Fletschenreuth und Pirk, ein wertvolles Naherholungsgebiet, müsste abgeholzt werden. Insgesamt wären 1.420.000 Quadratmeter Wald betroffen.
  • Nach dem Ausbau sollen rechnerisch nur ein Start und eine Landung inklusive des Charterverkehrs durchgeführt werden. Vor dem Ausbau liegt die Zahl der Flugbewegungen bei 9.000, nach dem Ausbau soll diese Zahl nur um einige hundert Flugbewegungen mehr steigen.
  • Geburtenrückgang, demografischer Faktor und Abwanderung in der Region, welche die Fluggastprognose negativ beeinflussen
  • Bisherige Auslastungszahlen sind unsauber berechnet und als zu gut angegeben. Die Flugzeuge konnten aufgrund der Landebahnlänge nicht vollkommen beladen / besetzt starten. Jedoch wurde die Auslastung auf Basis der maximal für den Start zu besetzenden Sitzplätze und nicht der im Flugzeug vorhandenen Sitzplätze berechnet.

Im Jahr 2007 lehnte das Luftamt Nordbayern als zuständige Planfeststellungsbehörde den Antrag auf Ausbau ab. Bis zu diesem Zeitpunkt traten insgesamt zwei mehr oder minder seriöse Investoren auf, die Betreibergesellschaft des Flughafens stand kurz vor der Insolvenz und die beteiligten Kommunen hatten mit Nothaushalten zu kämpfen.