“Der Diensteanbieter hat die Nutzung von Telemedien und ihre Bezahlung anonym oder unter Pseudonym zu ermöglichen”

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Fabian – Die Erzählung eines Moralisten” – Dies ist ein urbaner Roman von Erich Kästner, der autobiografische Elemente enthält. Das zentrale Motiv dieses ersten Handlungsstrangs ist die Auseinandersetzung des anfangs naiven Fabian mit der Unmoral im Berliner Nachtleben, während er auf den „Sieg der Anständigkeit“ hofft. Im Verlauf des Romans wandelt sich Fabian zu einem Realisten. Ähnlich könnte man auch das Verhalten gewisser Jugendschutzbehörden interpretieren, wobei diese jedoch keine klar erkennbare Lernkurve aufweist.

“Der feuchte Traum jeder Jugendschutzbehörde könnte sich erfüllen”

>>Dr. Datenschutz<<

“Das Internet ohne Sexfilmchen? Unvorstellbar. Der feuchte Traum jeder Jugendschutzbehörde könnte sich erfüllen: Pornowebsites droht die Netzsperre, wenn sie nicht für eine umfassende Altersverifikation zum Schutz Minderjähriger sorgen. Derweilen öffnet dieses Vorhaben staatlicher Übergriffigkeit Tür und Tor, allen Risiken sowie Alternativen zum Trotz.”

“Netzsperre” – “Wenn sie nicht für eine umfassende Altersverifikation zum Schutz Minderjähriger sorgen”

Obwohl der “Jugendschutz” als Rechtfertigung angeführt wird, ist zu erwarten, dass diese Regelung hauptsächlich Erwachsene betreffen wird und nicht ausschließlich auf Seiten mit erotischem Inhalt beschränkt bleibt. Ein Verwaltungsgericht hat diese Auffassung bereits ohne eingehende Prüfung der Gegenargumente akzeptiert.

“Zugangssperren für Pornoseiten: Gericht erwirkt Ausweispflicht”

>>PC Games<<

“Zugangssperren für Pornoseiten: Gericht erwirkt Ausweispflicht – Vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf haben Jugendschützer der KJM einen Sieg gegen bekannte Pornoanbieter im Internet erzielt. Die Plattformen müssen nun Maßnahmen einführen, mit denen das Alter des Users verifiziert werden kann.”

“Plattformen müssen nun Maßnahmen einführen” -“Alter des Users verifiziert”

Es ist ein deutlicher Hang hin zu Netzsperren und Identitätskontrollen festzustellen. Letztlich führt dies zu einer Einschränkung der Meinungsfreiheit. Die Themen Pornografie und Jugendschutz werden mit Sicherheit nur als Einstieg dienen, auch um eine gesellschaftliche Debatte im Rahmen zu halten. Bereits Erich Kästner hat diese Mechanismen erkannt.

Zensur-Behörde: „Hokuspokus – endlich ein Gesetz!“

>>Erich Kästner<<

„Wenn’s schon nicht gelingt, die tatsächlichen Probleme zu lösen, die Arbeitslosigkeit, die Flüchtlingsfrage, die Steuerreform, dann löst man geschwind ein Scheinproblem. Hokuspokus – endlich ein Gesetz! Endlich ist die Jugend gerettet! Endlich können sich die armen Kleinen am Kiosk keine Aktphotos mehr kaufen und bringen das Geld zur Sparkasse.“

Erich Kästner: „Löst man geschwind ein Scheinproblem“

Erich Kästner konnte in diesem Zusammenhang auf seine persönlichen Erlebnisse zurückgreifen. Seine Werke wurden untersagt, verbrannt und er erhielt ein Verbot zur Schriftstellerei. Der Themenbereich des Jugendverbots ist daher von besonderem Interesse, da Erich Kästner zahlreiche Kinder- und Jugendbücher verfasst hat, die bis heute als Klassiker gelten.

“Erich Kästner (1899–1974) war ein deutscher Dichter, Journalist, Kabarett- und Drehbuchautor”

>>Entrüstet euch! von Margot Käßmann & Konstantin Wecker (Buch) <<

“Erich Kästner (1899–1974) war ein deutscher Dichter, Journalist, Kabarett- und Drehbuchautor. Nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg studierte er Germanistik. 1933 wurden seine Bücher verboten und verbrannt. Er erhielt Schreibverbot. Nach 1945 veröffentlichte er weiter.”

“1933 wurden seine Bücher verboten und verbrannt” – “Er erhielt Schreibverbot”

Im diesem Kontext muss man, dass es schon während der Weimarer Republik ein “Gesetz zur Bewahrung der Jugend vor Schund- und Schmutzschriften” gab, welches der spätere NS-Staat aufgriff.

“Zum 18. Dezember 1926 fertigte Reichspräsident Hindenburg das Schmutz- und Schundgesetz aus”

>>Legal Tribune Online<<

“Zum 18. Dezember 1926 fertigte Reichspräsident Hindenburg das Schmutz- und Schundgesetz aus. Trotz der liberalen Weimarer Verfassung schuf dieses neue Jugendmedienschutzgesetz einen Juristen- und Literaten-Alptraum. … Bereits acht Jahre nach seinem Inkrafttreten wurde das Schmutz-und Schundgesetz entbehrlich: Im NS-Staat durfte ohnehin nur publizieren, wer einer der sieben Kammern der “Reichskulturkammer” angehörte.”

“Im NS-Staat durfte ohnehin nur publizieren, wer einer der sieben Kammern der “Reichskulturkammer” angehörte”

Zurück in die Gegenwart. Das aktuelle Handeln der Jugendschutzbehörde wird häufig mit der eher vagen Formulierung des Schutzes der Jugend legitimiert. Doch ist diese Darstellung tatsächlich gerechtfertigt? Ein Beispiel aus Tschechien sollte zum Nachdenken anregen.

Tschechien: “Stadt Vsetín spricht generelles Handyverbot an Grundschulen aus”

>>Radio Prag<<

“Stadt Vsetín spricht generelles Handyverbot an Grundschulen aus – Die Grundschüler der ostmährischen Stadt Vsetín / Wsetin dürfen während der Unterrichtszeit in Zukunft keine Telefone mehr bei sich tragen. Dies hat der Stadtrat beschlossen. … Die Stadt will spezielle Boxen anschaffen, in denen die Mobiltelefone während des Unterrichts sicher verwahrt werden können. „Dass die Nutzung von Handys Kindern schadet, bestätigen immer wieder Studien. Wir wissen sogar, dass 40 Prozent aller Kinder psychische Probleme haben, zu denen besonders die übermäßige Nutzung des Handys beiträgt“, so Bürgermeister Jiří Čunek (Christdemokraten). … „In den Schulen sinkt durch die Telefone die Konzentrationsfähigkeit der Schüler und die Effektivität des Lernens – ganz zu schweigen von den Gefahren durch Cybermobbing“, fährt das Stadtoberhaupt fort.”

“Sinkt durch die Telefone die Konzentrationsfähigkeit der Schüler und die Effektivität des Lernens – ganz zu schweigen von den Gefahren durch Cybermobbing” 

Anstelle von komplexen Netzsperren oder aufwendigen Identitätsprüfungen gibt es einen deutlich milderes Mittel im Sinne der Verhältnismäßigkeit. In diesem Zusammenhang stellt sich vielmehr die Frage nach dem Zweck einer solchen Institution, die sich lediglich in Zensurmaßnahmen äußert und dabei weniger Kinder oder Jugendliche, sondern vor allem Erwachsene betrifft. Des Weiteren ist das Recht, “sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten“, ein verfassungsmäßiges Grundrecht, das zudem auch die Ausweiskontrolle in Frage stellt, da sie auf wackeligen Grundlagen basiert.

“Sie dürfen ihren Fantasienamen weiterhin behalten”

>>Der Taschenanwalt – Die spannendsten Rechtsfragen einfach geklärt von Christian Solmecke (Buch) <<

“Nun hat der Bundesgerichtshof die Regel zumindest für all die Nutzer gekippt, die schon vor dem 25. Mai 2018 bei dem sozialen Netzwerk angemeldet waren (Urteil vom 27.01.2022, Aktenzeichen III ZR 3/21 und III ZR 4/21). Sie dürfen ihren Fantasienamen weiterhin behalten. Der Grund: Zumindest damals verstieß die Facebook-Regel gegen geltendes deutsches Recht. Bis zum letzten Jahr stand das Recht auf Anonymität in § 13 Abs. 6 TMG, der lautete: »Der Diensteanbieter hat die Nutzung von Telemedien und ihre Bezahlung anonym oder unter Pseudonym zu ermöglichen, soweit dies technisch möglich und zumutbar ist.« Heute steht das fast gleichlautend in § 19 TTDSG.”

“Der Diensteanbieter hat die Nutzung von Telemedien und ihre Bezahlung anonym oder unter Pseudonym zu ermöglichen”

Die Verwendung von Telemedien sowie deren Bezahlung sollte anonym oder unter einem Pseudonym erfolgen, sofern dies technisch machbar und zumutbar ist. Es besteht demnach tatsächlich ein Recht auf Anonymität.